Warum es für die Theater um Leben und Tod geht

Mai 17th, 2011 § 1 comment § permalink

Die letz­ten Jah­re haben ver­schie­de­ne Wirt­schafts­zwei­ge enorm durch­ge­schüt­telt. Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men mit ver­al­te­ten Geschäfts­mo­del­len sind an den Abgrund getau­melt oder abge­stürzt. Wir befin­den uns in einer Zeit rasan­ten Wan­dels. Dies vor­weg zu bemer­ken soll nicht dahin füh­ren, Thea­ter als Wirt­schafts­un­ter­neh­men zu bestim­men. Es soll ledig­lich die Umbruch­si­tua­ti­on bestim­men, in der es Thea­ter zu betrach­ten gilt.

Letz­tens hat­te ich – etwas übel­lau­nig – Thea­tern das Enden des inne­ren Siech­tums durch finan­zi­el­le Aus­trock­nung oder insti­tu­tio­nel­le Schlie­ßung an die Wand mene­te­kelt. Län­ge­res und inten­si­ve­res Nach­den­ken füh­ren nun dazu, die­ser düs­te­ren Visi­on zuneh­mend mehr Ein­tritts­wahr­schein­lich­keit zu attes­tie­ren. Auch wenn der Rou­ti­ne­be­trieb in den bestehen­den Häu­sern dazu ver­lei­tet, das eige­ne Wei­ter­exis­tie­ren als beque­me Selbst­ver­ständ­lich­keit anzu­se­hen: es ist dem nicht so. Aus dem Bestand lässt sich der Fort­be­stand weder fol­gern noch for­dern. Das hat meh­re­re Grün­de, die offen­sicht­lich den Thea­ter­schaf­fen­den nicht wirk­lich klar gewor­den sind. Sie wer­den erst voll­ends sicht­bar, wenn das Bestehen­de vor der Folie sei­nes Her­kom­mens betrach­tet und also in eine „his­to­ri­sche“ Erzäh­lung ein­ge­ord­net wird – ohne dass damit aller­dings Anspruch auf „die“ Geschich­te „des“ Thea­ters erho­ben würde.

Tat­säch­lich ist die deut­sche (Stadt-)Theaterlandschaft kei­ne in his­to­ri­schen Dimen­sio­nen lang exis­tie­ren­de. Jen­seits der Le Roi s’amuse Hof­thea­ter in ita­lie­ni­scher Tra­di­ti­on ent­stan­den die deut­schen Stadt­thea­ter seit dem aus­ge­hen­den 18. Und beson­ders im 19. Jahr­hun­dert als Insti­tu­tio­nen einer erstar­ken­den und immer zah­lungs­kräf­ti­ger wer­den­den Bür­ger­lich­keit, die sich Abend­un­ter­hal­tung wünsch­te. Das heißt zwei­er­lei: Thea­ter ist mit einer Form von Bür­ger­lich­keit und mit dem Inter­es­se an Abend­un­ter­hal­tung ver­bun­den. Die Thea­ter­däm­me­rung der Gegen­wart nun hat mit bei­dem zu tun. Und mit einem Dritten.

 

Das Ende des Unterhaltungstheaters

Als Thea­ter als bür­ger­li­che Abend­un­ter­hal­tung sei­nen Sie­ges­zug im 19. Jahr­hun­dert antrat, erfüllt es einen bestimm­ten Zweck: Das Stadt-Bür­ger­tum, zu Geld gekom­men, woll­te nach (sonntag)nachmittäglichem Lust­wan­deln sich auch abend­li­cher Kurz­weil hin­ge­ben. Kauf­leu­te, Beam­te, Ange­stell­te, Ärz­te, Anwäl­te und Nota­re, Grund­be­sit­zer, mitt­le­re und gro­ße Unter­neh­mer ver­lang­ten nach Mög­lich­kei­ten, das mehr oder min­der hart erar­bei­te­te Ein­kom­men in Ver­gnü­gen umzu­mün­zen. Schau­spiel, Oper, Ope­ret­te – nicht ganz frei vom Ruch des Unschick­li­chen und für unver­hei­ra­te­te Frau­en nicht Geeig­ne­ten – lock­ten das Eta­blis­se­ment an wie Mot­ten das Licht. Wenn man was erle­ben woll­te, muss­te man ins Theat­re gehen. Eine nahe­zu mono­po­lis­ti­sche Posi­ti­on in Sachen Abend­an­ge­bot, für das es nun Geld, Zeit und Inter­es­se gab.

