Bei Leonhard Dobusch findet sich aktuell hier nicht nur ein sehr lesenswerter Artikel zu ACTA, sondern auch eine sehr interessante Infografik über die monetäre Entwicklung, der sich selbst gerne als durch das Internet notleidend oder bedroht darstellenden Verwertungsindustrie, die ich hier gerne sharen möchte:
Verwertungsindustrie vor dem Untergang? Von wegen!
Februar 2nd, 2012 § Kommentare deaktiviert für Verwertungsindustrie vor dem Untergang? Von wegen! § permalink
Die Herausforderung des Internets an die Urheber
Februar 2nd, 2012 § 1 comment § permalink
Als Konsequenz des vergangenen, viel zu langen Postings, das vermutlich nicht hinreichend viel Aufmerksamkeit hatte, um bis zu Ende gelesen zu werden, lässt sich kurz formulieren:
Urheber haben sich vier Fragen zu stellen:
- Wie erlange ich Aufmerksamkeit?
- Wie komme ich an einen monetären Ertrag?
- Wie kann ich das Interesse an Aufmerksamkeit, das andere haben, selbst nutzen, um einen Ertrag zu erwirtschaften?
- Wer sichert eine freie, unabhängige, kritische künstlerische und publizistische Urhebrschaft jenseits von Ertrags- und Verwertungszwängen?
Aufmerksamkeit erlangen
Die Sharing-Funktionalität ist eine Aufmerksamkeitsökonomie. Inhalte von mir, die andere weiterleiten und ihren Freunden verfügbar machen, sorgen dafür, dass meine Aufmerksamkeit wächst. Ein Text, Bild, Video, Musikstück von mir, das weitergeleitete, auf anderen Plattformen gepostet wird, sorgt dafür, dass meine Bekanntheit steigt. Jeder Link zu mir ebenso. Nach klassischem Urheberrecht wäre das eine Rechtsverletzung – was bekannt ist und durch Abmahnwellen verfolgt wird. Das ist dämlich. Denn die damit verbundene Forderung nach Unterlassung sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit sinkt. Ich habe mein Recht an meinem Inhalt – und kein Schwein kuckt. Bildende Künstler wissen, dass Aufmerksamkeit die Ertragschancen steigert. Darüber hatte ich im letzten Posting geschrieben. Von Aufmerksamkeit wird allerdings niemand satt.
Monetäre Erträge sichern
Die Frage, wie sich monetäre Erträge erzielen lassen, ist von der Aufmerksamkeit » Read the rest of this entry «
Ruhm und Reichtum – oder: Warum das Urheberrecht an Digitalien scheitert
Februar 2nd, 2012 § Kommentare deaktiviert für Ruhm und Reichtum – oder: Warum das Urheberrecht an Digitalien scheitert § permalink
Debatten rund um die Rechte von Urhebern und Verwertern bewegen sich in einem Kreis, aus dem so lange nicht auszubrechen ist, wie nicht verstanden wird, dass das traditionelle Urheberrecht und die sich darum anlagernden und durch dieses Recht geregelten Praktiken und Ökonomien sich fundamental verändern. So hat man sich – um den vermutlich klarsten und einfachsten Punkt herauszugreifen – über die Jahrhunderte daran gewöhnt, dass Aufmerksamkeit sich mehr oder minder unmittelbar in bare Münze materialisiert. Heißt: Die Berühmtheit eines Urhebers – gemessen an der Menge seiner Rezipienten – ist konvertibel in sein Einkommen. Dieser Zusammenhang wird durch die Verbreitungsmittel des Internet problematisiert. Zugleich wandelt sich – und das geht in der Debatte um das Internet ziemlich unter – eine Nutzungspräferenz und Nutzungsgewohnheit derer, die früher Werke kauften.
Recht auf Besitz: Die Warenförmigkeit des Kunstwerks
Über den größten Teil der Menschheitsgeschichte hinweg schuf der Urheber ein (mehr oder minder) einzigartiges „geistiges“ Werk und materialisierte es in einer Form, die es zugänglich nur für eine relativ (lokal) begrenzte Gruppe von Rezipienten machte. Sollte es vervielfältigt werden, ähnelte der Prozess der Vervielfältigung demjenigen der ersten Materialisierung: Schriftkunst musste abgeschrieben, Malerei nachgemalt, Musik nachgespielt werden. Zur Massenware taugten diese Werke nicht.
