Negative Zinsen, Bargeldabschaffung, Digitalgeld und die Blaupause des Bankgeschäfts

April 4th, 2016 Kommentare deaktiviert für Negative Zinsen, Bargeldabschaffung, Digitalgeld und die Blaupause des Bankgeschäfts

Vor­ne­weg: Ban­ken sind sinn­vol­le, wahr­schein­lich sogar not­wen­di­ge Insti­tu­tio­nen in allen Volks­wirt­schaf­ten. Es geht also nicht dar­um, „die Ban­ken“ als sol­che infra­ge zu stel­len. Eben­so wenig geht es dar­um, aus fak­tisch vor­lie­gen­den Fäl­len von Fehl­ver­hal­ten von Bank­mit­ar­bei­tern die Schwie­rig­kei­ten im Ban­ken- und letzt­lich Geld­sys­tem auf „Gier“ Ein­zel­ner oder Vie­ler zurück­zu­füh­ren, die in Ban­ken arbei­ten. Es geht um etwas Ande­res, das mei­nes Erach­tens wich­ti­ger ist. Das sich aber nur dann in den Blick bekom­men lässt, wenn man die Ver­schie­bun­gen in den Blick bekommt, die das Ban­ken­sys­tem in den letz­ten Jahr­zehn­ten erlebt hat und die zu einem para­do­xen, zir­ku­lä­ren Pro­zess füh­ren, bei dem am Ende das ursprüng­li­che Bank­ge­schäft auf dem Kopf steht.

Die Blaupause

Tra­di­tio­nell waren Ban­ken Insti­tu­tio­nen, die ihre Diens­te vor allem Unter­neh­mern und Unter­neh­men, also Wirt­schafts­sub­jek­ten ange­bo­ten haben. Bau­ern, Händ­ler, Pro­du­zen­ten usw. wur­den dadurch die in die Lage ver­setzt, ihre Geschäf­te unter­ein­an­der siche­rer und in grö­ße­rem finan­zi­el­len Umfang zu betrei­ben (die Details kön­nen hier aus­ge­blen­det blei­ben). Davon zu unter­schei­den sind die nicht auf eige­ne Rech­nung, son­dern vor­nehm­lich abhän­gig Beschäf­tig­ten sowie die Nicht-Beschäf­tig­te wie Kin­der, Alter, Kran­ke, Arbeits­lo­se. Ob die­se (etwas grob so zu nen­nen­den) „Pri­vat­sub­jek­te“ über­haupt sinn­vol­ler­wei­se Geschäf­te mit Ban­ken betrei­ben ist die Kernfrage.

Vor allem mit dem Auf­kom­men der Spar­kas­sen vor cir­ca 150 Jah­ren öff­ne­te sich der Weg für die Pri­vat­sub­jek­te hin­ein in die Ban­ken. Zuvor war über­wie­gend nicht hin­rei­chend ver­füg­ba­res und spei­cher­fä­hi­ges (also nicht für den unmit­tel­ba­ren Lebens­un­ter­halt benö­tig­tes) Geld in den Taschen der Pri­vat­sub­jek­te, um für Ban­ken inter­es­sant zu sein. Erst durch Spar­kas­sen ent­stand das Ange­bot, auch klei­ne Beträ­ge bei Bank-Insti­tu­tio­nen ein­zu­le­gen. Der Anreiz, das zu tun, waren Zin­sen: Leg dein Geld auf die Bank und schau zu, wie es sich ver­mehrt. Damit gelang es Bank­in­sti­tu­tio­nen die klei­nen Gut­ha­ben von Pri­vat­sub­jek­ten anzu­zap­fen, um sie anschlie­ßend für Wirt­schafts­sub­jek­te ver­füg­bar zu machen (Pri­vat­kre­di­te waren weit­ge­hend bedeu­tungs­los in ihrem Umfang, letzt­lich auch zu ris­kant für Ban­ken, die noch nicht über die Tech­ni­ken der Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung über poten­zi­el­le Schuld­ner verfügten).

Die­se Struk­tur kann als Blau­pau­se bezeich­net wer­den, die trotz aller for­ma­len und mor­pho­lo­gi­schen Ver­schie­bun­gen noch heu­te des Hin­ter­grund des Ban­ken­sys­tems bil­det – und zar ins­be­son­de­re in sei­ner Wahr­neh­mung von außen: Ban­ken sam­meln Geld von Kun­den ein (von Pri­vat- und Wirt­schafts­sub­jek­ten), um es (ande­ren) Kun­den (Wirt­schafts­sub­jek­ten) ver­füg­bar zu machen. Sie zah­len den­je­ni­gen Kun­den Geld (Zin­sen), die ihnen ihre eige­nen Geld­mit­tel ver­füg­bar machen und ver­lan­gen Geld (Zin­sen) von den Kun­den, die sich Geld bei ihnen leihen.

Die wich­ti­ge Impli­ka­ti­on: Ban­ken muss­ten sich in die­sem Sys­tem aktiv dar­um bemü­hen, Kun­den zu gewin­nen, die ihnen durch ihre Ein­la­gen die Geld­mit­tel zur Ver­fü­gung stell­ten, mit denen die Bank anschlie­ßend ihre Kre­dit­ge­schäf­te durch­führ­te oder zumin­dest absicherte.

