“Sich Gesellschaft leisten” in Trier — Kritiknachtrag

Juli 13th, 2010 § 1 comment § permalink

Gera­de erst gefun­den: ein ziem­lich guter Text auf theaterforschung.de über “Maxi­mie­rung Mensch” in Trier. Mit einer eban­falls sehr posi­ti­ven Bespre­chung von SGL. Ich erlau­be mir ein Zitat:

[…Der] Text ist in der Typo­skript­fas­sung eine aus vie­len neben­ein­an­der arran­gier­ten Text­spal­ten bestehen­de Mam­mut-Par­ti­tur, in der die Mitspieler/Marktteilnehmer immer wie­der mehr­stim­mig, gleich­zei­tig oder ver­setzt, cho­risch oder poly­fon ihre Ange­bo­te oder Nach­fra­gen arti­ku­lie­ren und ver­han­deln. Der Autor hat den dra­ma­tur­gi­schen Ablauf sei­ner öko­no­mi­schen Uto­pie an den fünf Levels des Com­pu­ter­spiel ‚Unre­al Tour­na­ment‘ ori­en­tiert. Die ein­leuch­ten­de Zugriffs­wei­se der Urauf­füh­rung hat aus [den] Text­mas­sen eine 90 minü­ti­ge Trie­rer Fas­sung kon­stru­iert, die sie in einer ehe­ma­li­gen Maschi­nen­hal­le im Indus­trie­ge­biet ein­rich­te­te. Als Spiel­ort wäre ange­sichts der Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft in ‚Sich Gesell­schaft leis­ten‘ eher ein Bör­sen­saal, eine Zeit­ar­beits­ver­mitt­lungs­agen­tur, der Han­dels­raum einer Bank oder ein Bor­dell ange­mes­sen gewe­sen – doch sind die­se Dienst­leis­tungs-Räu­me in Trier ver­mut­lich alle noch aus­ge­las­tet in Betrieb und ste­hen im Gegen­satz zu einer Maschi­nen­hal­le dem Thea­ter nicht zur Ver­fü­gung. Das Zusam­men­le­ben in Schmidts Sozi­al­dra­ma (das eher eine post­dra­ma­ti­sche Par­ti­tur über post­so­zia­le Zustän­de zu sein scheint) gleicht gera­de auch im Pri­va­ten einem per­ma­nen­ten Bör­sen­sze­na­rio. Nicht nur zeit­na­he Tausch­an­ge­bo­te wer­den aus­ge­ru­fen und abge­wi­ckelt, es wird auch mit Optio­nen und Pri­vat-Schuld­schei­nen gehan­delt. Der Text ist ein ästhe­tisch anspruchs­vol­ler Kom­men­tar zur zuneh­men­den Durch­öko­no­mi­sie­rung aller Lebens­be­rei­che. Das Stück pass­te wie ein Auf­trags­werk (das es nicht war) ins Kon­zept des Maxi­mie­rung-Mensch-Fes­ti­vals. Sei­ne Trie­rer Urauf­füh­rung war ein gelun­ge­ner Thea­ter­abend; auf wei­te­re Insze­nie­run­gen die­ses aus­la­den­den post­dra­ma­ti­schen Tex­tes darf man gespannt sein.

Hier gibts den Gan­zen Arti­kel von Bernd Blascke

Päpste, Huren, Könige, Beamte — Marxens Problem mit der Dienstleistungsarbeit

Juli 12th, 2010 § 4 comments § permalink

Ich bin kein Mar­xist. Aber mir scheint Mar­xens Den­ken eines der Frucht­bars­ten zu sein — wenn ich auch glau­be, dass er wesent­li­che, für die Gegen­wart beherr­schend wer­den­de Ver­hält­nis­se igno­riert oder aus­ge­blen­det hat. Das Wich­tigs­te die­ser Fel­der ist das Gebiet der Dienst­leis­tun­gen — zu der die Indus­trie­ge­sell­schaft der Marx-Zeit sich nun­mehr ent­wick­len soll und wird. Dazu fand ich bei Marx eini­ge Pas­sa­gen, die ich im Fol­gen­den weit­ge­hend unkom­men­tiert wie­der­ge­ben will.

