Mai 26th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Zwangsvorstellungen: Bühnenverein will Theater zum UNESCO-Kulturerbe machen — hier die bessere, wirkungsvollere (und ältere) Idee! § permalink
Nachtkritik wusste vorgestern zu vermelden, dass der Deutsche Bühnenverein die deutsche Theaterlandschaft auf die Liste der bedrohten Irgendwasse bei der UNESCO, Theaterintendanten auf die rote Liste der aussterbenden Arten, den Deutschen Bühnenverein auf die UN-Liste der Vereine ohne zahlende Mitglieder setzen und durch Blauhelme schützen lassen, zu Besucherstatistiken auch vorbeifliegende Drohnen rechnen will. Das alles ist im inne des erhalts der deutschen Kultur- und Theaterlandschaft natürlich hoch sinnvoll, der Schritt in die richtige Richtung. Allerdings bleibt es weit hinter dem zurück, was Karl Valentin bereits vor Jahrzehnten vorschlug. Mit dem Titel: Zwangsvorstellungen. Kennt vermutlich jeder. Aber weils doch so schön ist, hier noch einmal:
Karl Valentin: Zwangsvorstellungen
Woher diese leeren Theater? Nur durch das Ausbleiben des Publikums. Schuld daran — nur der Staat. Warum wird kein Theaterzwang eingeführt? Wenn jeder Mensch in das Theater gehen muß, wird die Sache gleich anders. Warum ist der Schulzwang eingeführt? Kein Schüler würde die Schule besuchen, wenn er nicht müßte. Beim Theater, wenn es auch nicht leicht ist, würde sich das unschwer ebenfalls doch vielleicht einführen lassen. Der gute Wille und die Pflicht bringen alles zustande.
Ist das Theater nicht auch Schule, Fragezeichen!
Schon bei den Kindern könnte man beginnen mit dem Theaterzwang. Das Repertoire eines Kindertheaters wäre sicherlich nur auf Märchen aufgebaut, wie “Hänsel und Gretel”, “Der Wolf und die sieben Schneewittchen”.
In der Großstadt sind hundert Schulen, jede Schule hat tausend Kinder pro Tag, das sind hunderttausend Kinder. Diese hunderttausend Kinder » Read the rest of this entry «
Mai 16th, 2013 § § permalink
Die Telekom versteht sich traditionell als Verbinder zwischen zwei Punkten: Erleben, was verbindet — lautet ihr Claim. Das hat sie seit ewigen Zeiten gemacht, da sie Kabel in der Erde vergrub. Sie scherte sich wenig darum, dass es zwei Endpunkte gab und was diese Endpunkte miteinander zu tun hatten. Die Kosten zu tragen hatte, wer den Hörer in die Hand nahm, um jemand anderen anzurufen. Gelegentlich auch die andere Seite. Mit den Inhalten hatte die Telekom nichts zu tun. Sie stellt einen Service bereit, der zwei Punkte zum zweck des Inhaltsaustauschs miteinander verbindet. So einfach, so blind. Telefonstrippenziehertradition mit Telefonstrippenzieherdenke und Telefonstrippenziehergebührenabrechnungsmodell.
Jenseits der Strippenzieherei
Die Telekom berechnet Gebühren für die Nutzer von Internetanschlüssen und behandelt sie wie Telefonanschlüsse: Wir verbinden, dafür bekommen wir Geld. Die Inhalte sind uns egal, dafür muss niemand bezahlen. Warum sollte die Telekom dem Enkel Geld bezahlen, weil er die Oma dazu bringt, ihn besorgt anzurufen, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen? Reicht ja, wenn der Enkel nichts zahlen muss dafür, dass er angerufen wird. Ein Webseite wie den Neffen zu behandeln ist — Telefonstrippenzieherdenke.
Um der Klarheit willen ein anderer Vergleich. Eine Zeitung. Sagen wir also, eine Zeitung sei eine gewisse Menge Papier, die jeden morgen verkauft wird. Der Zeitungsverleger ist ein Papierverkäufer. Der Käufer kauft das Papier. Dass da etwas darauf steht, das interessiert den Zeitungsverkäufer nicht. Obwohl der » Read the rest of this entry «
Mai 14th, 2013 § § permalink
Dass Stadttheater nach dem Muster der Industrieproduktion des 19. Jahrhunderts auch heute noch weitestgehend organisiert sind, hatte ich gelegentlich etwa hier im Blog und auch mit Bezug auf den Stadttheater-Text von Matthias von Hartz auf nachtkritik in meinem Beitrag zur Stadttheater-Debatte auf nachtkritik vorgetragen. Das ist aber nur so sinnvoll, wie man beginnt, sich mit möglichen anderen Strukturen konkret zu befassen. Im Gespräch mit Nadine Portillo von der Schwankhalle kam ich dann dazu, mir konkret vorzunehmen, mich mit moderner Organisationstheorie zu beschäftigen, dem sogenannten “agilen” Prozess, der auch gerne mit dem Stichwort Scrum in Verbindung steht.
Sinn der Auseinandersetzung ist natürlich kein selbstzweckhafter Innovatismus, sondern die Befragung, ob und wie der Einfluss solcher Organisations- und Produktionsmethoden sich im Stadttheater fruchtbar machen ließe. Als Gedankenspiel.
Mit folgenden beiden Büchern leg ich mal los und nehme sie mit in den Urlaub. Mal schauen.
Nachtrag: Sehe gerade erst, dass Christian Henner-Fehr darüber schon vor zwei Jahren Interessantes im Kulturmanagement-Blog geschrieben hat: Hier.
Mai 8th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Konferenz “Theater und Netz” startet jetzt — mit Livestream #theaterundnetz § permalink
Nach fast einem Dreivierteljahr der Vorarbeit mit Esther Slevogt und Christian Rakow von nachtkritik.de, Christian Roemer und seinem Team von der Boell-Stiftung und Milena Mushak von der Bundeszentrale für politische Bildung ist es jetzt so weit: Die Konferenz Theater und Netz startet. Und ist im Live-Stream auf nachtkritik.de zu sehen.
Heute Abend suchen Claus Peymann und Marina Weisband nach Gemeinsamkeiten und Berührungspunkten zwischen Theater- und Netzkultur. Und morgen werden in sechs Panels Gespräche über Netzgesellschaft, partizipative und interaktive Theaterformen, über Theater im Netz, Kritik im Netz und die Kritiker in der Crowd geführt. Ich freue mich darauf, die beiden letztgenannten Panels zu moderieren. Zusätzlich werden in Praxis-Workshops (komplett ausgebucht) Grundlagen-Techniken und ‑Wissen über Social Media Platformen und das Community-Management vermittelt. Das gesamte Programm, eine Übersicht über die Panelteilnehmer und Moderatoren gibts auf der Konferenz-Webseite.
Und man sollte es kaum glauben: Auch bei Konferenzen kann man Lampenfieber haben.