Die Blaupause im Girozeitalter

Nach dem 2. Welt­krieg setz­te sich zuneh­mend das Sys­tem der Giro­kon­ten für die brei­te Bevöl­ke­rung durch. Um Geld­ein­la­gen zu bekom­men, muss­te das Bank­sys­tem weni­ger kom­mu­ni­ka­tiv und durch attrak­ti­ve Ange­bo­te um Kun­den wer­ben (wohl aber, um unter kon­kur­rie­ren­den Insti­tu­ten die­je­ni­ge Bank zu sein, die den grö­ße­ren Anteil an Ein­la­gen abbe­kam). Das Geld floss – ins­be­son­de­re in sei­ner Form des monat­li­chen Gehalts, der Mie­te, staat­li­cher Zah­lun­gen in bei­de Rich­tun­gen – mehr und mehr in „unba­rer“ Form: Der Arbeit­ge­ber hän­dig­te dem Arbeit­neh­mer nicht mehr die Lohn­tü­te mit Bar­geld aus – son­dern „über­wies“ es an die Bank und auf das dor­ti­ge Kon­to des Arbeit­neh­mers. Bereits die­ser Schritt ist von über­ra­schen­der Akzep­tanz sei­tens der Pri­vat­sub­jek­te: dass das Gehalt der Bank über­ge­ben wird führ­te offen­bar zu kei­ner Irri­ta­ti­on. Viel­mehr bezog das Ban­ken­sys­tem, nun auch jen­seits der Spar­kas­sen, eine zuneh­men­de Zahl von Pri­vat­sub­jek­ten ein. Um als ein­zel­nes Insti­tut inter­es­sant zu sein muss­te poten­zi­el­len Kun­den ein attrak­ti­ver Zins für die Ein­la­gen gebo­ten werden.

Zugleich aber gelang es, den Pri­vat­sub­jek­ten akzep­ta­bel zu machen, dass für die Ver­wal­tung ihrer Ein­la­gen “Gebüh­ren“ fäl­lig wer­den. Kon­to­füh­rungs­ge­büh­ren, Über­wei­sungs­ge­büh­ren usw. Ein Ver­hält­nis von Geben und Neh­men: Ich gebe dir Zin­sen für dei­ne Ein­la­gen, neh­me aber Gebüh­ren dafür, dass du dein Geld bei mir einlegst.

Zugleich wan­del­te sich für die Pri­vat­sub­jek­te die Funk­ti­on ihrer Bank­ein­la­gen: Im Spar­kas­sen­sys­tem wur­den – wie der Name schon andeu­tet – die Kun­den ver­an­lasst, nicht für den lau­fen­den Lebens­un­ter­halt benö­tig­tes („über­schüs­si­ges“) Geld zu spa­ren, das heißt: auf Spar­kon­ten für län­ge­re Zeit ein­zu­le­gen (zumeist mit einer „Kün­di­gungs­frist“, d.h. der Selbst­ver­pflich­tung des Kun­den, eine Abhe­bung eine bestimm­te Zeit vor­her der Bank anzu­kün­di­gen, die sich damit auf den Geld­ab­fluss ein­stel­len konn­te). Das Giro­kon­ten­sys­tem dage­gen soll­te die Kun­den ver­an­las­sen, auch das für den täg­li­chen Lebens­un­ter­halt benö­tig­te Geld bei der Bank zu depo­nie­ren und Zah­lungs­vor­gän­ge von die­sem und auf die­ses Kor­rent­kon­to vor­zu­neh­men. Neben dem Geld­auf­be­wah­rungs- und Ver­meh­rungs­me­cha­nis­mus (durch Zin­sen) boten die Ban­ken nun­mehr auch Zah­lungs­me­cha­nis­men an, schal­te­ten sich also in den Zah­lungs­ver­kehr zwi­schen zwei Pri­vat­sub­jek­ten (z.B. Mie­ter und Ver­mie­ter) oder zwi­schen Wirt­schafts- und Pri­vat­sub­jek­ten (z.B. Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer), sowie zwi­schen Pri­vat- und Wirt­schafts­sub­jek­ten einer­seits, staat­li­chen Stel­len ande­rer­seits (z.B. Steu­er­zah­lun­gen, staat­li­che Unter­stüt­zungs­lei­tun­gen) ein – wobei sie von den Zahl­vor­gän­gen durch Gebüh­ren­er­he­bung zu pro­fi­tie­ren began­nen. Mit jeder Zah­lung zwi­schen Ver­mie­tern und Mie­tern, Ver­käu­fern und Käu­fern, Arbeit­ge­bern und ‑neh­mern, Bür­gern und Staat beka­men Ban­ken einen klei­nen Anteil.

