Aus den Postings der vergangenen Tage dürfte hervorgegangen sein, dass die Geschäftsmodelle traditioneller Unternehmen akut bedroht sind. Sei es die aufgehobene Knappheit digitaler bzw. digitalisierbarer Güter oder die nicht mehr (weltweit) lokale, niederlassungsgebundene Vertriebsorgansiation durch eCommerce und virtuelle Shops, die Ladenlokale überflüssig machen — bis hinein in die Vorlagenerstellung realer Güter durch den Kunden in Digitalien — weite Felder des herkömmlichen Wirtschaftens werden von der Welle des hier vor einiger Zeit als Digitalen Tsunami (hier) bezeichneten Veränderungsprozesses erfasst werden. Dabei werden Arbeitsplätze in gewaltigem Ausmaß wegfallen — Rifkin spricht daher vom “Ende der Arbeit”.
All das greift zu kurz, beschäftigt man sich mit der Digitalökonomie, ohne sie sofort aus nationalökonomischer oder globalökonomischer Perspektive zu verkürzen und nur das “nicht mehr” zu betrachten. In der Digitalökonomie fällt weitgehend auch die Knappheit der Produktions- und Distributionsmittel weg. Verlassen wir für einen Augenblick den etwa von Marx fokussierten Bereich der Industrieproduktion, die durch Robotik und Automatisierung sowieso schon weitestgehend auf menschliche Arbeit verzichten könnte. Dann ist die von Marx einst als Utopie entworfene freie Assoziation der arbeitenden Individuen so nah, dass Sozialismus und Kapitalismus kaum mehr trennscharf zu separieren wären:
In der wirklichen Gemeinschaft erlangen die Individuen in und durch ihre Assoziation zugleich ihre Freiheit.
Wen die Produktionsmittel nicht mehr in der Hand weniger, kapitalstarker Eigner(gemeinschaften) liegt, sondern jeder Einzelne sich in den Besitz dieser Produktionsmittel bringen kann — dann ist weder das alte Kapitalisten-Modell, noch das alte Arbeitgebermodell noch gültig. An die Stelle des Unternehmens tritt das assoziative Netzwerk. Kooperationen “Freier” miteinander, projektförmig (Boltanski/Chiapello) und nanoökonomisch (um einen Unterschied zur Mikro-Ökonomie der Unternehmensbetrachtung zu machen). Vielleicht tendiert diese Betrachtung dazu, als etwas phantastisch utopisch angesehen zu werden — aber das fehlende Glied daran ist, dass die Entlohnungsfrage nicht geklärt ist. Das ist das einzige Problem. Es gibt sicher nicht zu wenig zu tun — es gibt lediglich ein Verteilungsproblem des Geldes. Daran kann das bedingungslose Grundeinkommen etwas ändern. Es wäre in jedem Falle ein wichtiges Forschungsfeld der Digitalökonomie, diese realweltliche Basierung zu betarchten. Denn damit würden Produktivkräfte freigesetzt, die nicht nur die überkommene Unternehmensstrukturen weitestgehend wegfegen würde — sondern die freie Assoziatione zulässt. Das wäre sicher keine reine Utopie, weil jeder damit zum Unternehmer sein selbst sein müsste — bis die Netzwerke sich so ausdifferenziert haben, dass sich “funktionell ausdifferenzierte” Netzwerke errichtet haben, die nicht Gleiche mit Gleiche vernetzen, sondern diejenigen, die etwas können mit solchen, die anderen können — und sich gegenseitig ergänzten.Was sich als Arbeitslosigkiet heute im Zeichen des krisenhaften Lebensgeschehens darstellt, wäre dann der Schritt in eine Form von Freiheit gegenüber überholten kapitalistischen Strukturen.