Die Verwirrung um “das Private” geht weiter

August 26th, 2010 § 3 comments

Wie grund­le­gend und tief­grei­fend die gesell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen durch das Inter­net sind, wird zuneh­mend auch in der Medi­en­de­bat­te sicht­bar. Immer wie­der geht es um “das Pri­va­te”. Und immer wie­der geht es um staat­li­che Ein­grif­fe. Heu­te erschie­nen in ZEIT­on­line ein Arti­kel von Kars­ten Pol­ke-Majew­ski (hier) und auf Indis­kre­ti­on Ehren­sa­che von Tho­mas Knü­wer (hier), die zunächst nicht viel mit­ein­an­der zu tun haben, tat­säch­lich aber um das Rät­sel des Pri­va­ten und die über­se­he­ne Ver­bin­dung mit den hier im Blog als Socia­li­tä­ten beschrie­be­nen Phä­no­me­ne kreisen.

Um es vor­ab noch ein­mal zu sagen: “das Pri­va­te” gibt es nicht. Die Schwie­rig­keit, es auf der Ach­se privat/öffentlich zu ver­or­ten wur­de m.E. in groß­ar­ti­ger und unbe­dingt lesens- und beden­kens­wer­ter Wei­se von Alex Demi­ro­vic in sei­nem Auf­satz “Hege­mo­nie und das Para­dox von pri­vat und öffent­lich” beschrie­ben. Will man die Refle­xi­on aber bis zur Hand­hab­bar­keit des Begriffs für die gegen­wär­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen brin­gen, muss man die Socia­li­tä­ten-Gebun­den­heit von “Pri­va­tem” ein­be­zie­hen, wie hier in den letz­ten Pos­tings immer wie­der vor­ge­schla­gen wur­de. Das heißt: Was pri­vat ist bemisst sich an der jewei­li­gen Rela­ti­on, in der es als pri­vat fest­ge­legt wur­de. Die “Pri­vat­sphä­re”, die übli­cher­wei­se gemeint wird, ist jene Sphä­re, die der Staat als pri­vat zu respek­tie­ren hat,  über deren Gren­ze er sich also nur in sel­te­nen und jeweils zu begrün­den­den (und durch rich­ter­li­che Beschlüs­se anzu­ord­nen­den) Ein­zel­fäl­len hin­weg­set­zen darf. Das Brief­ge­heim­nis, die Unver­letz­lich­keit der Woh­nung sind sol­che “Pri­vat­hei­ten”, die ich vor dem Staat verschließe.

In ande­ren Bezie­hun­gen hige­gen gibt es ande­re “Pri­vat­hei­ten” — dem Arbeit­ge­ber gegen­über etwa, den Kol­le­gen, ehe­ma­li­gen Schul­freun­den, dem Ehe­part­ner, den Eltern oder Kin­der. In all die­sen Bezie­hun­gen gibt es “aus­ge­schlos­se­ne” Berei­che, die das Pri­va­te mei­nen. Und es gibt Pri­vat­hei­ten gegen­über gänz­lich Frem­den (der Streit, ob die mir zuor­den­ba­re Haus­fas­sa­de dazu­ge­hört ist momen­tan ein Inhalt der Street­view-Debat­te) oder gegen­über anony­men Fir­men (mei­ne Haus­fas­sa­de als Datum, das Goog­le über mich sam­melt; mei­ne Kre­dit­kar­ten­da­ten; mei­ne Vor­lie­ben und Lebensumstände).

Eini­ge die­ser “Pri­vat­hei­ten” wer­den durch gesetz­li­chen Schutz gere­gelt. So wird mir gesetz­lich das Recht am eige­nen Bild zuge­stan­den. Gegen­über dem Arbeit­ge­ber wird mir durch Anti-Dis­kri­mi­nie­rungs­ge­set­ze und aktu­ell die Ein­schrän­kung der Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung und der Bewer­bungs­re­gu­la­ri­en eine Pri­vat­sphä­re garan­tiert. Die­se Pri­vat­heit betrifft aber — wie gesagt — immer Rela­tio­nen. Die Pri­vat­sphä­re ist dabei die Sphä­re über deren Geheim­hal­tung ich gegen­über dem ande­ren Part­ner der Rela­ti­on frei ver­fü­gen kann. Ich muss es nicht. Aber ich kann. Und es kann nicht zu mei­nem Nach­teil ver­wen­det wer­den, wenn ich auf Pri­vat­heit Anspruch erhe­be. So dürf­te selbst in den meis­ten Ehen das Öff­nen der an den Part­ner addres­sier­ten Post oder Emails als Ver­let­zung der  Pri­vat­sphä­re gel­ten und kei­ne Unter­stel­lun­gen nach sich ziehen.