Damit ent­stand auf der Grund­la­ge der Blau­pau­se ein for­mal leicht ver­än­der­tes Sys­tem, dem es gelang, nicht nur eine wach­sen­de Zahl von Pri­vat­sub­jek­ten ein­zu­be­zie­hen, son­dern zugleich ein erheb­lich grö­ße­res Vor­gangs­vo­lu­men an sich zu zie­hen und dafür durch Gebüh­ren zu pro­fi­tie­ren. Zugleich stellt sich eine Ver­schie­bung im Macht­ge­fü­ge der Blau­pau­se ein: Ban­ken waren weni­ger gezwun­gen, Pri­vat­sub­jek­te durch Kom­mu­ni­ka­ti­on und attrak­ti­ve Kon­di­tio­nen über­haupt dazu zu brin­gen, ihr Geld Bank­in­sti­tu­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len. Viel­mehr führ­te die „Ein­fach­heit“ des Ser­vices, Geld­be­we­gun­gen per Über­wei­sung vor­zu­neh­men, die sich wie selbst­ver­ständ­li­che Aus­brei­tung die­ses Zahl­sys­tems dazu, dass ein zuneh­men­der Druck auf die Pri­vat­sub­jek­te ent­stand der sie  zu den Ban­ken brach­te: Bar­aus­zah­lun­gen an Arbeit­neh­mer, Bar­zah­lun­gen der Mie­te usw. ver­lo­ren rasant an Akzep­tanz. Der Besitz eines Bank­kon­tos zur unba­ren Zah­lungs­ab­wick­lung wur­de zuneh­mend zum Stan­dard, dem gegen­über das Nicht­vor­lie­gen eines Kon­tos als immer weni­ger akzep­ta­bel Devia­ti­on erschien. Den­noch waren noch immer attrak­ti­ve Zins­an­ge­bo­te nötig, um im Kon­kur­renz­um­feld der Ban­ken als ein­zel­ne Bank erfolg­reich agie­ren zu können.

Die Digitalisierung der Blaupause

Mit der zuneh­men­den Digi­ta­li­sie­rung des Geld- und Zah­lungs­ver­kehrs stellt sich eine neue Über­for­mung der Blau­pau­se ein. Zah­lun­gen wer­den – zumin­dest ab einer bestimm­ten Höhe – zuneh­mend „bar­geld­los“ getä­tigt, im Online-Han­del wird bar­geld­los gezahlt, in Laden­ge­schäf­ten mit elek­tro­ni­schen Kar­ten Zah­lungs­vor­gän­ge ver­an­lasst, Pri­vat­sub­jek­te füh­ren ihre Bank­ge­schäf­te zuneh­mend selb­stän­dig über Online-Platt­for­men der Banken.

Die ers­te mor­pho­lo­gi­sche Ver­schie­bung: Muss­ten sich in der ursprüng­li­chen Blau­pau­se Ban­ken dar­um bemü­hen, Pri­vat­sub­jek­te davon zu über­zeu­gen, ihr Geld über­haupt dem Ban­ken­sys­tem und dann noch gera­de die­sem Insti­tut zu über­las­sen (durch Zins­an­ge­bo­te), ist nun­mehr die Bank in der Lage, das gesam­te Geld eines Pri­vat­sub­jekts aus den ver­schie­dens­ten Quel­len qua­si von selbst und auto­ma­tisch zu erhal­ten. Löh­ne, Gehäl­ter, staat­li­che Leis­tun­gen usw. wer­den über­wie­sen. Das gesam­te Geld eines Pri­vat­sub­jekts liegt zunächst digi­tal bei der Bank vor – und es ist nun­mehr am Pri­vat­sub­jekt selbst, an Bar­geld zu kom­men. Nicht mehr die Bank muss dafür sor­gen, dass sie Geld von Pri­vat­sub­jek­ten erhält und dafür Zin­sen zah­len – son­dern die Pri­vat­sub­jek­te müs­sen sich bemü­hen, an ihr Bar­geld zu kom­men. Und dafür ggf. Aus­zah­lungs­ge­büh­ren an Bank­schal­tern oder Geld­au­to­ma­ten bezah­len. Das wäre der nächs­te Schritt der Erschlie­ßung von Pro­fit­quel­len: Nach­dem die Ban­ken sich zuneh­mend – wenn man so will: para­si­tär – auf Zah­lungs­vor­gän­ge set­zen, von denen sie Gebüh­ren und Pro­vi­sio­nen abschöpf­ten, schaf­fen sie es nun­mehr auch, Gebüh­ren dafür zu ver­lan­gen, dass die Pri­vat­sub­jek­te an ihr eige­nes Geld gelan­gen. Dass auch das rei­bungs­los funk­tio­nier­te ist eine wei­te­re Überraschung.