War­um? Weil der Wech­sel von der Indus­trie- zur Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft mit einer Art “Imma­te­ria­li­sie­rung” ein­her geht. Bei Marx fin­det die Kon­zen­tra­ti­on auf die soge­nann­te “ver­ge­gen­ständ­lich­te Arbeit” statt, d.h. im Wesent­li­chen eine Arbeit, die einen phy­si­schen Gegen­stand ver­än­dert und sich dar­in “spei­chert” als han­de­le es sich um eine Bat­te­rie, die durch die Arbeits­en­er­gie des Arbei­ters auf­ge­la­den wird. Dar­aus lei­ten sich die Defi­ni­ti­on des Kapi­ta­lis­ten als Besit­zers der Pro­duk­ti­ons­mit­tel, des Genie­ßers des Mehr­werts und des Befehls­ha­bers ab. Wenn nun aber das Werk­stück und die Ver­ge­gen­ständ­li­chung der Arbeit schwin­det, der Auf­trag­ge­ber direkt die Ver­rich­tung des Auf­trag­neh­mers ent­lohnt, sei­ne Diens­te in Anspruch nimmt, ohne dass er für das mate­ri­el­le Geld ein mate­ri­el­les Gut erhält, ver­dre­hen sich die Ver­hält­nis­se. Der Auf­trag­neh­mer kann etwas, das sich der Auf­trag­ge­ber wünscht (als Kun­de) — und ist bereit dafür zu bezah­len. Am Ende der Leis­tung (neh­men wir eine Mas­sa­ge) ist das Bezahl­te weg. Und der Auf­trag­ge­ber muss wie­der­keh­ren, um die Leis­tung erneut in Anspruch zu neh­men. Über das Pro­duk­ti­ons­mit­tel (das Ver­mö­gen, Boltanski/Chiapello wür­den sagen: die Kom­pe­tenz) ver­fügt der Auf­trag­neh­mer, von dem der Auf­trag­ge­ber inso­fern abhän­gi­ger ist als der Kapi­ta­list vom Arbei­ter am Werkstück.

Aus MEW BD. 42 — Öko­no­mi­sche Manu­skrip­te 1857/58(Alle Fet­tun­gen vom mir; Kur­si­vie­run­gen im Original)

Der ein­zi­ge Unter­schied von der ver­ge­gen­ständ­lich­ten Arbeit ist die nicht ver­ge­gen­ständ­lich­te, son­dern sich noch ver­ge­gen­ständ­li­chen­de, die Arbeit als Sub­jek­ti­vi­tät. Oder die ver­ge­gen­ständ­lich­te, d.h. als räum­lich vor­hand­ne Arbeit kann auch als ver­gang­ne Arbeit der zeit­lich vor­hand­nen ent­ge­gen­ge­stellt wer­den. Soweit sie als zeit­lich, als leben­dig vor­han­den sein soll, kann sie nur als leben­di­ges Sub­jekt vor­han­den sein, in dem sie als Fähig­keit exis­tiert, als Mög­lich­keit; als Arbei­ter daher. Der ein­zi­ge Gebrauchs­wert daher, der einen Gegen­satz zum Kapi­tal bil­den kann, ist die Arbeit. {und zwar wert­schaf­fen­de i.e. pro­duk­ti­ve Arbeit. Die­se Neben­be­mer­kung ist vor­weg­ge­nom­men; muß erst ent­wi­ckelt wer­den; by and by. Arbeit als blo­ße Befrie­di­gung von unmit­tel­ba­ren Bedürf­nis­sen hat gar nichts mit dem Kapi­tal zu tun, da es sie nicht sucht. Wenn ein Kapi­ta­list sich Holz hacken läßt, um sein mut­ton zu rös­ten, so ver­hält sich nicht nur der Holz­ha­cker zu ihm, son­dern er zum Holz­ha­cker im Ver­hält­nis des ein­fa­chen Aus­tauschs. Der Holz­ha­cker gibt ihm sei­nen Dienst, einen Gebrauchs­wert, der das Kapi­tal nicht ver­mehrt, son­dern wor­in es sich kon­su­miert, und der Kapi­ta­list gibt ihm eine and­re Ware dafür unter der Form von Geld. So ver­hält es sich mit allen Dienst­leis­tun­gen, die Arbei­ter direkt aus­tau­schen gegen das Geld and­rer Per­so­nen und die von die­sen Per­so­nen kon­su­miert wer­den. Es ist die Kon­sum­ti­on der Revenu, die als sol­che immer in die ein­fa­che Zir­ku­la­ti­on fällt, nicht des Kapi­tals. Indem der eine der Kon­tra­hen­ten dem andern nicht als Kapi­ta­list gegen­über­steht, kann die­se Leis­tung des Die­nen­den nicht unter die Kate­go­rie der pro­duk­ti­ven Arbeit fal­len. Von der Hure bis zum Papst gibt es eine Mas­se sol­chen Gesin­dels. …}

