Das Blog gibt einen wunderbaren Rahmen ab, um Halbgedachtes zur Diskussion zu stellen, umzudenken, neu zu denken, umzuschreiben und anders zu formulieren. Daraus mögen vielleicht ein paar abschließende Gedanken entstehen, die sich zu Thesen zusammenfassen lassen. Nicht für Kirchentüren. Fürs Nachdenken: To be continued.
Das Kommentieren im Blog muss dagegen — der Premierenkritik gleich, die auch über alle der Kritik zeitlich nachfolgenden Aufführungen gültig bleiben will — jederzeit darauf insistieren, dass das Posting ein Dokument ist und bleibt, sodaß auch nach Veröffentlichung des Kommentars das Kommentierte sich noch so verhält, wie es vor dem Verfassen des Kommentares sich darstellte. Es behandelt das Unfertige als Vorliegend. Es behandelt die Pause als Ende des Prozesses. Als wäre auch der Kommentator unter jedem Artikel und in jedem Kommentar derselbe, wenn er unter dem selben Namen auftritt, immer ein anderer, wenn verschiedene Namen aufträten.
Somit ist es, als (nicht mehr so ganz) zeitgemässe Gestalt des Ewig-Gestrigen (worin sich jenes ‑sich erhaltend- verwandelt), hyper-dokumentarisch. Not yet “post-”?
Der obige Kommentar zum “Kommentieren im Blog” weist von sich, daß jenes, was er für seinen Gegenstand behauptet auch für ihn selbst gelten könnte?
DIESER Kommentar jedenfalls möchte alle Anschuldigungen seinerseits von sich weisen: er versteht sich ebenfalls als unfertig und nicht abschlußhaft.
Was nun?
Läge da der Schluß nicht nahe, die Kommentarfunktion einfach zu deaktivieren?
Im Gegenteil. Ziel des Blog ist, gemeinsam die Dinge möglichst in Bewegung zu halten. Gemeinsam. Dabei die Veränderlichkeit als Kraft dieses Mediums zu nutzen. Glücklicherweise ist niemand hier gezwungen, an einem Dokument zu arbeiten. An einem Buch, einer Urkunde, einem Statement, einer Rede. Halten wir die Dinge im Fluß.
Vorderhand sehe ich die Blogs als Perversion der e‑Listen, die darin besteht, dass proprietäre Verhältnisse re-aktiviert werden. Es gibt wieder Autoren und Publikum und das Publikum darf sogar etwas dazu sagen (Klassischer Vortrag mit Fragen).
Rolf: Gegenüber einem Autor hat der Blogschreiber die zusätzliche Machbefugnis eines Verlegers: Entscheiden zu können, was an Kommentaren und Kritiken veröffentlicht wird und was lieber unterdrückt und zurückgehalten werden soll.