Die zwei­te mor­pho­lo­gi­sche Ver­schie­bung: Lan­ge Zeit waren ins­be­son­de­re Wirt­schafts­sub­jek­te Kre­dit­kun­den bei Ban­ken. Unter­neh­men nah­men Kre­di­te auf, um ihre Wirt­schafts­ak­ti­vi­tä­ten zu finan­zie­ren. Dafür zahl­ten sie den Ban­ken Zin­sen. Ban­ken wie­der­um ver­such­ten, sich hin­rei­chen­de Infor­ma­tio­nen über die Wirt­schafts­sub­jek­te zu ver­schaf­fen, die es ihnen erlaub­ten, das Aus­fall­ri­si­ko eines ange­for­der­ten Kre­dits ein­zu­schät­zen, dar­aus die Zins­hö­he oder Ableh­nung des Wun­sches abzu­lei­ten. Für Pri­vat­sub­jek­te kamen Kre­di­te schon des­we­gen kaum in Betracht, weil die­se Risi­ko­be­wer­tung für Ban­ken schwie­rig war, solan­ge alle finan­zi­el­len Infor­ma­tio­nen (so es sol­che gab) allein in der Ver­fü­gung des Kun­den lagen. Das ändert sich mit der gro­ßen Popu­la­ri­tät von Giro­kon­ten: Ban­ken ver­fü­gen nun über sich selbst füh­ren­de Kun­den­ak­ten, die es ihnen rela­tiv leicht macht, Risi­ko­be­wer­tun­gen vor­zu­neh­men, liegt bei ihnen doch ein voll­stän­di­ger Finanz­da­ten­satz vor: mit allen Ein­künf­ten und lau­fen­den Aus­ga­ben. Das Pro­blem, dass die mit einer Kre­dit­nach­fra­ge kon­fron­tier­te Bank nicht die Haus­bank des Kun­den mit sei­ner voll­stän­di­gen Kun­den­ak­te sein könn­te, ließ sich durch Kre­dit-Aus­kunftei­en wie die SCHUFA rela­tiv sim­pel lösen. Ohne die kom­plet­ten Kun­den­da­ten aus­zu­tau­schen wur­de ein Weg geschaf­fen, die für Ban­ken rele­van­ten Risi­ko­be­wer­tungs­in­for­ma­tio­nen aus­zu­tau­schen. Das bekam ein Maß an Zuver­läs­sig­keit, dass man es dem Kun­den selbst über­las­sen konn­te, einen Kre­dit in vor­her fest­ge­leg­tem Rah­men zu gene­rie­ren: durch „gedul­de­te Über­zie­hung“ oder „Dis­po­kre­dit“ ent­schei­det der Kun­de selbst, wann er einen Kre­dit auf­nimmt. Und die Bank pro­fi­tiert durch gesal­ze­ne Zinsen.

Drit­te Ver­schie­bung: Mit der Zunah­me unba­rer Zah­lungs­vor­gän­ge, der Reduk­ti­on der umlau­fen­den Bar­geld­men­ge zum volks­wirt­schaft­li­chen Gesamt­ver­mö­gen, der Reduk­ti­on der Bar­geld­hal­tung auch in kleins­ten Haus­hal­ten von Pri­vat­sub­jek­ten steigt der Anteil der Ban­ken am Gesamt-Finanz­sek­tor. Den Ban­ken fließt mehr und mehr Geld zu – und immer weni­ger fließt außer­halb des Ban­ken­sys­tems durch Bar­geld ab. Ban­ken müs­sen ihre Attrak­ti­vi­tät immer weni­ger durch attrak­ti­ve Zins­kon­di­tio­nen bewei­sen – wohl aber noch gegen­über kon­kur­rie­ren­den Ban­ken. Wobei nicht mehr infra­ge steht, ob die Pri­vat­sub­jek­te über­haupt ihr kom­plet­tes Geld einer Bank anver­trau­en wol­len – son­dern nur noch: wel­cher Bank. Das Zins­sys­tem der Zen­tral­ban­ken sorgt dabei dafür, dass allen Bank­in­sti­tu­ten eine Art Zins­kor­ri­dor vor­ge­zeich­net wird, der die Spann­brei­te kon­kur­rie­ren­der Zins­an­ge­bo­te von Ban­ken an Pri­vat­kun­den deut­lich einschränkt.

Am Ende der Digi­ta­li­sie­rung des Geld­sys­tems lässt sich sagen: Das gesam­te Geld der Pri­vat­sub­jek­te ist auf Insti­tu­te des pri­vat­wirt­schaft­li­chen Bank­sek­tors gewan­dert, jeder Zah­lungs­vor­gang, jede Aus­zah­lung des eige­nen Gel­des kos­tet jetzt Gebüh­ren, die fall­wei­se deut­lich die Zins­er­trä­ge über­schrei­ten kön­nen. Muss­ten Ban­ken zu Zei­ten der ursprüng­li­chen Blau­pau­se Geld durch klu­ges und vor­sich­ti­ges Agie­ren ver­meh­ren und in das Risi­ko gehen, das mit der Erwirt­schaf­tung von Pro­fi­ten ver­bun­den ist, kön­nen sie jetzt begin­nen, ihr Geschäfts­mo­dell umzu­stel­len: auf Gebüh­ren. Das wie­der­um ist der Fokus in der nächs­ten mor­pho­lo­gi­schen Verschiebung.