Erst durch die mechanische Vervielfältigung – mit ihrem Meilenstein des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, aber auch schon zuvor mit lithographischen und vergleichbaren „stempelartigen“ Techniken – eröffnete sich die Möglichkeit, Werke zur Ware zu machen. Zugleich entstand die Notwendigkeit einer (Verwertungs)-rechtlichen Absicherung gegen andere Produzenten, die billigere Exemplare des gleichen geistigen Werks auf den Markt werfen wollten.
Die Urheber waren dabei niemals Marktteilnehmer – sie fungierten als (und der Anklang von Kaffeebohnen- und Kartoffelbauern ist durchaus erwünscht) Rohstofflieferanten, die es den eigentlichen Markakteuren – den Verwertern – erlaubten, abzählbare physische Trägerprodukte (Bücher, Zeitungen, Schallplatten, Videokassetten usw.) mit Inhalten zu versehen, die die eigentlich » Read the rest of this entry «
Das Urheberrecht und das Problem des unvollständigen Tauschs
Februar 1st, 2012 § 3 comments § permalink
Die Debatte rund um Urheberrecht, Piraterie und Raubkopiererei setzt zumeist voraus, dass es sich bei Digitalien wie Dateien um Waren handelt, die marktförmig gehandelt werden können. Sie werden als Gegenstände betrachtet, die ver- und gekauft werden können, wobei in diesem Kaufprozess ein zweiseitiger Eigentumsübergang stattfindet: Geld gegen Ware. Der Verkäufer übergibt das Eigentumsrecht an den Käufer, dafür übereignet der Käufer wiederum (vereinfacht) einen Geldbetrag an den Verkäufer. Das wäre der vollständige Kaufprozess. Es handelt sich beim Kauf um einen Spezialfall des Tauschs, da der Käufer Geld bietet und nicht eine andere Ware. Um nicht im Spezialfall zu verbleiben soll im Folgenden allgemeiner von Tausch gesprochen werden, da es zunächst keine Rolle spielt, womit der Käufer bezahlt. Kauf und Tausch sind regelmäßig Vertragsgeschäfte.
Als Kaufvertrag bezeichnet man in den Rechtswissenschaften einen Vertrag mit dem Ziel des Eigentumswechsel an einer Sache oder einem Recht, wobei der Eigentumswechsel entgeltlich erfolgen sollte, also eine Gegenleistung, regelmäßig in Form einer Zahlung erfordert. (Quelle: Wikipedia)
Tausch ist eine rechtswirksame gegenseitige Übertragung von Waren, Dienstleistungen und/oder Werten zwischen natürlichen und/oder juristischen Personen. Ein Tausch wird abgegrenzt von der Gabe und von der Schenkung durch das jeweils einseitige aktive Handeln aus eigenen Motiven. (Quelle: Wikipedia)
Der Verkauf von Dateien
Nun liegt beim „Kauf“ einer Datei nicht eigentlich ein Kauf, beim Tausch kein eigentlicher Tausch vor, jedenfalls kein vollständiger. Vollständigkeit setzt dabei den beidseitigen Eigentumsübergang voraus: Geld (oder Tauschware) wechselt vom Käufer zum Verkäufer – im Gegenzug wechselt die Ware vom Verkäufer zum Käufer. Der Käufer erhält das Eigentumsrecht an der gekauften oder eingetauschten Ware, der Verkäufer erhält das Eigentumsrecht am Kaufbetrag oder der Tauschware. Der Käufer kann also nicht etwa nach vollzogenem Kauf zum Verkäufer gehen und ihn in der Verwendung des Kaufbetrages einschränken. Der Verkäufer kann mit dem Geld machen, wozu ihm beliebt. Es behalten, ausgeben, aufs Konto legen und Zinsen damit gewinnen oder es verschenken. Im Gegenzug kann der Käufer mit der Ware machen was er will – sofern er bei Gegenständen, die dem Urheberrecht unterliegen, einigen Einschränkungen hinsichtlich der Manipulation des geistigen Gehalts der Ware unterliegt.
