Auf Bloomberg ist hier ein sehr kluger Text von Matt Levine zu lesen, der erklärt, warum Gewinn- und Verlustberichte von Banken Unfug sind, warum sich nicht einmal angeben lässt, ob eine Bank in einem Quartal (oder letztlich in einem beliebig längeren oder kürzeren Zeitraum) Gewinn oder Verlust gemacht hat:
„It is not possible for a human to know whether Bank of America made money or lost money last quarter. (…) This is true of every bank, every quarter, to a greater or lesser degree,“.
Otto Normalverbraucher, Otto Qualitätsjournalist und Otto Wirtschaftsuniabsolvent stellen sich Banken als Wertinstitute vor, deren Eigentum eben irgendwie einen Wert haben müsse. Als wäre also Wert etwas, das den Eigentumsbeständen anhinge. So als rechne man beispielweise die Anschaffungspreise des privaten Besitztums zusammen und habe dann so etwas wie eine private Besitzbilanz. Nun ist es schon hier nicht ganz einfach, weil der aktuelle Besitz sich nicht nach dem Anschaffungswert bewerten lässt, sondern nach dem Zeitwert. Also etwa danach, was es kosten würde, das Eigentum (im Falle eines Verlustes) in aktueller Qualität und Abnutzung wieder zu erwerben. Und das wiederum nicht mit Eigenwerten der Gegenstände sondern nach den Preisen, zu denen ein Verkäufer sich von den Gegenständen trennen würde. Was Bewertung voraussetzt. Das ist nicht einfach. Bei Banken wird es noch schwerer, weil es immer nur Bewertungen gibt.
Um es den besagten drei Ottos etwas leichter zu machen, eine Analogie:
> Was wäre ein Kubikmeter Luft wert?
Vermutlich nichts oder relativ wenig. Dieser Kubikmeter Luft ist eine Bank ohne Geschäft. Die Hülle. Ihr Wert ist lediglich der Plexiglaskubus, in dem die Luft gefangen ist.
> Was ist der Kubikmeter Luft wert, wenn jemand hinein gepupst hat?
Noch immer relativ wenig.
> Was ist der Kubikmeter Luft wert wenn hunderte oder tausende hineingepupst haben?
Hm.
>Und wenn sich ein Pups des Dalai Lama darunter befindet?
Es wird interessanter.
> Pupse von Miley Cyrus, Elvis Presley, Kaiser Wilhelm?
Der Wert steigt in dem Maße, wie sich Interessenten für Promipupse finden.
> Ein Pups des Apostel Paulus? Von Jesus?
Der Wert steigt höher und höher. Auch wenn die Gefahr besteht, dass sich im Pupsgemisch der Pups des Heilands nicht lupenrein separieren ließe. Man weiß: Er ist in diesem Kubikmeter. Es gibt Interessenten. Und das heißt: Das Gesamtgemisch hat irgendeinen Wert. Der aber uninteressant ist. Denn interessant ist einzig die Frage: Welchen Gewinn oder Verlust hat der Pupskubikmeter ein Quartal später erwirtschaftet, d.h. wie hat sich die Gesamtbewertumng des Pupskubikmeters verändert?
Mit den Worten von Matt Levine (wieder über Banken, nicht über Pupskubikmeter):
A bank’s earnings are a quantum event; they are entirely probabilistic, and the answer you get depends on who’s doing the observing. You make some guesses with some degree of statistical likelihood, and then you apply one of a half-dozen accounting regimes to the guesses, and you get a number, and then you’re like, ooh, look at this number, it’s so numeric.
But it’s not a thing in the world. It’s just the output of applying your rules to your inputs. But your inputs are fictions, and your rules are fictions, so it’s very silly indeed to treat your output as a fact. (Hervorhebung von mir)
Aber wir können ja beruhigt sein, denn in den nächsten Tagen wird uns ja verkündet werden, wie sich Bank-Pupskubikmeter unter Stress verhalten. Höchst anrüchige Geschäfte.