Postdramatiker ist ein Blog, das es mit Theater ernster meint als mit der Wahrehit (wo nötig). Postdramatiker fordert: die Auseinandersetzung. Elengchos und Polemos. Streit, wo Streit nötig ist, weil im unbedachten Wort des Streites gelegentlich Ungedachtes hervorbricht, das in der bedenklichen Situation bedenkenswert oder schon denkbar ist. Postdramatiker fordert nicht nur die Auseinandersetzung mit und den Streit um die Beiträge hier. Postdramatiker fordert insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Bestehenden. Sei es Theater oder Gesellschaft. Die bedingungslose Affirmation und ornamentale Umspielung des Bestehenden mag solange gerechtfertigt sein, wie das bejahte Bestehende bestehen bleibt. Nun zeigt sich aber, dass das Bestehende nicht nur keinen Bestand hat, sondern sich ändert. Und so affirmiert die Affirmation des Bestehenden in der Wiederholung eben nicht das Bestehende sondern das schon verlorene und wird traditionalistisch, rückständig, veraltet. Also muss das Bestehende darauf befragt werden, ob es noch Bestand hat, haben kann und soll. Die Welt„ auf die sich das bestehende Theater bezieht, existiert nicht mehr. Da nun aber jederzeit eine Gruppe fordern wird, das Bestehende bestehen zu lassen (wiewohl es schon nicht mehr bestand haben mag), eine andere (vielleicht noch nicht in Theatern eingewanderte) Gruppe fordert, das Bestehende möge Neues entstehen und dem Entstehen Platz geben lassen, ist um das Bestehende eine Auseinandersetzung zu führen. Wenn nicht ein Streit. Postdramatiker fordert diesen Streit. Ende der Friedenspflicht. Anfang der Auseinandersetzung.
Postdramatiker heißt auch: Überleben in Geröllfeldern, an Textwänden, an denkfirn- und traditionspatinabedeckten Hängen. Heißt: Ausrutscher, Abstürze als Programm. Heißt: alles außer ausgetretene Pfade. Heißt: den Ort finden, wo die Linien zusammenlaufen. Den höchsten Aussichtspunkt. Ohne künstlichen Süß- oder Sauerstoff. Kein Expeditions- sondern reiner Alpinstil. Heißt: Linearstil durchbrechen, theatrale Raumordnung zum letzten Mal aufheben. Heißt verstehen, dass der Gedanke des Netzes vermutlich die Ordnung der Geschichte ablöst, ablösen wird oder bereits abgelöst hat. Postdramatiker heißt: nicht Geschichte schreiben sondern Netze. Im Übrigen ist Postdramatiker keine natürliche, sondern eine künstliche Person.