Der unvollständige Tausch
Nach dem Kauf eines Buches kann der Käufer es lesen, es in den Bücherschrank stellen, es verschenken, wieder verkaufen oder wegschmeißen. Er hat das Eigentumsrecht daran. Der Verkäufer hingegen, der die Ware gegen Geld oder eine Tauschware verkauft oder eingetauscht hat, besitzt hingegen das verkaufte Exemplar der Ware nicht mehr. Das trifft für Dateien nicht zu. Vielmehr geht der Kaufbetrag zwar an den Verkäufer über – der Verkäufer bleibt aber im Besitz der Datei. Auch nach ihrem Download. Das ist ein unvollständiger Verkauf oder Tausch. Die Datei geht zugleich in den Besitz des Käufers über, wie sie im Besitz des Verkäufers verbleibt. Das führt zu einer Paradoxie. » Read the rest of this entry «
Aufruf: Urheber gegen den sogenannten kommerziellen Urheberrechtsschutz
Januar 30th, 2012 § Kommentare deaktiviert für Aufruf: Urheber gegen den sogenannten kommerziellen Urheberrechtsschutz § permalink
Es ist an der Zeit, dass sich an der Urheberrechtsdebatte, die gegenwärtig dazu missbraucht wird, technisch-juristische Maßnahmen durchzusetzen, die das Einkommen der Verwertungsindustrie sicherstellen sollen, die Urheber selbst beteiligen. Zumal die Millionen Urheber, die das größte kollaborative Kunstwerk schufen und täglich vergrößern, das die Menschheit in ihrer Geschichte hervorgebracht hat: das Internet. Dazu folgt hier ein 7‑Punkte-Statement, das als Diskussionsbeginn verstanden – und gerne kopiert, zitiert und weitergeleitet werden kann. Kostenlos.
Kurz vorweg: Heute erschien in der österreichischen Zeitung derstandard.at ein hervorragender Artikel von Tina Leisch mit dem Titel “Kunst und Käse — Wovon sollen KünstlerInnen leben?”, der in ähnlicher Stoßrichtung wie mein Artikel Warum das aktuelle Urheberrecht den Urhebern nichts nützt – und wer sie wirklich ausplündert (wenn nicht die Netznutzer) formuliert:
Die Frage, wovon KünstlerInnen denn leben sollen, wenn sie ihre Werke frei im Netz zirkulieren lassen, ohne daran maßgeblich zu verdienen, sollte ausführlich diskutiert werden. Die Antworten werden aber einfallsreicher, zukunftsweisender und origineller sein müssen als ein Pochen auf das Urheberrecht, das im Internet, wenn überhaupt, nur um den Preis von Hyperüberwachung zu haben ist und die egalitären Ansätze geteilten Wissens ebenso bedroht wie den gesamten Sektor der Remix- und Samplekultur.
Laut einer Studie des BMUKK beträgt unser Durchschnittsverdienst als österreichische Kunstschaffende 4.500 Euro im Jahr, mehr als die Hälfte verdienen weniger als 1.000 Euro im Monat.
{…}
Vielleicht sollten wir also aufhören, uns mit Winzerinnen und Butterstampfern zu vergleichen, und uns eher an PolitikerInnen oder LehrerInnen orientieren. Die müssen für ihre Dienstleistungen auch nicht bei jedem jeweils Profitierenden kassieren, sondern werden für ihren Dienst an der Allgemeinheit mit Steuergeldern bezahlt. Diese Steuern oder Abgaben könnten ja sehr spezifisch dort eingehoben werden, wo unsere Arbeit zum Tragen kommt. Weit über die Festplattenabgabe hinaus könnten wir verlangen, aus Abgaben auf Werbung im Internet, Datenmengen, Netzgebühren o. Ä. bezahlt zu werden. Oder wir diskutieren die Einführung einer modernen Variante der guten, alten Vergnügungssteuer, mit der seinerzeit die Gemeindebauten bezahlt wurden.
Daran (ob Steuer oder nicht lässt sich diskutieren) schließe ich mich an, in der Hoffnung, dass diese Diskussion einsetzt und vor allem: kreative Lösungen jenseits der Überwachungsmethoden entstehen. Und so sieht mein Statemnt dazu aus:
Urheber gegen den sogenannten kommerziellen Urheberrechtsschutz
- Als Kreative verurteilen wir es aufs Schärfste, dass unsere Kreationen in Wort, Bild, Klang, Code durch die Verwertungsindustrie als Vorwand genutzt werden, um den freien Informations- und Meinungsaustausch im Internet durch technische oder polizeiliche Maßnahmen einzuschränken, unsere Rezipienten durch Abmahnungen zu drangsalieren und durch Strafverfolgung zu » Read the rest of this entry «
Was die Urherberrechtsdebatte vom Fall Guttenberg lernen kann
Januar 21st, 2012 § 5 comments § permalink
Dies als Nachtrag zu meinem Rant zum Urheberrecht: Überrachenderweise ist es gerade der Fall Guttenberg, der die Debatte um das Urheber- und Verwertungsrecht voran bringen kann. Aus zwei Gründen:
- Lässt sich daran ermessen dass „die Netzgemeinde“ nicht aus einer wild gewordenen Horde von Ideendieben besteht. Vielmehr zeigte sich eine erheblich größere Sensibilität für den missbräuchlichen Umgang mit geistigem Eigentum, als etwa an deutschen Hochschulen oder bei der bleiernen Kanzlerin. Schließlich tat sich „die Netzgemeinde“ zusammen, um Guttenberg das nicht-verlinkte (sprich: mit Quellenangabe in Fußnote versehene) Sampling fremder Inhalte nachzuweisen. Die Offline-Gemeinde wird es vielleicht überraschen: Aber der Ideenklau ist im Netz nicht akzeptiert.