(Marx lei­tet den Dienst­leis­ter vom Skla­ven ab):

Im Skla­ven­ver­hält­nis ist der Arbei­ter nichts als leben­di­ge Arbeits­ma­schi­ne, die daher einen Wert hat für and­re oder viel­mehr ein Wert ist. Das Arbeits­ver­mö­gen erscheint dem frei­en Arbei­ter gegen­über in sei­ner Tota­li­tät selbst als sein Eigen­tum, eins sei­ner Momen­te, über das er als Sub­jekt über­greift und das er erhält, indem er es ver­äu­ßert. […] Aus­tausch ver­ge­gen­ständ­lich­ter Arbeit gegen leben­di­ge Arbeit kon­sti­tu­iert noch nicht weder auf der einen Sei­te das Kapi­tal noch auf der and­ren Sei­te die Lohn­ar­beit. Die gan­ze Klas­se der sog Diens­te vom Schuh­put­zer bis zum König fällt in die­se Kate­go­rie. Eben­so der freie Tag­löh­ner, den wir spo­ra­disch fin­den über­all, wo [… die] Gemein­de sich auf­löst in ein­zel­ne Ele­men­te … [377)

Bei per­sön­li­chen Dienst­leis­tun­gen wird der Gebrauchs­wert als sol­cher kon­su­miert, ohne aus der Form der Bewe­gung in die der Sache über­zu­gehn. […] …selbst gesetzt, A zah­le Geld für den Dienst, so ist dies kei­ne Ver­wand­lung sei­nes Gel­des in Kapi­tal, son­dern viel­mehr Set­zen des­sel­ben als blo­ßen Zir­ku­la­ti­ons­mit­tels, um einen Gegen­stand des Kon­sums, einen bestimm­ten Gebrauchs­wert zu erhal­ten. Die­ser Akt ist daher auch kein Reich­tum pro­du­zie­ren­der, son­dern umge­kehrt Reich­tum kon­su­mie­ren­der Akt. Es han­delt sich für A durch­aus nicht dar­um, daß sich Arbeit als sol­che, eine gewis­se Arbeits­zeit, also Wert , in dem Tuch objek­ti­viert, son­dern daß ein gewis­ses Bedürf­nis befrie­digt wird. A ist nicht ver­wer­tend, son­dern ent­wer­tend sein Geld, indem er [es] aus der Form des Werts in den des Gebrauchs­werts über­setzt.  […] Je öfter A den Aus­tausch wie­der­holt, des­to mehr ver­armt er.  […] Es bedarf kei­ner weit­läu­fi­gen Aus­ein­an­der­set­zung, daß Geld kon­su­mie­ren nicht Geld pro­du­zie­ren ist. (379)

