Eine kleine Spekulation, die zeigt, wie jetzt das Politschach beginnen wird, das über die nächsten Bundesregierung entscheiden kann (und wird). Es geht dabei zunächst um folgende Namen: Walter Steinmeier, Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Joschka Fischer. Und natürlich die Kanzlerin.
Die Steinmeier-Eröffnung
Es könnte sogar aus Gabriel-Kreisen lanciert werden: der Vorschlag, den ehemaligen Außenminister Steinmeier ins Rennen um den die Bundespräsidentschaft zu schicken. Das wird auf jeden Fall für Diskussionen sorgen und hätte mindestens zwei mögliche Folgen. Erstens könnte die Debatte ohne nachfolgende Nominierung Steinmeier als “erfolglosen Fastkandidaten” öffentlich so beschädigen, dass er für eine anschließende Kanzlerkandidatur unmöglich, die Kanzlerkandidatur nur als “zweite Wahl” oder “letzte Chance” wirkt. Die andere Variante: Er kandidiert und wird wirklich Bundespräsident. Dann wäre er ebenfalls als Kanzlerkandidat nicht verfügbar.
Das Interesse von Angela Merkel könnte in beiden Fällen liegen: Einerseits einen einigermaßen populären potenziellen Kanzlerkonkurrenten von der Bewerberliste zu streichen; andererseits könnte sie mit Steinmeier als Bundespräsident wohl auch ganz gut leben. Ihr Nachteil: Es wäre klar, dass nach der nächsten Wahl eine große Koalition kommt. Der Vorteil: Da die SPD das Bundespräsidentenamt besetzt, würde Merkel Kanzlerin bleiben. Schach durch die Dame.
Der Steinbrückenspringerzug
Wenn Steinmeir nicht schnell genug genannt wird oder sehr schnell absagt, wird Steinbrück als nächster potenzieller Kandidat im Raum stehen. Da seine Kanzlerkandidatur vermutlich eher unwahrscheinlich ist, wird er Bedenkzeit brauchen, die ihn in die Diskussion bringt, aus der er nicht als Kanidat hervorgehen wird — dafür polarisiert er zu sehr. Aber bereits seine öffentliche Ablehnung als Präsidentschaftskandidat wird ihn schwer genug beschädigen, dass er weder als Kanzlerkandidat antreten kann noch eine tragende Rolle im Bundestagswahlkampf spielen wird. Gabriel wäre frühzeitig einen Unsicherheitsfaktor los. Die Kanzlerin hat hinreichend Verwirrung gestiftet, indem sie Steinbrück eine Zeit lang neutral oder interessiert als Präsidentschaftskadidaten gehandelt hat, dass die SPD geschwächt in den Wahlkampf zieht.
Die Fischer-Variante
Noch spricht keiner von ihm — aber Joschka Fischer kann auch ins Gespräch kommen. Das würde der Dame Merkel ein zentrales Feld auf dem Brett sichern, von dem aus sie in alle Richtungen schlagen kann: Fischer wird (sofern er nicht umgehend dementiert) als aussichtsreicher und möglicherweise populärer Kandidat gelten dürfen. Die Kanzlerin kann damit Geneigtheit gegenüber den Grünen signalisieren — und damit eine Drohkulisse für eine mögliche schwarz-grüne Koalition nach der Wahl gegenüber der SPD aufbauen. Ein von der CDU mitgewählter grüner Bundespräsident? Dass ein Grüner durchaus an der Reihe wäre, könnte argumentiert werden. Zugleich wird sie damit aber natürlich für Irritation in der grünen Wählerschaft sorgen, die dann nicht zur SPD (weil ebenfalls mölicher großer Koalitionspartner) sondern zur Linken führt. Die Dame gewinnt wieder.
Die Gabriel-Stellung
Noch sieht es so aus, als habe die Kanzlerin eine Schlappe durch den Wulff-Rücktritt erlitten — wer ihr bei den nächsten Zügen nicht genau auf die Finger schaut, wird sich relativ schnell am Rande ds Bretts finden. Das könnte Sigmar Gabriel sein. Will er das verhindern, kann er die Steinmeier/Steinbrück-Varianten nicht mitspielen (so verlockend sie kurzfristig scheinen). Einen CDU-Kandidaten (z.B. Töpfer) zu stützen, wird auch nicht gehen, einen dritten CDU-Präsidenten in Folge kann keiner durchgehen lassen. Trotzdem muss ein Kandidat aus dem Hut gezaubert werden, der (oder noch besser: die) die eigene Stellung nicht beschädigt. Ich bin enorm gespannt darauf, wer das sein wird. Schwanz und Gauck sind keine Alternativen.
Jedenfalls glaube ich, dass über die Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung durch die Wahl des Bundespräsidenten entschieden werden wird. Die Figuren stehen auf dem Brett — sie sind nur noch nicht alle sichtbar.
[…] hier ist ein hübsches Szenarienspielchen. Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Ansichtssache von cwoehrl. Permanenter Link des […]