Zu den bei­den Artikeln:

Thmas Knü­wer zitiert eine mut­maß­lich aus einem Refe­ren­ten­ent­wurf des Innen­mi­nis­te­ri­ums stam­men­de Pas­sa­ge, in der der Gesetz­ge­ber zu defi­nie­ren ver­sucht, wie mit dem Schutz von Daten aus sozia­len Netz­wer­ken zu ver­fah­ren ist. Ich über­neh­me die Pas­sa­ge von Knüwer:

“Bei Daten aus sozia­len Netz­wer­ken, die der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on die­nen, über­wiegt das schutz­wür­di­ge Inter­es­se des Beschäf­tig­ten [gegen eine Daten­er­he­bung]; dies gilt nicht für sozia­le Netz­wer­ke, die der Dar­stel­lung der beruf­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on dienen.”

Durch­aus schla­gend pole­mi­siert Knü­wer dagegen:

Also, wie jetzt? Es gibt sozia­le Netz­wer­ke, die der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on die­nen – und sol­che, die es nicht tun? Las­sen wir mal außen vor, dass “sozia­le Netz­wer­ke” als Begriff ja nicht unbe­dingt Inter­net-Diens­te beschrei­ben. Stellt sich doch die Fra­ge, was in den put­zen und ver­quas­ten Beam­ten­köpf­chen so vor sich geht. Und wie sie sich das denn so vor­stel­len, rein recht­lich: Xing ist anders gestellt als Face­book? Myspace ist ein für Musi­ker eine beruf­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on – für ande­re nicht?

Im wei­te­ren Ver­lauf weist er die Rege­lungs­wut des Gesetz­ge­bers zurück und ver­weist auf die Mün­dig­keit des Bür­gers im Umgang mit den eige­nen Daten:

Hin­ter jener Social-Net­wor­king-Büro­kra­ti­sie­rung steckt – und das ist das bit­ters­te dar­an – ein spe­zi­el­les Men­schen­bild: der Bür­ger als Idi­ot. Als einer, der nicht weiß, dass ande­re Men­schen sein Face­book-Pro­fil sehen kön­nen. Der nicht im Gegen­zug in der Lage ist, in der Bewer­bungs­pha­se sein Pro­fil auf die­se Lebens­pha­se aus­zu­rich­ten. Nein, der Bür­ger ist dumm.

Tat­säch­lich greift das natür­lich zu kurz. Denn das Face­book-Pro­fil ist eine Schnitt­stel­le von vie­ler­lei Socia­li­tä­ten. Ich bin dar­auf ver­netzt mit Schul­freun­den, Geschwis­tern, viel­leicht aktu­el­len Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten, mit mei­nen Co-Musi­kern, mit den ver­schie­dens­ten Grup­pen. Die Umstel­lung des Face­book-Pro­fils mit der Opti­mie­rung für Per­so­na­ler wird zwangs­läu­fig dazu füh­ren, dass mei­ne gesam­ten Kon­tak­te mich fra­gen, was denn mit mir gera­de abgeht. Und es wird die nächs­ten Tage Kom­men­ta­re hageln, die dem Per­so­na­ler mehr ver­ra­ten als mein unver­än­der­tes Pro­fil. Dabei ist die Per­so­na­ler-Situa­ti­on nur eine, sehr spe­zi­el­le. Und sie zeigt, dass weder Platt­form noch Gesetz­ge­ber in der Lage sind, eine ein­heit­li­che “Privatheit”-Definition zu garan­tie­ren. Viel­leicht bin ich mit einem Kol­le­gen des Per­so­nal­ers in sei­ner Fir­ma befreun­det und er fragt ihn als Bür­gen? Was dann? Weder durch Gesetz, noch auch durch Knü­wers Mani­pu­la­ti­ons­vor­schlag wer­de ich dage­gen vor­ge­hen kön­nen. Es kann nur eine offe­ne und vor­be­halt­lo­se Aus­ein­an­der­set­zung mit dem rela­tio­na­len Pri­va­tens ein, das hier wei­ter führt. Das aber ist eine gesell­schaft­li­che Debat­te, die zu füh­ren ist. Weit­ge­hend ohne Staat, des­sen Exe­ku­tiv­be­hör­den sicher­lich bereits sehr sehr ger­ne mal auf Face­book nach­schau­en, wel­che Freun­de ein Ver­däch­ti­ger denn so hat. Oder Verfassungsschützer …