Abge­se­hen von die­ser selt­sam flui­den Form der Arbeit in der Dienst­leis­tung scheint es doch so, dass der Kapi­ta­list durch Dienst­leis­tung .… ent­eig­net wird? Marx schreibt:

In der bür­ger­li­chen Gesell­schaft selbst gehört in die­se Rubrik aller Aus­tausch per­sön­li­cher Dienst­leis­tun­gen — auch Arbeit für per­sön­li­chen Kon­sum, Kochen, Nähen etc., Gar­ten­ar­beit etc., bis hin­auf zu den sämt­li­chen impro­duk­ti­ven Klas­sen, Staats­die­ner, Ärz­te, Advo­ka­ten, Gelehr­te etc. — gegen Revenu in die­se Kate­go­rie. […] Es fällt aber nie­man­dem ein zu den­ken, daß durch Aus­tausch sei­ner Revenu gegen sol­che Dienst­leis­tun­gen, d.h. durch sei­nen Pri­vat­kon­sum, der Kapi­ta­list sich als Kapi­tal setzt. Er ver­aus­gabt viel­mehr dadurch die Früch­te sei­nes Kapi­tals. (380)

Bis hier­her hän­disch abge­schrie­ben vom Buch. Eini­ge wei­te­re Zita­te über­neh­me ich vom Marx-Forum und Trend­par­ti­san (hier und hier)

„Ein Schau­spie­ler z. B. … ist hier­nach ein pro­duk­ti­ver Arbei­ter, wenn er im Dienst eines Kapi­ta­lis­ten … arbei­tet, dem er mehr Arbeit zurück­gibt, als er in der Form des Lohns von ihm erhält, wäh­rend ein Flick­schnei­der, der zu dem Kapi­ta­lis­ten ins Haus kommt und ihm sei­ne Hosen flickt, ihm einen blo­ßen Gebrauchs­wert schafft, ein unpro­duk­ti­ver Arbei­ter ist. Die Arbeit des ers­te­ren tauscht sich gegen Kapi­tal aus, die des zwei­ten gegen Reve­nue (= Kon­sum­aus­ga­ben). Die ers­te­re schafft einen Mehr­wert; in der zwei­ten ver­zehrt sich eine Reve­nue.“ K. Marx, Theo­rien über pro­duk­ti­ve und unpro­duk­ti­ve Arbeit, MEW 26.1, 127.

„Eine Sän­ge­rin, die auf ihre eige­ne Faust ihren Gesang ver­kauft, ist ein unpro­duk­ti­ver Arbei­ter. Aber die­sel­be Sän­ge­rin, von einem Unter­neh­mer enga­giert, der sie sin­gen lässt, um Geld zu machen, ist ein pro­duk­ti­ver Arbei­ter; denn sie pro­du­ziert Kapi­tal.“ K. Marx, Theo­rien über den Mehr­wert I., MEW 26.1, 377.

„End­lich erlaubt die außer­or­dent­lich erhöh­te Pro­duk­tiv­kraft in den Sphä­ren der gro­ßen Indus­trie, beglei­tet, wie sie ist, von inten­siv und exten­siv gestei­ger­ter Aus­beu­tung der Arbeits­kraft in allen übri­gen Pro­duk­ti­ons­sphä­ren, einen stets grö­ße­ren Teil der Arbei­ter­klas­se unpro­duk­tiv zu ver­wen­den …“ K. Marx, Kapi­tal I, MEW 23, 469.

