Was passiert in der sogenannten Finanzkrise? Die Banken haben … Nee, falsch. Einige wildgewordene Bankenmanager haben, weil sie so sehr um ihr Boni besorgt waren, Spekulationen betrieben, die zuerst ihre eigenen, dann die systemrelevanten, dann alle Banken ins Wanken brachten (sollte man die Banken also umbenennen in Wanken? Oder nur Bad Banks als Wanken übersetzen? Banken und Wanken?), schließlich die gesamten Staatsfinanzen und Haushalte an den Rande des Abgrundes (wo und wie tief ist der eigentlich) schoben – nur um irgendwas durch Bürgschaften zu retten. Uff. Blödsinn.
Seit Mitte der Achtziger halten Computer Einzug in die Arbeitswelt, seit Ende der 90er das Internet. Die Produktivität explodiert, Vertriebswege werden weggewischt, die gesamte Wirtschaft wird von einer digitalen Mörderwelle erfasst. 25 Jahre sind die ersten Beben her. Damals stritt man um die berühmte „Rationalisierung“ und ob sie Arbeitsplätze kosten würde. Man war sich öffentlich sicher: nein, denn durch Rationalisierung werden mehr Produkte günstiger verkauft. Das war Unfug. Ist Unfug. Die Wirtschaft kam nur nicht schnell genug hinterher, die Strukturen anzupassen. Es werden einfach weniger Mitarbeiter gebraucht. Viel weniger. Und ganze Industrien fallen weg. Rifkins “Ende der Arbeit” schilderte vielerlei davon schon in seinem neuen Vorwort. Einiges, was mir auf die Schnelle dazu einfällt:
- Email ersetzt Post – die Postfilialen schließen bis 2011 komplett
- Breitband und Internet-Telefonie reißen die Telekom in den Abgrund.
- iTunes ersetzt CD ersetzt MusiCassette, ersetzt Schallplattenläden und Versender
- Video on Demand ersetzt DVD, VHS, Videotheken UND Fernsehen
- Internetnews ersetzen Zeitungen
- Online Banking ersetzt Bankfilialen
- Kauf- und Versandhäuser (Woolworth, Hertie, Karstadt, Quelle) werden verschlungen während Amazon Rekordzahlen meldet
- Druckereien und Druckmaschinenhersteller brechen zusammen
- Zeitungen fusionieren, werden ausgehölt, Redaktionen ausgedünnt – Online-Portale wachsen
Nur wächst die Nachfrage nicht gleichmäßig mit. Nicht einmal annähernd. Und die traditionelle Reaktion, durch neue Produkte mehr Kaufrausch zu wecken, funktioniert auch nicht mehr in einer Zeit, in der über allem und jedem die Parole „Spare!“ steht. Spare Benzin, Sparte Kalorien, Spare für die Rente, Spare CO2, Spare Strom, Spare Heizkosten, Spare Mitarbeiterkosten, Spare Gesundheitskosten, Spare an den öffentlichen Haushalten. Spare! Wer soll da seinen Konsum ausweiten? Eine Abwärtsspirale, die zu mehr Arbeitslosigkeit führt, was einerseits die Zahl der kaufkräftigen Kunden reduziert, zugleich die Staats- und Sozialausgaben (und damit Steuern und Abgaben) steigen lässt – was wiederum die Spirale beschleunigt. Denn in einem Verdrängungswettbewerb werden die Preise weiter sinken. Was Mitarbeiter oder Lohn kostet (über 6 Millionen arbeiten bereits im Niedriglohnsektor in Deutschland!). Und so weiter und so weiter.
Dabei ist das Netz eigentlich ein Segen – den mit einem Bruchteil meines Geldes kann ich jetzt erstehen, was früher mehrfache Preise kostete. Nur – auch ich koste demnächst nur noch einen Bruchteil. Und muss davon noch … genau: Sparen. Durchsacken heißt – die Lebensstandrads sacken gerade nach unten. Vergessen wir die vernachlässigbaren Superreichen. Der Rest sackt weg. Die Mittelschicht sackt nach unten. Die Oberschicht wird im nächsten Schritt sogar stürzen.
Wir sind in einer Form von Deflation und Rezession, die vermutlich kein Wissenschaftler noch durchdrungen hat. Eine Deflation, die durch den digitalen Tsunami ausgelöst wurde und wird. Und wohl nicht zu stoppen ist. Jedenfalls nicht, ohne wirtschaftliche Grundfragen zu stellen.
P.S.: Von Nicolas Carr ein ganz bedenkenswerter Artikel in der Zeit. Trotzdem: kein Grund zur Panik.