Heu­te ist das Mono­pol gefal­len. Der Kino­film ist zum all­ge­mein akzep­tier­ten Kunst­werk gewor­den, ins Kino zu gehen ist eine kul­tu­rell akzep­tier­te Abend­tä­tig­keit, die nicht nur finan­zi­ell güns­ti­ger zu haben ist, son­dern die zudem einer Indus­trie­men­ta­li­tät näher kommt, die sich nicht auf die Über­ra­schung des Pro­dukt­kaufs auf dem Bau­ern­markt ein­lässt, son­dern indus­tri­ell pro­du­zier­te Mas­sen­wa­re wegen ihrer Garan­tier des iden­ti­schen Geschmacks kauft. Ein Film kann nicht schief gehen. Ein Film in Mün­chen ist der­sel­be wie in Ham­burg. Der Film, den der Kri­ti­ker vor drei Wochen sah der­sel­be wie heu­te. Und John » Read the rest of this entry «

Appell und Verantwortung. Oder: Sind Surfer Subjekte?

April 11th, 2011 § 7 comments § permalink

Im Zeit­al­ter des Net­zes wird die Fra­ge nach dem Sub­jekt neu gestellt. Sie muss neu gestellt wer­den, da die tra­di­tio­nel­len Bestim­mun­gen von Sub­jek­ti­vi­tät nicht mehr hin­rei­chend zu sein schei­nen, um den poly­morph per­ver­sen Sur­fer oder User zu fas­sen. Gemes­sen am Begriff des Sub­jekts ist der Sur­fer eine viel­ge­stal­tig gal­lert­ar­ti­ge Mas­se an Kom­mu­ni­ka­ti­on, die sich bald hier­hin, bald dort­hin ver­brei­tet, kle­ben bleibt und selbst zu einem Netz im Gesamt­netz gerinnt, bestehend aus den hin­ter­las­se­nen Spu­ren. Ob dahin­ter eine Iden­ti­tät, Kon­stanz, Auto­no­mie liegt? Ob über­haupt ein ein­heit­li­cher Flucht­punkt hin­ter die­sen prot­e­i­schen Viel­ge­stal­ten liegt? Ob sich von einer Viel­heit im Sin­ne einer mul­ti­pli­zier­ten und mul­ti­plen Ein­heit spre­chen lässt – oder von einer Unbe­stimmt­heit in sich, einem zeit­li­chen, räum­li­chen, kon­tex­tu­el­len Flui­dum, das sich in Sekun­den­schnel­le ver­än­dert. Das alles ist kei­ne post­mo­der­ne Fei­er eines post­sub­jek­ti­ven Zeit­al­ters – denn der his­to­ri­sche Rück­gang (mit durch­aus bewuss­ter Ver­knap­pung) kommt an einem Punkt an, der zeigt, wie wich­tig ein Begriff des Sub­jekts ist (auch wenn es viel­leicht zukünf­tig einen ande­ren Namen füh­ren muss).

Das Sub­jekt – Natu­ral Born Fiction

Das Sub­jekt war immer schon eine Fik­ti­on. Was kein Ein­wand ist. Es macht ledig­lich Sinn, das nicht zu ver­ges­sen, wenn dage­gen ange­rannt wird. Es ist schier unmög­lich, gegen Fik­tio­nen zu kämp­fen. Gespens­ter las­sen sich nicht dekon­stru­ie­ren. Zunächst weil sie von Anfang an kon­stru­iert sind und jede Dekon­struk­ti­on nur fest­stel­len kann, dass hier eine Kon­struk­ti­on vor­liegt. Was von wenig Erkennt­nis­ge­winn ist. Zudem weil jeder erneu­te Kampf gegen das Gespenst ihm nur neue Kraft ver­leiht. So ist der Ent­zug der Meta­phy­sik, den die Dekon­struk­ti­on bewerk­stel­li­gen woll­te, gründ­lich dar­an geschei­tert, dass » Read the rest of this entry «