Die Blaupause in Nullzinszeiten

Im Anschluss an die Finanz­kri­se haben Zen­tral­ban­ken in wich­ti­gen Wirt­schafts­räu­men ihre Leit­zin­sen gen Null redu­ziert. Dadurch wird es zunächst für Ban­ken schwie­ri­ger mit „siche­ren“ Inves­ti­tio­nen wie Staats­an­lei­hen Pro­fi­te zu erzie­len. Pro­fi­te sind nur noch mit höhe­rem Risi­ko zu erwirt­schaf­ten – zumal wenn das Geschäft mit Kre­di­ten an Wirt­schafts­sub­jek­te lahmt. Gleich­zei­tig ermög­li­chen es die nied­ri­gen Leit­zin­sen Bank­in­sti­tu­ten, im Gesamt­kon­kur­renz­um­feld der Ban­ken, enorm nied­ri­ge Kre­dit­zin­sen fest­zu­set­zen, was über den Kon­kur­renz­druck allen Ban­ken die Pro­fit­mög­lich­kei­ten schmä­lert. Gerin­ge­re Pro­fi­te füh­ren zu gerin­ge­ren Zin­sen für Ein­la­gen – die aber gar nicht mehr nötig sind. Denn die Pri­vat­sub­jek­te müs­sen nicht mehr durch Zin­sen über­zeugt wer­den, ihr Geld zu Ban­ken zu brin­gen. Die Ban­ken „haben“ das Geld nahe­zu aller Pri­vat­sub­jek­te ohne jede Über­zeu­gungs­ar­beit. Und sie haben die Pri­vat­sub­jek­te davon über­zeugt, dass ihre Dienst­leis­tung der Geld­auf­be­wah­rung und Abwick­lung von Zah­lungs­vor­gän­gen Gebüh­ren kos­tet – was ihnen risi­ko­lo­se Ein­nah­men ermög­licht. Eine Art finan­zi­el­ler Wege­zoll, wie ihn mit­tel­al­ter­li­che Raub­rit­ter erho­ben haben sollen.

Viel­leicht ist es an die­ser Stel­le nötig, die Ver­än­de­rung mit einem Ver­gleich deut­lich zu machen: Ein Auto­her­stel­ler schreibt alle Besit­zer von Fahr­zeu­gen aus sei­ner Pro­duk­ti­on an und erklärt ihnen, die gekauf­ten Autos gehör­ten fort­an nicht mehr den Käu­fern, son­dern wie­der dem Her­stel­ler. Für den Fah­rer ände­re sich damit nichts wei­ter, er kön­ne das Auto unbe­sorgt wei­ter fah­ren – aller­dings wer­de eine Ver­wal­tungs­ge­bühr erho­ben. Und soll­te der Auto­her­stel­ler Kon­kurs gehen, wer­de dem bis­he­ri­gen Besit­zer das Auto ent­zo­gen, da es zur Kon­kurs­mas­se des Her­stel­lers gehört. Das ist etwas ande­res als „Lea­sing“, wo der Auto­her­stel­ler dem Fah­rer das Fahr­zeug gegen Bezah­lung zur Ver­fü­gung stellt – also im Wege eines Kre­di­tes. Das Ent­eig­nungs­mo­dell trifft tat­säch­lich das gekauf­te Auto des Besit­zers, das nun­mehr wie­der ins Eigen­tum des Her­stel­lers über­geht, der für die Ver­wal­tung der Nut­zung Geld ein­nimmt – also dafür, wofür Sie das Auto eigent­lich von ihm gekauft haben: es ste­hen zu las­sen oder damit zu fahren.

Die Blaupause in Zeiten von Negativzinsen und abgeschafftem Bargeld

Wie­wohl die Pri­vat­sub­jek­te über­ra­schend koope­ra­tiv und duld­sam waren (wie oben beschrie­ben): Wür­de ihr Geld sich bei der Anla­ge auf der Bank durch Nega­tiv­zin­sen ver­min­dern, wür­den sie es sehr wahr­schein­lich zumin­dest zu gro­ßen Tei­len von der Bank abhe­ben und irgend­wo depo­nie­ren, wo es sei­nen Wert zumin­dest nicht durch Nega­tiv­zin­sen ver­liert. Ein klei­ne­rer Teil wür­de ver­mut­lich aus­ge­ge­ben, der Rest in Schließ­fä­chern, Tre­so­ren, Kopf­kis­sen­be­zü­gen ein­ge­la­gert. Was schon des­we­gen nicht prak­ti­ka­bel ist, weil es nicht genug Bar­geld gibt, um alle digi­ta­len Bank­ein­la­gen in phy­si­sches Geld zu verwandeln.

Poli­tisch gewünscht ist aller­dings, einen grö­ße­ren Teil der auf Ban­ken ein­ge­la­ger­ten Geld­men­ge in der Form von Trans­ak­tio­nen zu mobi­li­sie­ren. Das Geld, das die Ban­ken nicht mehr in hin­rei­chen­dem Umfang pro­fi­ta­bel inves­tiert bekom­men, soll von den nomi­na­len Eigen­tü­mern in Bewe­gung gesetzt und z.B. für Käu­fe genutzt wer­den. Was nicht nur eine Ver­schö­ne­rung der Wachs­tums­sta­tis­tik zur Fol­ge hät­te – son­dern auch im Wege der Mehr­wert- und Umsatz­steu­er eine Stei­ge­rung staat­li­cher Einnahmen.