Fin­de ich enorm span­nend, weil sich m.E. gegen­wär­tig nicht nur die Arbeits­pro­zes­se zuneh­mend in die­sem selt­sam “flui­den” Zustand befin­den, aus dem Marx sie ret­ten woll­te — son­dern sich schon bei Marx anzu­deu­ten beginnt, dass die Kon­zen­tra­ti­on auf die ver­ge­gen­ständ­lich­te Arbeit eine künst­li­che Abs­trak­ti­on, der Wer­tä­ti­ge mit sei­ner ver­gen­ständ­li­chen­den Arbeit — eine Rand­er­schei­nung. Denn was genau wür­de den dienst­leis­ten­den Holz­ha­cker vom Werk­tä­ti­gen bzw. Wert-Täti­gen scharf genug tren­nen? Wie gesagt — ich bin kein Mar­xist, fin­de nur an die­ser Fra­ge eine sinn­vol­le Anknüp­fung und ein Befra­gen von mar­xis­ti­schen Kate­go­rien drin­gend notwendig.

Zudem ver­an­lasst es mich, dem­nächst doch noch über die Fra­ge des Urhe­ber­rechts in Zei­ten des Flui­dums oder des Per­for­mats (Kus­anow­sky etwa hier) zu schreiben.

Boltanski/Ciapello über die vernetzte Welt

Juni 29th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Boltanski/Ciapello über die vernetzte Welt § permalink

Da ich in letz­ter Zeit die Reflxi­on über die Netz­dra­ma­tur­gie etwas habe schlei­fen las­sen, wenigs­tens eine zitie­ren­de Anknüp­fi­ung an die sozio­lo­gi­sche Dimen­si­on, an Boltanski/Chiapello Der neue Geist des Kapi­ta­lis­mus:

Meh­re­re Indi­zi­en deu­ten […] dar­auf hin, dass die Netz­me­ta­pher all­mäh­lich eine neue, all­ge­mein­gül­ti­ge Gesell­schafts­kon­zep­ti­on dar­stellt. [187;…] Die Ent­wick­lung der hier so genann­ten kon­ne­xio­nis­ti­schen Welt und das all­mäh­li­che Ent­ste­hen einer pro­jekt­ba­sier­ten Polis, durch die sich die­se Welt einer Gerech­tig­keits­norm beu­gen muss, bil­den die wesent­li­che nor­ma­ti­ve Basis, auf der der neue Geist des Kapi­ta­lis­mus beruht. [205;…] Im Miet­ver­hält­nis tritt eine drit­te Kom­po­nen­te des Besit­zes in den Vor­der­grund: das voll­gül­ti­ge, aber befris­te­te Nut­zungs­recht. In einer ver­netz­ten Welt muss man die­ser und nur die­ser Kom­po­nen­te sei­ne gan­ze Auf­merk­sam­keit wid­men […] Das Miet­ver­hält­nis ist die Form, die dem Pro­jekt, der Mon­ta­ge für eine befris­te­te Zeit ent­spricht.  [207;…] In einer ver­netz­ten Welt […] ver­schwin­det die Unter­schei­dung zwi­schen Pri­vat- und Berufs­le­ben ten­den­zi­ell unter dem Ein­druck einer dop­pel­ten » Read the rest of this entry «

Der Fluch der nicht-entfremdeten, selbstverwirklichenden Arbeit

Juni 24th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Der Fluch der nicht-entfremdeten, selbstverwirklichenden Arbeit § permalink

Was haben Uto­pis­ten und Frei­heits­kämp­fer nicht geträumt: von einer Arbeits­welt ohne Ent­frem­dung. Ohne Robo­ter­i­sie­rung und Mecha­ni­sie­rung des Men­schen. In der der Arbei­ter nicht mehr nur das Teil als see­len­lo­ses Teil pro­du­ziert, son­dern als Teil eines Gan­zen wahr­ge­nom­men, aner­kannt, gewür­digt wird — und selbst den Stolz dar­auf genie­ßen kann, sich in ein gan­zes Nicht-Ich (mit)entäußert zu haben, aus dem er sich selbst anblickt und als Ich ver­wirk­li­chen kann. Eine Arbeits­welt, die den gan­zen Men­schen mit all sei­nen Fähig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten, mit Herz und Hirn ein­be­zieht und sei­ne Uner­setz­lich­keit und Ein­zig­keit herausstellt.