Der Arti­kel bei ZEIT­on­line mit dem Titel “Was tun gegen Datenkraken?“beginnt mit einem State­ment, das die Trag­wei­te der Situa­ti­on erfasst:

Das Inter­net ver­än­dert die Gesell­schaft. Es greift tief in die per­sön­li­chen Belan­ge eines jeden ein. Die Bür­ger mai­len, tele­fo­nie­ren, arbei­ten, spie­len im Netz; sie geben online ihre Steu­er­erklä­rung ab, buchen Rei­sen und pfle­gen Freund­schaf­ten. Das Netz ist Teil ihres All­tags geworden.Deshalb stel­len sich Schlüs­sel­fra­gen des Zusam­men­le­bens neu: Wie nut­zen wir die neu gewon­ne­ne welt­um­span­nen­de Frei­heit? Wie schüt­zen wir dabei unse­re Pri­vat­sphä­re? Wie weit darf die digi­ta­le Erfas­sung des Lebens und der Per­sön­lich­keit gehen?

Direkt zu Beginn wird die Fra­ge nach der Pri­vat­sphä­re also gestellt. Auch hier fehlt die Unter­schei­dung zwi­schen den Pri­vat­sphä­ren: Pri­vat gegen­über wem? Und sofort wird nach dem Schutz des Staa­tes geru­fen. Der ist natür­lich ein mög­li­cher Beschüt­zer — aber er ist eben­so ein Akteur, vor dem der Bür­ger zu schüt­zen wäre. Das darf bei der Sache nicht ver­ges­sen wer­den — die Debat­te um die Zugangs­sper­ren hat es deut­lich genug gezeigt. Damals war eben die Güter­ab­wä­gung, ob der Staat eine zen­sur­ar­ti­ge tech­ni­sche Infra­struk­tur erreich­ten darf, die zunächst vor K*n*d*r*p*r*n*g*ph** schüt­zen soll, aber zugleich die Über­wa­chung und Fil­te­rung auch ande­rer Inhal­te zukünf­tig ermöglicht.

Die For­de­run­gen im Einzelnen:

  • Netz­neu­tra­li­tät
  • Ver­falls­da­tum für Dateien
  • Pri­vat­sphä­re in Sozia­len Netzwerken
  • Kin­der- und Jugend­schutz im Netz
  • Mit­neh­men von Daten
  • Mobi­les Inter­net (bzw. Location-Targetting)
  • Wider­spruchs­re­gis­ter
  • Anzei­ge­pflicht (von neu gegrün­de­ten Netzdiensten)

Wenn der Staat sich all die­ser “Schutz­sphä­ren” annimmt, macht er sich damit zum Her­ren die­ser Sphä­re. Er muss sie dann nicht nur gesetz­lich garan­tie­ren, er muss die Ein­hal­tung über­wa­chen und Über­tre­tun­gen ver­fol­gen. Ver­mut­lich im Prä­ven­ti­ons­ver­fah­ren. Damit aber sitzt anstel­le von daten­rau­ben­den Unter­neh­men jeder­zeit ein vir­tu­el­ler Poli­zist an mei­ner Sei­te. Es ist klar, dass die­ses Sam­mel­su­ri­um aus Regu­lie­rungs­for­de­run­gen — so berech­tigt der Schutz­wunsch im Ein­zel­nen sein mag — zumeist staat­lich nur enorm schwer durch­zu­set­zen sein wird.

“Netz­neu­tra­li­tät” kann der Staat letzt­lich nur garan­tie­ren, indem er die Net­ze, ihren Aus­bau und ihren Betrieb in eige­ne Obhut nimmt.Und das hie­ße: In den nächs­ten vier Jah­ren die Kapa­zi­tät der lei­tungs­ge­bun­de­nen Net­ze etwa zu ver­vier­fa­chen, die Funk­ver­bin­dun­gen zu ver-x-fachen. Ich kann mich aus Grün­den der man­geln­den Detail­kennt­nis dazu nicht witrk­lich kom­pe­tent äußern. Aber die Ver­mi­schung von frei­er Mei­nungs­äu­ße­rung und Infor­ma­ti­ons­recht mit Netz­neu­tra­li­täts­re­geln scheint mir Din­ge zu ver­mi­schen, die dif­fe­ren­zier­ter zu betrach­ten sind.

