Ruhm und Reichtum – oder: Warum das Urheberrecht an Digitalien scheitert

Februar 2nd, 2012 § Kommentare deaktiviert für Ruhm und Reichtum – oder: Warum das Urheberrecht an Digitalien scheitert § permalink

Debat­ten rund um die Rech­te von Urhe­bern und Ver­wer­tern bewe­gen sich in einem Kreis, aus dem so lan­ge nicht aus­zu­bre­chen ist, wie nicht ver­stan­den wird, dass das tra­di­tio­nel­le Urhe­ber­recht und die sich dar­um anla­gern­den und durch die­ses Recht gere­gel­ten Prak­ti­ken und Öko­no­mien sich fun­da­men­tal ver­än­dern. So hat man sich – um den ver­mut­lich klars­ten und ein­fachs­ten Punkt her­aus­zu­grei­fen – über die Jahr­hun­der­te dar­an gewöhnt, dass Auf­merk­sam­keit sich mehr oder min­der unmit­tel­bar in bare Mün­ze mate­ria­li­siert. Heißt: Die Berühmt­heit eines Urhe­bers – gemes­sen an der Men­ge sei­ner Rezi­pi­en­ten – ist kon­ver­ti­bel in sein Ein­kom­men. Die­ser Zusam­men­hang wird durch die Ver­brei­tungs­mit­tel des Inter­net pro­ble­ma­ti­siert. Zugleich wan­delt sich – und das geht in der Debat­te um das Inter­net ziem­lich unter – eine Nut­zungs­prä­fe­renz und Nut­zungs­ge­wohn­heit derer, die frü­her Wer­ke kauften.

Recht auf Besitz: Die Waren­för­mig­keit des Kunstwerks

Über den größ­ten Teil der Mensch­heits­ge­schich­te hin­weg schuf der Urhe­ber ein (mehr oder min­der) ein­zig­ar­ti­ges „geis­ti­ges“ Werk und mate­ria­li­sier­te es in einer Form, die es zugäng­lich nur für eine rela­tiv (lokal) begrenz­te Grup­pe von Rezi­pi­en­ten mach­te. Soll­te es ver­viel­fäl­tigt wer­den, ähnel­te der Pro­zess der Ver­viel­fäl­ti­gung dem­je­ni­gen der ers­ten Mate­ria­li­sie­rung: Schrift­kunst muss­te abge­schrie­ben, Male­rei nach­ge­malt, Musik nach­ge­spielt wer­den. Zur Mas­sen­wa­re taug­ten die­se Wer­ke nicht.

Erst durch die mecha­ni­sche Ver­viel­fäl­ti­gung – mit ihrem Mei­len­stein des Buch­drucks mit beweg­li­chen Let­tern, aber auch schon zuvor mit litho­gra­phi­schen und ver­gleich­ba­ren „stem­pel­ar­ti­gen“ Tech­ni­ken – eröff­ne­te sich die Mög­lich­keit, Wer­ke zur Ware zu machen. Zugleich ent­stand die Not­wen­dig­keit einer (Verwertungs)-rechtlichen Absi­che­rung gegen ande­re Pro­du­zen­ten, die bil­li­ge­re Exem­pla­re des glei­chen geis­ti­gen Werks auf den Markt wer­fen wollten.

Die Urhe­ber waren dabei nie­mals Markt­teil­neh­mer – sie fun­gier­ten als (und der Anklang von Kaf­fee­boh­nen- und Kar­tof­fel­bau­ern ist durch­aus erwünscht) Roh­stoff­lie­fe­ran­ten, die es den eigent­li­chen Markak­teu­ren – den Ver­wer­tern – erlaub­ten, abzähl­ba­re phy­si­sche Trä­ger­pro­duk­te (Bücher, Zei­tun­gen, Schall­plat­ten, Video­kas­set­ten usw.) mit Inhal­ten zu ver­se­hen, die die eigent­lich » Read the rest of this entry «