Ein schö­ner — Alb­traum, wie sich zuneh­mend zeigt. Schon Boltanski/Chiapello haben dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Geist des Kapi­ta­lis­mus sich ger­ne von sei­nen Kri­ti­kern und Geg­nern inspi­rie­ren und revi­ta­li­sie­ren lässt. So auch von den 68er-For­de­run­gen nach nicht-ent­frem­de­ter, selbst­ver­wirk­li­chen­de Arbeit. Und die Kon­se­quenz? Beschreibt im Frei­tag ges­tern ein schö­ner Arti­kel (hier) von Prof. Andre­as Lan­ge (hier) vom Deut­schen Jugend­in­sti­tut (hier). Ich erlau­be mir, einen Absatz zu zitie­ren (Her­vor­he­bun­gen von mir):

Im Über­blick gese­hen bedin­gen Pro­zes­se der Ent­gren­zung des Wirt­schafts- und Arbeits­sys­tems, dass gegen­über dem Refe­renz­zeit­raum der sech­zi­ger bis acht­zi­ger Jah­re des letz­ten Jahr­hun­derts ers­tens der rela­ti­ve Anteil von Arbeits­plät­zen mit den Merk­ma­len Auto­no­mie und » Read the rest of this entry «

Definition von Theater (normativ)

Juni 22nd, 2010 § Kommentare deaktiviert für Definition von Theater (normativ) § permalink

Thea­ter ist das Labor der prak­ti­schen Vernunft.

“Arbeit ist heute vor allem ein Spiel zwischen Personen.”

Juni 21st, 2010 § Kommentare deaktiviert für “Arbeit ist heute vor allem ein Spiel zwischen Personen.” § permalink

Ein Zitat des unver­meid­li­chen Nor­bert Bolz in einem Betrag aus 2004 für SWR2 mit dem Titel “Wel­che Arbeit braucht der Mensch? — Über­le­gun­gen zur Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft” (hier)

Wei­ters gefällt mir die fol­gen­de Auf­zäh­lung (bes­od­ners Punkt 3):

Da ist ers­tens die Glo­ba­li­sie­rung der Wirt­schaft, deren Schlüs­sel­fi­gu­ren sich denn auch Glo­bal Play­ers nen­nen las­sen; da ist zwei­tens die Imma­te­ria­li­sie­rung der Pro­duk­te und der des­halb wach­sen­de Bera­tungs­be­darf; da ist drit­tens die Vir­tua­li­sie­rung der Arbeits­ver­hält­nis­se, die Tele­com­muter und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­no­ma­den ein Selbst­be­wusst­sein ver­leiht, das der frü­he­re Greatful Dead und jet­zi­ge Inter­net-Guru John Bar­low auf die For­mel gebracht hat: Wenn Du etwas » Read the rest of this entry «

Netzdramaturgie, vernetzte Welten, Systeme

Juni 20th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Netzdramaturgie, vernetzte Welten, Systeme § permalink

Die Lek­tü­re von Boltanski/Chiapello bringt mich zurück zu den län­ger nicht mehr ver­folg­ten Über­le­gun­gen zur Netz­dra­ma­tur­gie (hier). Im neu­en Geist des Kapi­ta­lis­mus füh­ren die Autoren eine Epo­chen­fol­ge an, die zugleich eine Epo­chen­fol­ge der “dra­ma­ti­schen” oder nicht-mehr-dra­ma­ti­schen Lite­ra­tur sein könnte:

Das Sozi­al­le­ben wird von nun an nicht mehr — wie noch in der fami­li­en­ka­pi­ta­lis­ti­schen Welt — als eine Rei­he von Rech­ten und Pflich­ten gegen­über einer erwei­ter­ten Fami­li­en­ge­mein­schaft dar­ge­stellt, und auch nicht — wie es für die Indus­trie­welt galt — als eine abhän­gi­ge Beschäf­ti­gung » Read the rest of this entry «