Offen­sicht­li­che Vor­aus­set­zung dafür ist – zumin­dest im Rah­men der herr­schen­den neo­li­be­ra­len Wirt­schafts­leh­re – aber, dass die Mög­lich­keit ver­sperrt wird, das Geld ein­fach nur aus dem Ban­ken­sys­tem zu zie­hen und selb­stän­dig als phy­si­sches Geld zu lagern. Dafür ist ein offen­sicht­lich für zuneh­mend attrak­tiv befun­de­ner Weg der­je­ni­ge, die Men­ge des Bar­gelds kon­se­quent zu redu­zie­ren, gro­ße Zah­lun­gen zu ver­bie­ten, Geld­no­ten mit hohem Nenn­wert abzu­schaf­fen. Dadurch sinkt die Wahr­schein­lich­keit, dass gro­ße Geld­be­trä­ge von den Ban­ken abge­zo­gen wer­den: durch Ver­bo­te sinkt die Wahr­schein­lich­keit, dass mit gro­ßen Sum­men Trans­ak­tio­nen getä­tigt wer­den kön­nen, durch Abschaf­fung gro­ßer Bank­no­ten wird es phy­sisch schwie­ri­ger, gro­ße Sum­men zu bewe­gen. Durch Nach­weis­pflich­ten im Umfeld der Geld­wä­sche-Geset­ze wird es zusätz­lich schwie­rig, das Bar­geld in hohen Beträ­gen wie­der ins Ban­ken­sys­tem zurück­zu­brin­gen. Das Digi­tal­sys­tem schließt sich zuneh­mend, bis tat­säch­lich fak­tisch kei­ne Chan­ce mehr besteht, Geld in bemer­kens­wer­tem Umfang phy­sisch aus den Sys­tem zu bekom­men. Der Besitz von Geld ist (mehr oder weni­ger) bei Ban­ken mono­po­li­siert. Das Geld, das Pri­vat­sub­jek­te durch Arbeit oder wie auch sonst immer erwor­ben haben, liegt kom­plett ein­ge­schlos­sen im Ban­ken­sys­tem – inklu­si­ve der Aus­la­ge­rung der Insol­venz­ri­si­ken. Geht die pri­vat­wirt­schaft­li­che Bank plei­te, ist auch die Ein­la­ge der Pri­vat­sub­jek­te ver­schwun­den (Ein­la­gen­si­che­rung hin oder her).

Das Wich­ti­ge dar­an: In einem sol­chen geschlos­se­nen Digi­tal­geld­sys­tem ist den Pri­vat­sub­jek­ten die Ent­schei­dung abhan­den gekom­men, ob sie ihr Geld über­haupt zu einer pri­vat­wirt­schaft­li­chen Bank tra­gen wol­len. Sie sind dazu gezwun­gen – und gezwun­gen, damit Risi­ken ein­zu­ge­hen. Und zwar nicht nur für das ehe­mals „über­schüs­si­ge“ Geld auf den Spar­bü­chern der Spar­kas­sen, son­dern für das Geld, das sie für die Zah­lun­gen benö­ti­gen, mit denen sie ihren Lebens­un­ter­halt bestrei­ten. Sie sind gezwun­gen, Gebüh­ren dafür an Ban­ken zu zah­len, dass sie das Geld bei ihnen „lagern“ (wor­um sie nicht umhin kom­men), dafür, dass sie ihr Geld für eine Zah­lung nut­zen. Und sie bekom­men dafür im Gegen­zug nicht ein­mal mehr Zinsen.

Im Gegen­teil: Die Ban­ken for­dern zuneh­mend die Pri­vat­sub­jek­te auf, selbst ins Risi­ko zu gehen, sich mit Akti­en oder Fonds ein­zu­de­cken deren Schwan­kun­gen oder Total­ver­lus­te zulas­ten des Pri­vat­sub­jekts gehen – wäh­ren die Ban­ken siche­re Ein­nah­men dadurch erzie­len, dass für Kauf und Ver­kauf eben­so wie für die “Lage­rung” die­ser (vir­tu­el­len — also ledig­lich Daten­spei­cher bean­spru­chen­den) Finanz­pro­duk­te wie­der­um Gebüh­ren anfal­len. Selbst Ver­lust­ver­käu­fe der Pri­vat­sub­jek­te füh­ren zu Gebüh­ren bei den Banken.

Die Blau­pau­se scheint sich voll­kom­men ver­kehrt zu haben: Waren ursprüng­lich die Ban­ken die­je­ni­gen, die Risi­ken ein­ge­gan­gen waren, um den Pri­vat­sub­jek­ten qua Zin­sen Ein­nah­men für das Geld zu ver­spre­chen, das sie den Ban­ken als Ein­la­ge zur Ver­fü­gung stell­ten, ist es nun­mehr das Pri­vat­sub­jekt, das mit ris­kan­ten Trans­ak­tio­nen ins Risi­ko geht, um den Ban­ken risi­ko­lo­se Erträ­ge durch Gebüh­ren zu ver­schaf­fen. Und die Pri­vat­sub­jek­te kön­nen im geschlos­se­nen Digi­tal­geld­sys­tem mit (fak­tisch mehr oder min­der) abge­schaff­tem Bar­geld gar nicht anders, als dabei mit zu machen. Die Ein­la­ge­rung des Gel­des, zu dem sie gezwun­gen sind, ver­schafft ihnen selbst Ein­bu­ßen, den Ban­ken Erträ­ge, eben­so die Nut­zung der Zah­lungs­funk­ti­on des Gel­des und ins­be­son­de­re der ver­such, selbst durch Anla­gen Pro­fit zu erzie­len. Ein Spiel, das kei­ner­lei Gewinn­op­ti­on für Pri­vat­sub­jek­te hat.

