Die Nutzerzahlen von Facebook werden seit einiger Zeit schon gerne in Relation zu staatlichen Populationen gesetzt. Wäre Facebook ein Land — wäre es inzwischen das drittgrößte nach China und Indien mit seinen 500 Millionen (!) “Einwohnern”. Das ist insofern spannend als dieser Staat ein postnationales Gebilde, ein Netzwerkstaat wäre. Anstelle von Personalausweis und Landeszugangsrecht tritt Login und Nutzungsrecht/Mitgliedschaftsrecht. Deswegen liegt ebenfalls (neben dem beabsichtigten Thema Leistungsschutzrecht) auf meinem Desktop seit Wochen der Plan, Google, Facebook und Apple darzustellen und in ihrer ganzen Dimension zu verstehen bzw. das Verstandene zu posten.
Da gerät mir etwas in die Quere, was ich eigentlich als prophetischen Clou meines Facebooks-Textes anbringen wollte. Ich war mir sicher, dass Facebook nach dem Roll-Out des “Gefällt mir” Buttons für alle Webseiten (wie dieses Blog hier) im nächsten Schritt einen ähnlichen Button zum Bezahlen anbieten wird. Basierend auf einer eigenen “Währung”, die supranational gültig sein wird (wie einst der ECU?). Die frei in jede Landwährung convertibel ist (bzw. zu von Facebook festgelegten Kursen). Und die als Mischung aus aufladbarer Kreditkarte, virtueller Währung und Spielmünzen/Coins funktioniert. Soweit die Prophetie. Und nun diese Meldung von newmediaage (hier):
Facebook virtual currency to roll out in September
Facebook is aiming for a full launch of its virtual currency Facebook Credits in September, a move that could lead to it becoming the default online currency, rivalling leaders such as PayPal. Facebook Credits is in a beta trial, but sources said the social network is aiming to roll it out to all users and developers in September. Initially, Credits will be aimed at virtual goods likes games, but will eventually let consumers buy anything, including physical goods.Industry experts said it could provide big opportunities for brands to offer transactional services on Facebook and throughout the entire web via Facebook Connect. Credits accounts are topped up with any credit card, and charge a merchant 30% commission.
Während im Artikel nur die Konsequenzen für Rivalen wie PayPal oder Amazon beschrieben sind, scheinen mir die Konsequenzen für das zukünftige Währungs- und Staatswesen viel gravierender. Denn eine neue Währung mit 500 Millionen “Kunden” stellt einen bedeutenden politischen Akteur da. Denn letztlich entscheiden die Umrechnungspreise (heißt: der Gegenwert für Credits) über den Währungswert mit. Wenn Facebook sich per Connect und Open Graph auf das gesamte oder einen Großteil des Web ausbreitet, Zeitungen, Kleinigkeiten und Großigkeiten per Credits bezahlt werden können, macht es für Bürger Sinn, ihre Credits zu möglichst günstigen Konditionen zu bekommen. Es wird (bei 10 Millionen Facebook-Nutzern allein in D) vielleicht interessant, sich von der Hausbank die Euro in Jamaikanische oder Haitianische Währung umntauschen zu lassen, um Credits zu einem besseren Kurs zu kaufen. Ich sehe vielerlei Möglichkeiten für Spekulationen. Und ich sehe Politiker sich mit Facebook auseinandersetzen, weil ihre eigene Währung von Facebook zu schlecht bewertet wird … Von der “Anbieterseite” noch ganz zu schweigen. Der Facebook-Staat ist ein Kaufhaus. Aber ein Staatskaufhaus … Vielleicht. Spannend.
Hier eines der Videos über Facebook als Staat:
Social Media Revolution 2 (Refresh) from Erik Qualman on Vimeo.
Liest ein Volkswirt mit und hat dazu eine Meinung?