Warum so viele Klassikerinszenierungen: Die Todsünden des Theaters (Antwort auf Nora Decker)

April 11th, 2011 § 3 comments § permalink

Die Schau­spiel­stu­den­tin Nora Decker hat mir eine Fra­ge gemailt, die nur auf den ers­ten Blick oft gehört und wie ein miso­thea­tra­ler Stoß­seuf­zer erscheint:

war­um wer­den sovie­le büh­nen­klas­si­ker insze­niert (shake­speare, goe­the, ibsen, usw.)?

gab es nicht eine zeit, in der stü­cke geschrie­ben u auf die büh­ne gebracht wur­den und gebrauch­te stü­cke im schrank blieben?

und wenn ja, war­um ist das nicht mehr so, war­um sieht die hit­lis­te der spiel­plä­ne so aus? :

1 Faust (Goe­the)
2 Der Gott des Gemet­zels (Reza)
3 Romeo und Julia (Shake­speare)
4 Ein Som­mer­nachts­traum (Shake­speare)
5 Kaba­le und Lie­be (Schil­ler)
6 Klamms Krieg (Hen­sel)
7 Wert­her (Goe­the)
8 Sze­nen (Lori­ot)
9 Die Räuber (Schil­ler)
10 Maria Stuart (Schil­ler)
11 Nathan der Wei­se (Les­sing)
12 Der zer­broch­ne Krug (Kleist)
13 An der Arche um acht (Hub)
14 Ham­let (Shake­speare)
15 Die Grönholm-Methode (Gal­ceran)
16 Der Men­schen­feind (Molière)
17 Ladies Night (Sinclair/McCarten)
18 Bud­den­brooks (Mann/Düffel)
19 Wer hat Angst vor Vir­gi­nia Woolf? (Albee)
20 Micha­el Kohl­haas (Kleist)

Ich fin­de die Fra­ge rele­vant. Und möch­te sie des­we­gen nicht per Mail son­der mit einem Pos­ting beantworten.

Erster Ansatz: Der Markt

Man könn­te es sich ein­fach machen und ange­bots­öko­no­misch argu­men­tie­ren: „Nun­ja, es gibt halt nicht genug Nach­schub, der insze­niert wer­den könn­te.“ Das ist kein Argu­ment: Öko­no­mi­schen Regeln fol­gend, müss­te eine Nach­fra­ge sich ein Ange­bot erschaf­fen. Übri­gens: Das tut es sogar.

Zweiter Ansatz: Der Wahrnehmungsfehler

Tat­säch­lich gab es in den letz­ten Spiel­zei­ten so vie­le Urauf­füh­run­gen wie ver­mut­lich nie in der Thea­ter­ge­schich­te zuvor (Werk­sta­tis­tik Büh­nen­ver­ein 2008/09: 609 Ur- und Erst­auf­füh­run­gen!). Also: „Wahr­neh­mung öff­nen und sehen, dass die Behaup­tung falsch ist.“

Sie ist aller­dings nicht falsch. Die von den Batt­le­group-Autoren vor­ge­tra­ge­ne Behaup­tung, es gäbe zwar einen unstill­ba­ren Hun­ger nach Urauf­füh­run­gen, die zumeist von Jung­re­gis­seu­ren auf Werk­statt­büh­nen ver­heizt wür­den, trifft zu. Und sie ändert nichts an der Situa­ti­on, dass unter dem Deck­män­tel­chen des „Wir spie­len ja Neu­es“ tat­säch­lich eine basalt­e­ne Grund­struk­tur der Klas­si­ker­in­sze­nie­run­gen zu fin­den ist (2008/9 wur­den ins­ge­samt 3.710 Wer­ke laut Büh­nen­ver­ein auf­ge­führt – ein Sechs­tel also nur neue Tex­te, 3.100 nicht­neue Wer­ke bei ins­ge­samt 7.090 Insze­nie­run­gen, von denen dann die „neu­en“ Stü­cke, die zumeist nur ein­mal insze­niert wer­den, gera­de ein­mal  8,6% sind), in die nur gele­gent­lich eini­ge „embedded aut­hors“, die als Dra­ma­tur­gen oder ähn­li­ches im Betrieb durch­ge­nu­delt wer­den, inte­griert sind.