Ver­falls­da­ten sind inso­fern ein hüb­scher Traum, als sie vor­her fest­ge­legt wer­den müs­sen. Ist das Ver­falls­da­tum zu kurz — sind sie ver­schwun­den, wenn ich sie brau­che. Und sind sie zu lang … Ist es nicht leich­ter, mit der Unlösch­bar­keit umzugehen?

In Sachen “Pri­vat” wird es interessanter:

Die Vor­ein­stel­lun­gen bei Neu­an­mel­dun­gen in Sozia­len Diens­ten wie Face­book müs­sen so gestal­tet sein, dass sie den größt­mög­li­chen Schutz für alle per­sön­li­chen Daten bie­ten. Bis auf weni­ge Min­dest­in­for­ma­tio­nen (Name, je nach Netz­werk Wohn­ort, Beruf, Inter­es­sen) muss alles zunächst ver­schlos­sen bleiben.

Was sind “Min­dest­in­for­ma­tio­nen” in wel­cher Socia­li­tät? Es gibt SN’s, in denen ich kei­ne der oben ste­hen­den Anga­ben ver­öf­fent­licht sehen möch­te (Part­ner­su­che, poppen.de). In ande­ren ist es für mich sehr wich­tig, dass ande­re Anga­ben mög­lichst unmit­tel­bar zu fin­den sind. Das lässt sich gesetz­licch nicht regeln. Es sei denn, man wol­le Ein Sozi­al Net­work Gesetz­buch schaf­fen, in dem der gesetz­ge­ber jedem Por­tal vor­schreibt, was wann wie gee­hen wer­den kann, darf, muss.

Schär­fe­re Regeln erfor­dert der Schutz von Kin­dern und Her­an­wach­sen­den. Es müs­sen kla­re Vor­ga­ben gemacht wer­den, wel­che Daten Min­der­jäh­ri­ge über­haupt von sich frei­ge­ben dür­fen. Es bedarf einer ver­schärf­ten Iden­ti­fi­ka­ti­ons­pflicht an Netz­or­ten, wo Kin­der und Jugend­li­che unter­wegs sind, um sie bes­ser vor »getarn­ten« Erwach­se­nen zu schüt­zen. Außer­dem muss die Zweck­bin­dung der Daten ver­schärft wer­den, gera­de wenn es dar­um geht, in wel­cher Wei­se sie werb­lich genutzt wer­den dür­fen. Schließ­lich muss es ver­bo­ten sein, aus Daten von Kin­dern indi­vi­du­el­le Nut­zungs­pro­fi­le zu bilden.

Na und — dann mldet sich das cle­ve­re Kin­de­lein als 18-jäh­ri­ger an. Herr­jeh. Und übri­gens: Wer schützt Erwach­se­ne vor “getarn­ten” Kin­dern. In Dating-Por­ta­len und Adult-Chats? Mal sorum nach­ge­schaut, was sich da tut? Oder soll der bio­me­tri­sche Scan­ner vor jeden Rech­ner und eine Abfra­ge über das BKA klä­ren, wel­che Per­son sich dort auf­hält, wel­ches Alter sie hat und wel­che gesetz­li­chen Vor­schrif­ten für sie gelten?Und wie wäre hier mit der “Pri­vat­sphä­re” zu verfahren?

Vie­le Online­diens­te­an­bie­ter leben davon, dass die Nut­zer auf ihren Sei­ten gro­ße Men­gen an Inhal­ten ein­stel­len: kur­ze Bot­schaf­ten, Lis­ten ihrer liebs­ten Lie­der und Bücher, Foto­ga­le­rien des jüngs­ten Urlaubs. Doch die­se Unter­neh­men ver­lan­gen nicht nur, dass ihre Kun­den ihnen vie­le Daten über­las­sen – sie ver­hin­dern oft auch, dass die­se von Nut­zern geschaf­fe­nen Inhal­te von den Nut­zern selbst wie­der anders­wo im Netz wei­ter­ver­wen­det wer­den können.

Wie soll das gehen? Mein Face­book-Pro­fil auf Xing umzie­hen? Es gibt eien gan­ze Rei­he von Ange­bo­ten, auf denen ich Lis­ten­in­hal­te u.ä. mit­neh­men kann. Mel­de ich mich halt da an. Aber ganz ehr­lich: Wenn ich ein Pos­ter mit Tape an die Wand kle­be, kann ich doch von Ver­mie­tern schwer­lich ver­lan­gen, dass die Wand mit mir umzieht. Wenn es Bedarf für sol­che Dient­se gibt — ein­fach grün­den. Wür­de die­se Rege­lung eigent­lich auch für im Aus­land ansäs­si­ge Diens­te gel­ten? Oder tritt Frau Aigner wie­der bei Face­book ein, um unter Pro­test wie­der aus­tre­ten zu können?