- Ist es zunächst überraschend, dass Guttenberg von der Verwertungsindustrie, d.h. den Inhabern der Verwertungsrechte der von ihm gesampelten Werke, nicht abgemahnt, auf Schadensersatz oder Vernichtung seines Samplers (vulgo: Dissertation) verklagt und verurteilt wurde, wie es die Verwertungsindustrie bei jedem anderen geistigen Werk – insbesondere bei musikalischen und filmischen » Read the rest of this entry «
Warum das aktuelle Urheberrecht den Urhebern nichts nützt — und wer sie wirklich ausplündert (wenn nicht die Netznutzer) {Updated}
Januar 21st, 2012 § 13 comments § permalink
Ein vorgestern auf dem D64-Blog erschienener Artikel zum Urheberrecht verdient es, nicht nur verlinkt, sondern (in durchaus polemischer Absicht) ergänzt und fortgeführt zu werden. Die Autoren forcieren die auch hier im Blog bereits hinlänglich ausgeführte Unterscheidung zwischen Urhebern und Verwertungsindustrie, um die Debatte über das Urheberrecht in die korrekten Kategorien einzuordnen. Dass die Verteidiger des gegenwärtigen sogenannten Urheberrechts stillschweigend voraussetzen, dass mit dem Urheber- auch das Verwertungsrecht erhalten bleiben muss, die Verteidigung der Künstler und „Kreativen“ auf ihre Fahne schreiben, während sie eigentlich die wirtschaftliche Pfründe ihrer eigen Unternehmen zu sichern suchen, ist der eigentliche Skandal der Diskussion, der es so schwierig macht, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Er veranlasst nicht wenige sogenannte Kreative oder Künstler, sich auf Seiten derer zu schlagen, die von ihrem Schweiß und ihren Ideen leben – der Verwertungsindustrie. Denn die Kreativen glauben, diese Industrie ernähre sie. In Wahrheit ist es anders herum: Die Verwertungsindustrie ist die Zecke im Nacken der Kreativen.
Hört man die öffentlich eher jammervollen, in konkreter Auseinandersetzung durchaus brachialen Vorträge der Verwertungsindustrie, könnte es scheinen, als würden die Bauern die Erhöhung der Milchpreise fordern, um den Kühen ein besseres Leben zu bescheren. Oder die Kürschner, um ihren Pelzspendern das Leben zu ermöglichen – wo sie doch davon leben, eben diesen Tierchen das Fell über die Ohren zu ziehen. Darin den Kunstverwertern nicht unähnlich. Es mag » Read the rest of this entry «
Machen Datenschützer Facebook platt — oder eben doch nicht?
Dezember 9th, 2011 § Kommentare deaktiviert für Machen Datenschützer Facebook platt — oder eben doch nicht? § permalink
Bei Nico Lumma (disclosure: Mit dem zusammen ich zu den Gründunsmitgliedern von D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt gehöre) findet sich heute hier ein sehr prononcierter Blogpost zu der gestrigen Erklärung des Düsseldorfer Kreises, des Zusammenschlusses aller Datenschutzbehörden der Länder, die hier nachzulesen ist.