Der groß­ar­ti­ge, hier (lei­der offen­bar nicht mehr) blog­gen­de Frank Kroll vom Hen­schel-Schau­spiel­ver­lag hat sich vor eini­gen Jah­ren die Mühe gemacht, die Büh­nen­ver­eins-Sta­tis­tik jen­seits des ers­ten posi­ti­ven Ein­drucks nach­zu­rech­nen und kommt zu dem Ergebnis:

Zwar ist, abso­lut be­trach­tet, die Zahl der ur- und erst­auf­ge­führ­ten Wer­ke seit Beginn der 90er Jah­re um etwa ein Drit­tel ange­stie­gen, im sel­ben Zeit­raum redu­zier­te sich die durch­schnitt­li­che Vor­stel­lungs­zahl pro Werk jedoch um ein höhe­res Maß. Immer mehr Wer­ke wer­den von den Thea­tern «ent­deckt», erle­ben dann aber immer weni­ger Auf­füh­run­gen. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit neu­er deutsch- und fremd­spra­chi­ger Dra­ma­tik sta­gniert wei­ter­hin auf einem nied­ri­gen Level. Den viel­be­schwo­re­nen «Hype» mit Neu­er Dra­ma­tik hat es nie gege­ben. Zwi­schen der Selbst­dar­stel­lung der Thea­ter und dem tat­säch­li­chen Büh­nen­ge­sche­hen besteht eine deut­li­che Dis­kre­panz. (Quel­le)

Nur weil Buch­händ­ler auch lus­ti­ge Gruß­post­kar­ten an der Kas­se ver­kau­fen wer­den sie noch lan­ge nicht zu Gruß­post­kar­ten­ge­schäf­ten. Das „Kern­ge­schäft“ der Thea­ter ist und bleibt die bis zu Erbre­chen wie­der­hol­te Klas­sik. Warum?

Dritter Ansatz: psycho-ethisch

Tat­säch­lich begrün­det sich die­ses Ver­hal­ten aus fünf künst­le­ri­schen Tod­sün­den: Faul­heit, Feig­heit, Dumm­heit, Eitel­keit und Geiz. Und zwar so: » Read the rest of this entry «

Theatersterben: Zur Kritik des reinen Vergnügens

April 11th, 2011 § Kommentare deaktiviert für Theatersterben: Zur Kritik des reinen Vergnügens § permalink

Ein kur­zer Mail­wech­sel mit Oli­vi­er Garo­fa­lo bringt mich dazu, nicht nur zum Haupt­the­ma die­ses Blogs – dem Thea­ter – zurück zu keh­ren. Son­dern direkt zu fun­da­men­ta­len Fra­gen des Gegen­warts­thea­ters zu kom­men. In der Mail von Garo­fa­lo fin­det sich die­se pro­vo­kan­te Frage:

die wich­tigs­te Fra­ge ist wohl, ob der Inhalt
ver­schwin­det, weil das Publi­kum in den heu­ti­gen Zei­ten in ihrer Freizeit
nicht mit Fremd­ge­dan­ken belas­tet wer­den wol­len, oder ob beson­ders die
Schau­spiel- und Regie­schu­len nur Ästhe­tik leh­ren (weil das freie Den­ken eh
nicht bei­bring­bar ist). Wahr­schein­lich bei­des und mit­ten­drin die Kritik,
die ihre Mass­stä­be an der Kunst mes­sen und eben nicht am Inhalt.