Boltanski/Chiapello: Trennung von Wirtschaft und Gesellschaft

Juni 19th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Boltanski/Chiapello: Trennung von Wirtschaft und Gesellschaft § permalink

Vor Wochen hat­te ich hier und hier die Behaup­tung gepos­tet, das Grund­pro­blem der Wirtschaft(swissenschaft) bestehe in der ursprüng­li­chen Tren­nung von Wirt­schafts- und Gesell­schafts­wis­sen­schaft. Das dünk­te mich neu — ich hät­te viel­leicht aber ein­fach Boltanski/Chiapello Der neue Geist des Kapi­ta­lis­mus S.48f. (ama­zon) zitie­ren sollen:

Die Ent­wick­lung der Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten hat — ob es sich nun um die klas­si­sche oder mar­xis­ti­sche Wirt­schafts­leh­re han­delt — zu einer Vor­stel­lung der Welt bei­getra­gen, die gegen­über dem tra­di­tio­nel­len » Read the rest of this entry «

Das Politische in der Dramatik — ein spannender Diskussionsbeginn

Juni 16th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Das Politische in der Dramatik — ein spannender Diskussionsbeginn § permalink

Irgend­wo auf den Mühl­heim-Sei­ten von nacht­kri­tik, in die ich mich (lei­der!) nur zufäl­lig ver­irrt bzw. gefun­den habe, fand ich (hier) einen sehr span­nen­den Dis­kus­si­ons­an­satz zum The­ma poli­ti­sche Reflek­tiert­heit von Dra­men, “phä­no­me­no­lo­gi­sche” clo­se descrip­ti­on ver­sus begriff­lich-sys­te­ma­tisch struk­tu­rier­tem Den­ken von Zusam­men­hän­gen. Dis­ku­tan­ten immer­hin Oli­ver Bukow­ski, Nis-Mom­me Stock­mann und der Kri­ti­ker Chris­ti­an Rakow, des­sen (jeden­falls aktu­ell) letz­ten Satz ich in sei­ner Stoß­rich­tung nur voll unter­stüt­zen und bejah­ren kann.

In einem hal­te ich die aktu­el­le Ent­wick­lung wirk­lich für pro­ble­ma­tisch: im (öko­no­misch for­cier­ten) Zwang, klei­ne Zei­chen zu pro­du­zie­ren, die » Read the rest of this entry «

Die Krise der Politik ist die Folge einer Gesellschaftskrise

Juni 14th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Die Krise der Politik ist die Folge einer Gesellschaftskrise § permalink

Als Nach­trag zum gest­ri­gen Pos­ting (hier) eine Erwei­te­rung oder Ver­zwei­gung der The­se, dass die Wirt­schafts­kri­se tat­säch­lich eine Gesell­schafts­kri­se ist, heu­te die The­se, dass die gegen­wär­tig zu erle­ben­de Kri­se des Poli­ti­schen bzw. der poli­ti­schen Ver­ant­wor­tungs­trä­ger im Wesent­li­chen nicht im Poli­ti­schen oder bei den Zurück­tre­ten­den oder Nicht-Zurück­tre­ten­den zu suchen ist — son­dern eben­falls im gesellschaftlichen.

Funk­ti­on der poli­ti­schen Exe­ku­ti­ve — heißt: der Regie­run­gen — kann es nur sein, Auf­trä­ge oder mut­maß­li­che Auf­trä­ge der Gesell­schaft zu exe­ku­tie­ren. Der Auf­trag aber kann nicht aus der Poli­tik kom­men, ja er darf nicht ein­mal aus der Poli­tik kom­men. Die der Regie­rung oder den auf ver­schie­de­nen Ebe­nen Regie­ren­den » Read the rest of this entry «

Where Am I?

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