Die Blaupause im zirkulierenden Negativzinssystem

Im Geschlos­se­nen Digi­tal­geld­sys­tem gibt es kei­ne Chan­ce mehr, das Geld aus dem Ban­ken­sys­tem durch phy­si­sches Geld abzu­zie­hen. Das Geld wan­dert digi­tal von Kon­to zu Kon­to, von Bank zu Bank – ohne das Sys­tem ver­las­sen zu kön­nen. In die­sem Set­ting sind Nega­tiv­zin­sen mög­lich, von denen staat­li­che Stel­len sich wün­schen, dass damit das Trans­ak­ti­ons­vo­lu­men – durch Käu­fe – ange­heizt wer­de. Das heißt: Die Men­schen stel­len fest, dass ihr auf den Ban­ken vor­han­de­nes (Spar- und Giro­geld) jähr­lich einen Wert­ver­lust von meh­re­ren Pro­zent hat. Um die­ses zu ver­hin­dern, geben sie ihr Geld aus, kau­fen etwas. Davon pro­fi­tiert der Staat mit Umsatz- oder Mehr­wert­steu­er. Und es pro­fi­tiert die Bank durch Trans­ak­ti­ons­ge­büh­ren oder Pro­vi­sio­nen. Nun ist die­se Bezah­lung nur unbar, also digi­tal mög­lich. Das Geld wird von einem Kon­to abge­bucht und einem ande­ren gut­ge­schrie­ben. Der Emp­fän­ger ist selbst in der Situa­ti­on, durch auf sei­nem Bank­kon­to lie­gen­des Geld Ver­lus­te zu machen – also wird auch er wie­der ver­su­chen, schnellst­mög­lich etwas zu kau­fen. Steu­er und Gebühren/Provisionen fal­len an. Auch der Emp­fän­ger die­ses Betra­ges ist in der­sel­ben Situa­ti­on: das Geld wird sich also wei­ter bewe­gen, mit zuneh­men­den Erträ­gen für Staat und Ban­ken. Tat­säch­lich wir­ken die Gebüh­ren und Pro­vi­sio­nen für Ban­ken wie eine Steu­er, die von einem pri­vat­wirt­schaft­li­chen Unter­neh­men erho­ben wer­den. Die Bank schaut dabei zu, wie Men­schen auf­grund der Ängs­te vor Zins­ver­lus­ten immer schnel­ler ver­su­chen, ihr Gut­ha­ben durch Käu­fe zu ver­min­dern. Sie tut nichts als zuzu­schau­en. Sie geht kei­ner­lei Risi­ko ein. Sie muss sich nicht um Pri­vat­sub­jek­te küm­mern. Die­se haben kei­ne Chan­ce mehr, aus dem Sys­tem her­aus­zu­kom­men – es sei denn durch so vie­le Käu­fe, dass ihr Gut­ha­ben gegen null geht und ihr Waren­be­stand sie überschwemmt.

Auf 3SAT war kürz­lich in einer Doku­men­ta­ti­on zum The­ma Bar­geld ein Obdach­lo­ser in Schwe­den zu sehen, der sei­ne Obdach­lo­sen­zei­tung bereits mit­tels eines Mini-Kar­ten­ter­mi­nals ver­kauf­te. Das heißt: Der Zah­lungs­ab­wick­ler (die Bank) ver­dient mit und nimmt dem Obdach­lo­sen das Geld aus der Tasche. Eben­so in Schwe­den eine Kir­chen­ge­mein­de mit elek­tro­ni­scher Kol­lek­te: Die Bank ver­dient mit. Der Zah­lungs­emp­fän­ger bekommt etwas weni­ger als den Kauf­be­trag gut­ge­schrie­ben (via Pro­vi­si­on). Tätigt er nun einen elek­tro­ni­schen Kauf, bekommt auch sein Emp­fän­ger etwas weni­ger gut­ge­schrie­ben usw.

Das Gan­ze als Zir­kel dargestellt:

  1. Ein Mensch kauft ein Bröt­chen. Der Bäcker bekommt Geld, die Bank Provision.
  2. Der Bäcker kauft Mehl. Der Händ­ler bekommt Geld, die Bank Provision.
  3. Der Händ­ler kauft viel Mehl bei der Müh­le. Die Müh­le bekommt Geld, die Bank Provision.
  4. Die Müh­le kauft Korn beim Bau­ern. Der Bau­er bekommt Geld, die Bank Provision.
  5. Der Bau­er bezahlt Pacht. Der Ver­päch­ter bekommt Geld, die Bank Provision.
  6. Der Ver­päch­ter geht zum Bäcker und kauft Brötchen.

DIe Bank hat also Zah­lungs­s­dienst­leis­ter bei jeder Trans­ak­ti­on ent­we­der Pro­vi­si­on für die Ein­zel­zah­lung bekom­men oder eine Fltara­te als Kon­to­füh­rungs­ge­bühr. Wenn nun zudem die­ser Pro­zess ein Jahr dau­ert und der Nega­tiv­zins übers Jahr 4% beträgt — streicht sie außer­dem noch die­se 4% ein. Zuglk­eich sinkt der zir­ku­lie­ren­de Betrag durch die Pro­vi­sio­nen jeweils.

Mit allen Steu­ern, Gebüh­ren und Pro­vi­sio­nen nimmt letzt­lich die Men­ge umlau­fen­den Gel­des bei den Pri­vat­sub­jek­ten ab, bei den Ban­ken zu. Und lässt man das Spiel lan­ge genug lau­fen, wer­den die Ban­ken das gesam­te Geld in ihren Besitz gebracht haben.