Garo­fa­lo nimmt damit drei Betei­lig­te als poten­zi­el­le Akteu­re auf: Publi­kum, Thea­ter­schu­len und Kri­tik. Das ist inso­fern span­nend, als die Dis­kus­si­on nicht sofort Inten­dan­ten, Dra­ma­tur­gen und Regis­seu­re in den Blick und Angriff zu neh­men ver­sucht. Son­dern die Ent­ste­hungs­be­din­gun­gen einer bestimm­ten Gesamt­si­tua­ti­on auf schein­ba­re Rand­be­din­gun­gen zurück­führt – was Sinn macht.

Das Publi­kum

Ist das Publi­kum bzw. sind die Zuschau­er Akteu­re in einem Sinn, der sie mit­ver­ant­wort­lich für das Elend gegen­wär­ti­gen Thea­ters macht? Was will „das Publi­kum“? Ein gro­ßer, ein­fluss­rei­cher Teil des aktu­el­len Publi­kums for­dert offen­bar „werk­treue“ Insze­nie­run­gen von Klas­si­kern. Sie wol­len Muse­um. Iden­ti­sche Repro­duk­ti­on der eige­nen Vor­stel­lun­gen des­sen, was „die alten Meis­ter“ schrie­ben, woll­ten, vor­stell­ten. Die­se Debat­te ist nicht tot zu bekom­men. Und Thea­ter tun die­sem Publi­kum ja den Gefal­len. Man spielt die Klas­si­ker. Und wenns kei­ne » Read the rest of this entry «

Die Facebook-Frage: Die ganze Reihe als PDF

Februar 23rd, 2011 § Kommentare deaktiviert für Die Facebook-Frage: Die ganze Reihe als PDF § permalink

Wer kei­ne Lust hat, die Pos­tings ein­zeln durch­zu­kli­cken, kann sich hier alle in einem PDF runterladen:

Die Face­book Fra­ge (PDF Download)

Die Facebook-Frage (Teil 10): Zukunftsspekulation zum Abschluss

Februar 23rd, 2011 § Kommentare deaktiviert für Die Facebook-Frage (Teil 10): Zukunftsspekulation zum Abschluss § permalink

Nie­mand ver­mag heu­te zu sagen, was Face­book in 2,5 10 Jah­ren sein wird. Goog­le oder Second Life – nächs­ter Phö­nix oder nächs­ter Rohr­kre­pie­rer. Das hängt aller­dings nicht allein vom Nut­zer­ver­hal­ten ab. Viel­mehr hat es Face­book in der Hand, mehr und bes­se­res zu machen und lang­fris­tig leben­dig zu blei­ben. Dazu sind Shop-Inte­gra­tio­nen wie gegen­wär­tig begon­nen oder Face­book Deals sicher nur epi­so­dische Wege. Face­book wird kei­ne Shop­ping-Mall. Und es wird auch kei­ne wei­te­rer Grou­pon Klon.

Ich erlau­be mir eine Spe­ku­la­ti­on: Die Zukunft von Face­book wird damit ste­hen und fal­len, ob sie es schaf­fen, den Open­Graph über die blo­ße Ver­lin­kung von Web­sei­ten durch „Freun­des­hand“ (per Like But­ton) aus­zu­deh­nen auf ein „Buy“-Button basier­tes Bezahl­sys­tem. Das heißt: Wie jetzt jeder­mann auf sei­ner Web­sei­te oder sei­nem Blog ein „Like“ inte­griert, wird zukünf­tig ein „Buy“ » Read the rest of this entry «

