Ein Retter muss her. Einer muss es richten — ein Heiland. Irgend einer — kommt er? Sehen wir also. Beim Öffnen des Vorhangs sehen wir Heulen und Zähneknirschen — einerseits. Auf der anderen Seite aber … seht selbst:
Erster Akt: Urheber im Elend. Verleger in der Sinnkrise. Rezipienten rezipieren mehr Werke denn je zuvor. Es wird gelesen, Musik gehört, Filme geschaut, Fotos geguckt wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Paradiesische Zeiten für Rezipienten. Alles kostenlos.
Zweiter Akt: Ein vergessener Fremder taucht auf: Die Verwertungsgesellschaft. Ist das die Rettung? Auf Zugänge zu den Werken eine Gebühr erheben, die dann nach bestimmten Schlüsseln verteilt wird an – die Urheber. Die Verleger jaulen auf. Inzwischen haben sich sogar gigantische Online-Portale gebildet, die sowohl die Sortierfunktion der Verlage („Programm“) vornehmen oder von Rezipienten vornehmen lassen („haben auch gekauft“), als auch die Werbung durch Mundpropaganda erledigen lassen. Die Verleger fallen in Siechtum.
Dritter Akt: Den Verlegern fällt ein, sie könnten die Endgeräte doch einfach so nutzen, wie die alten physikalischen Artefakte. Zwar muss kein neues Buch, keine Platte, kein Video gekauft werden – aber das One-fits-All-Device kann mit seinem Zugriff auf die Inhalte kontrolliert und abgerechnet werden. Die Verleger singen einen Choral auf das iPad. Anrührende Szene. Kniefälle. Tränen der Freude.
Vierter Akt: Hat nicht funktioniert. Es gibt zu viele Wege der sehr einfachen Umgehung. Und nur eine recht schnell aussterbende Gattung von Rezipienten ist überhaupt bereit den Verlagen Geld zu zahlen (anstatt den Urhebern). Die erste Generation der Urheber ist Rat- und Fassunglos. Und sorgt sich um die Zukunft. Die zweite Generation passt sich den neuen Wegen an und ist – chronisch pleite.
Fünfter Akt: Alle kommen zur Beratung zusammen und stellen fest: Es gibt kein Urheberrechtsproblem. Die Urheber werden bei der Verbreitung jederzeit genannt. Ihre Werke werden von mehr Menschen häufiger gelesen, verbreiten sich schneller und einfacher, ohne die Marktzugangskontrolle von Lektoraten u.ä. Sie bekommen für Ideen schneller und breiter Anerkennung, werden schneller und einfacher berühmt denn je. Das ideelle Urheberrecht aber lässt sie kein Brot kaufen. Als Künstler sind sie glücklich – als Menschen aber hungrig. Sie haben ein Einkommensproblem.
Die Verleger sind depressiv: Sie finden keinerlei Weg, überzeugend darzulegen, wozu ihr gesamter Apparat noch nötig ist. Sie haben ein Rechtfertigungsproblem. Die physische Erstellung des Werkes ist überflüssig geworden im digitalen Zeitalter. Die Verbreitung geschieht über Online-Portale, die Bewerbung durch Mundpropaganda und Sharing. Niemand kauft mehr ihre Produkte: Bücher, Platten, Videokassetten. Und deswegen hat niemand den Eindruck, den Verlegern etwas schuldig zu sein – im Gegensatz zu den Urhebern wie Schriftstellern, Komponisten, Musikern, Fotografen, Malern, Filmemachern und Schauspielern.
Rezipienten fühlen sich den Urhebern gegenüber durchaus verpflichtet. Man ist bereit, einen Obolus zu zahlen. Es sei denn, man bekommt die Datei von einem Freund, der sie bezahlt hat. Oder sie ist eh frei im Netz verfügbar.
Ende des dritten Tages. Verlegerdämmerung. Anbruch einer neuen Weltordnung.
Der vierte Tag bricht an