Das Urheberrecht und das Problem des unvollständigen Tauschs

Februar 1st, 2012 § 3 comments § permalink

Die Debat­te rund um Urhe­ber­recht, Pira­te­rie und Raub­ko­pie­re­rei setzt zumeist vor­aus, dass es sich bei Digi­ta­li­en wie Datei­en um Waren han­delt, die markt­för­mig gehan­delt wer­den kön­nen. Sie wer­den als Gegen­stän­de betrach­tet, die ver- und gekauft wer­den kön­nen, wobei in die­sem Kauf­pro­zess ein zwei­sei­ti­ger Eigen­tums­über­gang statt­fin­det: Geld gegen Ware. Der Ver­käu­fer über­gibt das Eigen­tums­recht an den Käu­fer, dafür über­eig­net der Käu­fer wie­der­um (ver­ein­facht) einen Geld­be­trag an den Ver­käu­fer. Das wäre der voll­stän­di­ge Kauf­pro­zess. Es han­delt sich beim Kauf um einen Spe­zi­al­fall des Tauschs, da der Käu­fer Geld bie­tet und nicht eine ande­re Ware. Um nicht im Spe­zi­al­fall zu ver­blei­ben soll im Fol­gen­den all­ge­mei­ner von Tausch gespro­chen wer­den, da es zunächst kei­ne Rol­le spielt, womit der Käu­fer bezahlt. Kauf und Tausch sind regel­mä­ßig Vertragsgeschäfte.

Als Kauf­ver­trag bezeich­net man in den Rechts­wis­sen­schaf­ten einen Ver­trag mit dem Ziel des Eigen­tums­wech­sel an einer Sache oder einem Recht, wobei der Eigen­tums­wech­sel ent­gelt­lich erfol­gen soll­te, also eine Gegen­leis­tung, regel­mä­ßig in Form einer Zah­lung erfor­dert. (Quel­le: Wiki­pe­dia)

Tausch ist eine rechts­wirk­sa­me gegen­sei­ti­ge Über­tra­gung von Waren, Dienst­leis­tun­gen und/oder Wer­ten zwi­schen natür­li­chen und/oder juris­ti­schen Per­so­nen. Ein Tausch wird abge­grenzt von der Gabe und von der Schen­kung durch das jeweils ein­sei­ti­ge akti­ve Han­deln aus eige­nen Moti­ven. (Quel­le: Wiki­pe­dia)

Der Ver­kauf von Dateien

Nun liegt beim „Kauf“ einer Datei nicht eigent­lich ein Kauf, beim Tausch kein eigent­li­cher Tausch vor, jeden­falls kein voll­stän­di­ger. Voll­stän­dig­keit setzt dabei den beid­sei­ti­gen Eigen­tums­über­gang vor­aus: Geld (oder Tausch­wa­re) wech­selt vom Käu­fer zum Ver­käu­fer – im Gegen­zug wech­selt die Ware vom Ver­käu­fer zum Käu­fer. Der Käu­fer erhält das Eigen­tums­recht an der gekauf­ten oder ein­ge­tausch­ten Ware, der Ver­käu­fer erhält das Eigen­tums­recht am Kauf­be­trag oder der Tausch­wa­re. Der Käu­fer kann also nicht etwa nach voll­zo­ge­nem Kauf zum Ver­käu­fer gehen und ihn in der Ver­wen­dung des Kauf­be­tra­ges ein­schrän­ken. Der Ver­käu­fer kann mit dem Geld machen, wozu ihm beliebt. Es behal­ten, aus­ge­ben, aufs Kon­to legen und Zin­sen damit gewin­nen oder es ver­schen­ken. Im Gegen­zug kann der Käu­fer mit der Ware machen was er will – sofern er bei Gegen­stän­den, die dem Urhe­ber­recht unter­lie­gen, eini­gen Ein­schrän­kun­gen hin­sicht­lich der Mani­pu­la­ti­on des geis­ti­gen Gehalts der Ware unterliegt.

Der unvoll­stän­di­ge Tausch

Nach dem Kauf eines Buches kann der Käu­fer es lesen, es in den Bücher­schrank stel­len, es ver­schen­ken, wie­der ver­kau­fen oder weg­schmei­ßen. Er hat das Eigen­tums­recht dar­an. Der Ver­käu­fer hin­ge­gen, der die Ware gegen Geld oder eine Tausch­wa­re ver­kauft oder ein­ge­tauscht hat, besitzt hin­ge­gen das ver­kauf­te Exem­plar der Ware nicht mehr. Das trifft für Datei­en nicht zu. Viel­mehr geht der Kauf­be­trag zwar an den Ver­käu­fer über – der Ver­käu­fer bleibt aber im Besitz der Datei. Auch nach ihrem Down­load. Das ist ein unvoll­stän­di­ger Ver­kauf oder Tausch. Die Datei geht zugleich in den Besitz des Käu­fers über, wie sie im Besitz des Ver­käu­fers ver­bleibt. Das führt zu einer Para­do­xie. » Read the rest of this entry «

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