Die Facebook Frage (Teil 9): Der Staat: Datenkrake und Datenschützer

Februar 23rd, 2011 § 2 comments § permalink

Der Staat – in Per­son sei­ner poli­ti­schen Akteu­re – hat sich an den im Grund­ge­setz dar­ge­stell­ten Grund­sät­zen aus­zu­rich­ten. Danach ist zu han­deln. Was dage­gen ver­stößt, wird vom Ver­fas­sungs­ge­richt kas­siert. Ändern sich die Grund­la­gen, kann sich auch das poli­ti­sche Han­deln ändern. Ver­langt das Grund­ge­setz, dass der Staat für den Schutz der Pri­vat­sphä­re zu sor­gen hat, zählt zur Pri­vat­sphä­re auch pri­va­te Daten – so liegt es in sei­ner Auf­ga­be, Daten­schutz­vor­sor­ge zu betrei­ben. Die Fra­ge ist, ob er die­se Vor­sor­ge nur im Hin­blick auf sei­ne eige­nen Orga­ne zu leis­ten hat – oder auch gegen­über Drit­ten wie Unter­neh­men. Muss der Staat dafür sor­gen, dass Unter­neh­men mit kom­mer­zi­el­len Inter­es­sen sich an Daten­schutz­richt­li­ni­en hal­ten, die der Staat zum Schutz sei­ner Bür­ger erlässt? Darf er sol­che Richt­li­ni­en für die Wirt­schaft erlas­sen. Gegen­wär­tig darf er. Soll er nicht mehr dür­fen? Dann gehört das ins Grundgesetz.

Kap­pes hat­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Macht der elek­tro­ni­schen Mas­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on ambig ist: Dienst sie einer­seits zum schnel­len Aus­tausch unter­ein­an­der, ist sie durch die bereits beschrie­be­ne Spei­cher- und Such­bar­keit doch zugleich auch ein Macht­mit­tel für Geheim­diens­te und poli­zei­li­che Stel­len, die nun­mehr bequem durch auto­ma­ti­sier­te Moni­to­ring-Soft­ware wie Radian6 ganz ein­fach her­aus­fin­den, wer wann wo mit wem wel­che umstürz­le­ri­schen Absich­ten online geteilt und aus­ge­tauscht hat. In Minu­ten­schnel­le lässt sich das vir­tu­el­le Revo­lu­ti­ons­netz ana­ly­sie­ren, die Top-Influen­cer iden­ti­fi­zie­ren. Und mög­li­cher­wei­se » Read the rest of this entry «

Die Facebook Frage (Teil 8): Das Unternehmen: Datenspeicher und Datenquelle

Februar 22nd, 2011 § 3 comments § permalink

Ich möch­te noch ein­mal kurz auf eine Bemer­kung von Micha­el See­mann zurück­kom­men, die ich im letz­ten Pos­ting bereits zitiert hatte:

In der Rei­he, der Unter­neh­men, die poten­ti­ell oder real an Infor­ma­tio­nen von Nut­zern her­an­kom­men, ist kein ein­zi­ges dabei, das mit einer Keu­le auf irgend­wen ein­schla­gen wird oder eine Skla­ven­ga­le­re betreibt, auf der wir rudern müs­sen, weil wir den fal­schen Film­ge­schmack haben

Das wirft die Fra­ge auf, ob Face­book „gut“ oder „böse“ ist. Bzw. „Gutes“ oder „Böses“ Im Schil­de führt. Und das ist ein­deu­tig die fal­sche Kate­go­rie. Denn Unter­neh­men han­deln weder gut noch böse. Unter­neh­men han­deln nicht nach mora­li­schen Prin­zi­pi­en. Das ist in die­ser Form der Beschrei­bung zunächst nicht ein­mal kri­tisch gemeint. Es ist ledig­lich eine Feststellung.

Unter­neh­men ver­fol­gen kei­ne mora­li­schen Zie­le. Sie ver­fol­gen auch nicht unbe­dingt unmo­ra­li­sche Zie­le. Ihr Ziel ist Gewinn. Und in Wett­be­werbs­zei­ten: Gewinn­stei­ge­rung. Dafür set­zen sie alle ver­füg­ba­ren Res­sour­cen ein – es sei denn, Geset­ze ver­bie­ten die­ses. Moral spielt dabei kei­ne Rol­le.  Die Por­no­in­dus­trie » Read the rest of this entry «

Die Facebook Frage (Teil 7): Die panoptische Macht

Februar 22nd, 2011 § 12 comments § permalink

Als ille­gi­ti­mer Nach­fah­re des all­wis­sen­den Got­tes, des Big Brot­her und der Foucault’schen Pan­op­ti­kons ist die­se All­wis­sen- oder All­spei­cher­heit der Platt­form ein Macht­fak­tor. Aus­ge­übt oder nicht. Der all­spei­chern­de Anbie­ter hat die Macht, über die Wis­sens­macht zu ver­fü­gen oder nicht. Es ist Face­book, die ent­schei­den, ob und was mit den Daten gear­bei­tet wird. Das ist die Macht über die Macht.