Die Poli­tik muss ein zen­tra­les Wider­spruchs­re­gis­ter schaf­fen, in dem Bür­ger sich dage­gen weh­ren kön­nen, dass ihre per­sön­li­chen Daten im Inter­net ver­öf­fent­licht wer­den. Bei wel­cher Insti­tu­ti­on es ein­zu­rich­ten ist, muss die Regie­rung noch ent­schei­den. (…) Auf ein zen­tra­les Regis­ter dage­gen könn­ten alle Anbie­ter zugrei­fen. Sie wüss­ten dann von vorn­her­ein, wes­sen Daten sie nicht ver­wen­den dürfen.

Hm. Span­nend. Auch Spam­mer von den Kay­mans? Viel­elicht brennt mans ihnen gleich noch auf CD-ROM, damit sies leich­ter haben. Eine öffent­lich ein­seh­ba­re Lis­te von Men­schen, die nicht öffent­lich eig­ne­se­hen wer­den wollen …?

Wenn sich Netz­diens­te grün­den oder ver­än­dern, ist das anzu­zei­gen, falls sie mehr Daten nut­zen als zuvor oder neue Ver­knüp­fun­gen herstellen.

Was ist denn mit “Netz­diens­ten” gemeint? Einn “Netz­dienst” zu grün­den, dau­ert etwa 3 Minu­ten. Ein Blog for­dert Daten von Kom­men­ta­to­ren. Ein vBul­le­tin Forum for­dert vie­le Daten. Ein ning-Netz­werk sam­melt Daten. Und die sol­len alle gemel­det und über­prüft wer­den? Von WEM? Die drei Mil­lio­nen Job­su­chen­den in Deutsch­land dürf­ten dafür lan­ge nicht hinreichen.

Genug der Kurz­weil und der Pole­mik. Staat­li­cher Schutz der Pri­vat­sphä­ren ist ein hohes Gut. Staat­li­che Schutz­be­mü­hun­gen um Ein­hal­tung ver­schie­de­ner Pri­vat­sphä­ren in unter­schied­li­chen Rela­tio­nen ist eben­falls eine wich­ti­ge Funk­ti­on. Wenn aber nicht reflek­tiert wird, dass es weit­ge­hend eine ver­än­der­te Gesell­schaft ist, die sich soeben kon­sti­tu­iert, eine Gesell­schaft, die mit der vor­he­ri­gen nichts aber auch gar nichts mehr gemein hat, weil sich der Begriff des “Pri­va­ten” ver­än­dert, aus­dif­fe­ren­ziert, ver­schiebt, zer­fa­sert — wird der Pri­vat­sphä­ren­schutz niccht zu gewähr­leis­ten sein. Dem Staat die Macht über das indiv­diuel­le Geh­emi­nis zu über­tra­gen ist in jedem Fal­le eine schlech­te Idee. Weil der Staat eine Rela­ti­on ist, der gegen­über Pri­va­tes zu offen­ba­ren, eben­falls eine Ver­schie­bung von Pri­vat­heit beinhaltet.

§ 3 Responses to Die Verwirrung um “das Private” geht weiter"

  • Das mit den ver­schie­de­nen Pri­vat­hei­ten und Socia­li­tä­ten (Plu­ral) sagt z.B. auch Helen Nis­sen­baum seit Jah­ren. Die nennt es “Pri­va­cy as Con­tex­tu­al Inte­gri­ty”. Ich hab das auf deutsch mal ein wenig aus­ge­führt und ver­sucht in Tabel­len­form dar­zu­stel­len (ab S. 103).

  • Postdramatiker sagt:

    Dan­ke für den Hin­weis. Hab kurz bei dir rein­ge­le­sen — klingt sehr span­nend. Wer­de mir Nis­sen­baum auch anschau­en. Weist in jedem Fall die Rich­tung, was eine offe­ne und öffent­li­che Dabet­te in den Blick neh­men muss. Und die weder vom Staat noch von Unter­neh­men, son­dern nur gesell­schaft­lich zu lösen ist.

  • […] Post­dra­ma­ti­ker U. Schmidt weist auf die Ver­wir­rung ums Private […]

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