Zwischenbemerkung: Wiewohl beruflich mit Facebook beschäftigt, fehlen mir umfassende technische Hintergründe, die mich zu einem tatsächlich fundierten Standpunkt hinsichtlich der Frage befähigen, was wo wie Facebook mit den durch Integration seiner Social Plugins wie des Like-Buttons tatsächlich für Daten sammelt und wie diese Daten genau verwertet werden. So weit ich sehe, gibt es einige, die dazu durchaus fundierteres Wissen haben, lese ich aber die Erklärung der Datenschützer, scheint auch selbst in diesem Kreis niemand wirklich genau zu wissen, was Facebook damit tut. Es heißt dort, dass „Anbieter deutscher Websites, {…} in der Regel keine Erkenntnisse über die Datenverarbeitungsvorgänge haben können, die beispielsweise durch Social Plugins ausgelöst werden …“. Zu einem großen Teil speist sich also die Vehemenz der Debatte auch aus der Tatsache der mangelnden Transparenz, die auf der einen Seite zu der Unterstellung missbräuchlicher oder böswilliger Verwendung führen, auf der anderen Seite zu einem „die werden schon nicht“ führen muss. Ende der Zwischenbemerkung.Lumma schüttet in seinem Blogpost das Datenschützerkind mit dem Bade aus – und das reproduziert sich in den Kommentaren zu seinem Posting. Da es meines » Read the rest of this entry «
Das Thalia und die Spiel(plan)verderber 2: Durch Leiden wird man Demokrat
Dezember 5th, 2011 § 1 comment § permalink
Interessantes tut sich rund um die sogenannten Demokratisierungsversuche des Thalia Theaters – und es beginnt ein Theater rund um das Theater, das vermutlich weitaus interessanter ist als die Frage, was denn am Ende wirklich gewinnen wird. Natürlich ist Klugscheisserei hinterher einfacher als die solide Organisation eines Partizipationsprozesses – diese Einfachheit erlaube ich mir ebenso wie das Recht, meine anfängliche Beeindrucktheit jetzt der nüchternen Betrachtung weichen zu lassen. Denn zu beobachten ist hier zunächst ein zukünftiger Lehrbuchfall missverstandener Demokratisierung, den zu betrachten sich lohnt jenseits der bloßen und letztlich ziemlich irrelevanten Frage, was an einigen Abenden in einem Hamburger Theater demnächst läuft. Zudem ist hier das eigentlich erste Erscheinen eines zukunftsträchtigen Theaters festzustellen, von dem am Ende dieses Postings zu handeln sein wird.
Das Projekt: Mehr Demokratie gewagt – oder nur Lux und Dollerei?
Das Thalia beschreibt die Aktivität als Demokratisierung eines Dienstleistungsunternehmens. Der Intendant äußert hier im Interview sein Interesse daran, was denn das Publikum wirklich sehen will – und sei es Harry Potter. Anders ließe sich beschreiben: Die von einem demokratischen Gemeinwesen – der Stadt Hamburg – als verantwortliche Leiter einer städtischen Einrichtung Eingesetzten entziehen sich ein Stück weit der ihnen vom Gemeinwesen zugewiesenen Aufgabe der inhaltlich-konzeptionellen Ausrichtung dieser Institution und der damit verbundenen Verantwortung der von den Bewohnern des Gemeinwesens aufgebrachten Finanzmittel. Man lässt eine nicht begrenzte und undefinierte Gruppe von Menschen darüber entscheiden, was stattfinden soll. Wir spielen, was irgendwer will. Was auch immer, wer auch immer. Es muss nur eine ausreichend große Zahl von Stimmen zusammenkommen. Man könnte die Bewohner Hamburgs ebenso gut dazu verpflichten, Regenschirme aufzuspannen, wenn es in Australien regnet. Die Fremdbestimmung durch die – sich selbst als undemokratisch verstehende – Theaterleitung wird potenziell abgegeben in eine andere Fremdbestimmung durch irgendwen.
Was heißt demokratische Entscheidung? Wer entscheidet was für wen in demokratischen » Read the rest of this entry «
Das Thalia Theater und die Spiel(plan)verderber
November 23rd, 2011 § 1 comment § permalink
Anfang November rief das Hamburger Thalia Theater hier die Öffentlichkeit auf, vier Positionen des nächsten Spielplans zu bestimmen. Vermutlich stand im Hintergrund der Wunsch, der sich in verschiedenen Regionen der Welt, in der Occupy-Bewegung, in der Netzöffentlichkeit manifestierenden Beteiligungslust der Öffentlichkeit zu öffnen und selbst durch offene Partizipationsmöglichkeiten ein Stück offener und „demokratischer“ zu werden. Unter Missachtung aller Erfahrungen, die mit ähnlichen Crowdsourcing- und Consumer Empowerment-Aktivitäten vorliegen. Man stolpert einfachmal rein in Partizipationsdynamiken, in Netzbeteiligung und so eine Art Demokratie. Das mag man gutmütig als naiv bezeichnen – oder » Read the rest of this entry «