Nun kann man – mit Micha­el See­mann – auf die Fra­ge des „Was machen die damit? Tun die was Böses?“ kommen.:

Face­book sam­melt Daten, die man ihm gibt und klar, rei­chert es sie sta­tis­tisch an. Um Wer­bung anzu­zei­gen. Sie geben Part­nern Zugriff auf die Daten, um eben­so Wer­bung anzu­zei­gen oder Fea­tures zu ermög­li­chen. Mehr nicht. In der Rei­he, der Unter­neh­men, die poten­ti­ell oder real an Infor­ma­tio­nen von Nut­zern her­an­kom­men, ist kein ein­zi­ges dabei, das mit einer Keu­le auf irgend­wen ein­schla­gen wird oder eine Skla­ven­ga­le­re betreibt, auf der wir rudern müs­sen, weil » Read the rest of this entry «

Die Facebook Frage (Teil 6): Die Situation „der User“ – Kommunikation wird Information wird Daten

Februar 22nd, 2011 § Kommentare deaktiviert für Die Facebook Frage (Teil 6): Die Situation „der User“ – Kommunikation wird Information wird Daten § permalink

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Netz reißt die tra­di­tio­nel­le Unter­schei­dung zwi­schen Schrift und Rede, zwi­schen kom­mu­ni­ka­ti­vem Aus­tausch und Infor­ma­ti­on, zwi­schen Pri­vat­heit und Öffent­lich­keit ein. Die schein­ba­re Gegen­über­stel­lung von Schrift und Rede, von Pri­vat und Öffent­lich weicht der Gra­da­ti­on. Die Spur, von Der­ri­da in die phi­lo­so­phi­sche Tra­di­ti­on ein­ge­bracht, ist ein zunächst ganz brauch­ba­rer Begriff – ist doch schon all­ge­mein­sprach­lich aner­kannt, dass im Netz jede Bewe­gung Spu­ren hin­ter­lässt, die sich zu der letz­tens beschrie­be­nen Kugel­wol­ken­abs­trak­ti­on fügen. Oder anders gesagt: Die die­je­ni­gen Wel­len­be­we­gun­gen des Wel­le-Teil­chens aus­ma­chen, die sich in dr Abs­trak­ti­on zu einem Teil­chen fügen können.

Das ist jen­seits theo­re­ti­scher Klü­ge­l­ei­en ein hand­fes­ter empi­ri­scher Fakt (wenn es so etwas gibt). Denn die Daten­ban­ken von Face­book tun genau das. Wo User mit­ein­an­der kom­mu­ni­zier­ten und davon über­zeugt waren (so sie je einen Gedan­ken dar­über ver­schwen­de­ten), dass es sich eben um rede­ar­tig flüch­ti­gen Aus­tausch han­del­te, erzeu­gen sie zugleich sta­ti­sche, spei­cher­ba­re Infor­ma­tio­nen. Und zwar nicht Infor­ma­tio­nen wie die­je­ni­gen, an denen die Wiki­pe­dia-Autoren gemein­sam arbei­ten. Son­dern Infor­ma­tio­nen über sich selbst.

Man kann sich auf die von Wiki­leaks ver­öf­fent­lich­ten Bot­schafts­de­pe­schen als Bei­spiel stüt­zen. Auch hier glaub­ten die Betei­lig­ten, ein­fach einen ande­ren Weg der » Read the rest of this entry «

Where Am I?

You are currently browsing the Postdramaturgie category at Postdramatiker.