Der absurde Zirkelschluss

In der alten Blau­pau­se ist es vor­ge­se­hen, dass „Ren­di­te“ zu Geld­ab­flüs­sen aus den Baken füh­ren. In einem geschlos­se­nen Digi­tal­sys­tem ist das nicht mehr mög­lich. Es mag zwar zu einer ande­ren Bank als Ein­la­ge flie­ßen: Der Kre­dit ver­lässt aber das Sys­tem pri­vat­wirt­schaft­li­cher Ban­ken nicht mehr. Es wird unmit­tel­bar zu einem Gut­ha­ben (ent­we­der bei einem Kre­dit­neh­mer oder sei­nem Zah­lungs­emp­fän­ger) und steigt damit in den­sel­ben Aus­ga­ben-Wett­lauf ein.

Da nun im moder­nen Fiat Money-Sys­tem zudem Ban­ken nicht ein­fach nur Ein­la­gen als Kre­dit wei­ter­rei­chen, son­dern die Ein­la­gen nur noch als Sicher­hei­ten für Kre­di­te in viel­fa­cher Höhe wer­den (Frac­tion­al Reser­ve), die von den Kre­dit­in­sti­tu­ten als „Buch­geld“ aus der Luft geschaf­fen wer­den, ist es abseh­bar, wie die­ses Sys­tem sich in sich selbst dreht, über­hitzt und frü­her oder spä­ter selbst zer­stört. Zumal wenn — was kon­se­quent wäre — der nega­ti­ve Ein­la­gen­zins sein Gegen­stück in einem Nega­tiv­zins bei Kre­dit­ge­schäf­ten bekä­me: das heißt ein Kre­dit­neh­mer muss für sei­nen Kre­dit kei­ne Zin­sen an die Bank zah­len, son­dern die Bank zahlt ihm einen jähr­li­chen Bonus für den Kredit …

Alles kein Pro­blem. Das ein­zi­ge Pro­blem: Selbst wenn man die­ses Risi­ko als Pri­vat­sub­jekt sieht – man hat kei­ne Chan­ce, sich davor zu schüt­zen. Denn das Geld im Digi­tal­sys­tem lässt sich nicht aus dem Sys­tem bekom­men. Das nicht zu sehen ist die Gefahr, die daher rührt, dass die alte Blau­pau­se noch als das Stan­dard­mo­dell des Bank­ge­schäfts betrach­tet wird – in wei­ten Tei­len der Öffent­lich­keit und der Poli­tik. Die­se Blau­pau­se ist über­holt. Es ist an der Zeit für eine neue Blau­pau­se, wenn man tat­säch­lich das phy­si­sche Bar­geld gegen Null redu­zie­ren und viel­leicht noch Nega­tiv­zin­sen ein­füh­ren will.

Es geht nicht um Pro­phe­zei­un­gen von Schre­ckens­sze­na­ri­en. Es geht ledig­lich dar­um zu zei­gen, dass bei aller Not­wen­dig­keit von Ban­ken im Wirt­schafts­sys­tem die Ent­wick­lun­gen der letz­ten Jahr­zehn­te zu Ver­schie­bun­gen geführt haben, die sowohl gesell­schaft­lich wie poli­tisch als auch wirt­schaft­lich neue Risi­ken mit sich brin­gen. Und Risi­ko­be­wer­tung und ‑beherr­schung war das ursprüng­li­che Geschäft der Ban­ken, von dem Ein­le­ger durch Zin­sen pro­fi­tie­ren soll­ten. Jetzt wer­den die Pri­vat- und letzt­lich auch die Wirt­schafts­sub­jek­te damit belas­tet, Risi­ken zu kal­ku­lie­ren und ein­zu­ge­hen – und die Bank pro­fi­tiert durch Gebüh­ren und Pro­vi­sio­nen. Das stellt das alte Sys­tem auf den Kopf. Und die Erfah­rung zeigt: Kopf­stand ist kei­ne sta­bi­le Position.

 

P.S. Für Thea­ter­in­ter­es­sier­te: Vor 4 Jah­ren habe ich dar­über das Thea­ter­stück „Schuld und Schein“ geschrie­ben, das seit nun­mehr fast vier Jah­ren in Mün­chen am Metro­pol­thea­ter und auf Gast­spie­len läuft. Den Stück­text kann man sich auf www.schuldundschein.de herunterladen

P.P.S Pri­vat­sub­jek­te müs­sen selbst bei Bar­geld­ab­schaf­fung die Wahl haben, ob sie sich dem Risi­ko der Geschäf­te mit pri­vat­wirtschft­li­chen Ban­ken aus­set­zen wol­len. Ein beschei­de­ner Vor­schlag, wie das gehen könn­te, ist hier als PDF zu fin­den.

P.P.P.S. Ach­so, was natür­lich auch noch gin­ge: Statt Nega­tiv­zin­sen von 4% umständ­lich zu orga­ni­sie­ren könn­te eine vier­pro­zen­ti­ge Ver­mö­gens­steu­er auf hohe Gut­ha­ben ein­ge­führt wer­den, die der Staat unmit­tel­bar ein­nimmt und aus­gibt zum Bei­spiel für ver­nünf­ti­ge sozia­le Absi­che­rung, Ren­ten, Bil­dung usw. Wäre zu ein­fach, oder?

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