Juni 21st, 2010 § Kommentare deaktiviert für “Arbeit ist heute vor allem ein Spiel zwischen Personen.” § permalink
Ein Zitat des unvermeidlichen Norbert Bolz in einem Betrag aus 2004 für SWR2 mit dem Titel “Welche Arbeit braucht der Mensch? — Überlegungen zur Dienstleistungsgesellschaft” (hier)
Weiters gefällt mir die folgende Aufzählung (besodners Punkt 3):
Da ist erstens die Globalisierung der Wirtschaft, deren Schlüsselfiguren sich denn auch Global Players nennen lassen; da ist zweitens die Immaterialisierung der Produkte und der deshalb wachsende Beratungsbedarf; da ist drittens die Virtualisierung der Arbeitsverhältnisse, die Telecommuter und Kommunikationsnomaden ein Selbstbewusstsein verleiht, das der frühere Greatful Dead und jetzige Internet-Guru John Barlow auf die Formel gebracht hat: Wenn Du etwas » Read the rest of this entry «
Juni 20th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Netzdramaturgie, vernetzte Welten, Systeme § permalink
Die Lektüre von Boltanski/Chiapello bringt mich zurück zu den länger nicht mehr verfolgten Überlegungen zur Netzdramaturgie (hier). Im neuen Geist des Kapitalismus führen die Autoren eine Epochenfolge an, die zugleich eine Epochenfolge der “dramatischen” oder nicht-mehr-dramatischen Literatur sein könnte:
Das Sozialleben wird von nun an nicht mehr — wie noch in der familienkapitalistischen Welt — als eine Reihe von Rechten und Pflichten gegenüber einer erweiterten Familiengemeinschaft dargestellt, und auch nicht — wie es für die Industriewelt galt — als eine abhängige Beschäftigung » Read the rest of this entry «
Juni 19th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Boltanski/Chiapello: Trennung von Wirtschaft und Gesellschaft § permalink
Vor Wochen hatte ich hier und hier die Behauptung gepostet, das Grundproblem der Wirtschaft(swissenschaft) bestehe in der ursprünglichen Trennung von Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaft. Das dünkte mich neu — ich hätte vielleicht aber einfach Boltanski/Chiapello Der neue Geist des Kapitalismus S.48f. (amazon) zitieren sollen:
Die Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften hat — ob es sich nun um die klassische oder marxistische Wirtschaftslehre handelt — zu einer Vorstellung der Welt beigetragen, die gegenüber dem traditionellen » Read the rest of this entry «
Juni 13th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Die Krise ist keine Wirtschaftskrise, sondern eine Gesellschaftskrise § permalink
Vor einigen Wochen hatte ich mich (hier und hier) dazu erhoben zu behaupten, das Wirtschaftssystem sei längst schon kein Subsystem der Gesellschaft mehr, sondern umgekehrt die Gesellschaft ein Subsystem der Wirtschaft. Echte Luhmann-Kenner und Systemtheoretiker wie Kusanowskys differentia und Strobl/Lübberdings weissgarnix würden mir dafür vermutlich den Allerwertesten versohlen, weil ich Luhmann dermaßen fehlinterpretiere und fehlverwende. Was mich nur dazu bringt, im Stehen weiterzuschreiben und mein Missverständnis so lange voranzutreiben, wie es fruchtbar scheint (wobei ich für Korrekturen selbstverständlich neugierig dankbar bin).
In der taz/Le Monde diplomatique ist an diesem Wochenende ein langer Artikel von Serge Halimi (mehr) zu finden mit dem Titel „Macht und Geld und Politik“ (hier). Darin argumentiert er an einer Reihe von Beispielen zur folgenden » Read the rest of this entry «
Mai 26th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Ein Wütchen geht durch Theaterdeutschalnd, das Wut werden … will? kann? soll? wird? § permalink
Etwas tut sich im Theaterstaate Deutschland. Ein Windchen rauscht und bläht sich, will werden — aber was? Hier jedenfalls wars zu vernehmen:
- Sparende Politiker: finden Theater – insbesondere in Wuppertal – überflüssig (hier)
- Wuppertal: Die Theater finden sparende Politiker doof. (hier)
- Kehlmann (Weltvermesserer): findet Regietheater doof. hier
- Heidelberg: Stückemarktjury findet die eingereichten Stücke zu doof um auszeichenbar zu sein. (hier) N.B.: Auf ähnlicheWeise ist übrigens auch ein Nachwuchstalent Papst Benedikt XVI geworden … Erst rumdiskutieren und dann: ratzefatz.
- Stockmann (Nils-Momme, Stückemarktjuror): findet Kritiker doof (hier oder hier)
- Dössel (Kritikerin und Stockmann-Mitjurorin): findet deswegen Stockmann ziemlich doof (hier).
- Streeruwitz: findet angepasste Schreiber und die neoliberale Arbeitsordnung der Theater und ihrer Jungdramatiker doof (hier)
- Battle Autoren: finden Theater doof, die keine Knete für Arbeitsleistung rüber reichen (hier).
- Spuhler (Heidelbergintendant): Findet dass die Juroren lieber nicht hätten Juroren werden sollen, wenn sie nicht jurieren wollen (im Mannheimer Morgen am 17.5.). Oder so. Und beurteilt die Urteile der Nichturteilenwollenden (wenn ers denn auf nachtkritik hier im Kommentar 85 und 87 war) als …irgendwas.
- Nichtausgezeichnete, auserwähle Autoren (5): finden, dass die Jury den Sinn der Nachwuchsförderung nicht versteht und dass der Heidelberger Wettbewerb, der Dramatiker fördern soll (in dem von dem Autoren bei der Jury vermissten Verständnis), nicht über Nachwuchsförderung debattieren soll. (hier)
- Die Jury (Dössel, Altorfer, Stockmann): fands offenbar ok, Gastautoren aus Israel einzuladen, ihnen am Ende der Reise mitzuteilen, dass man die Stücke eigentlich scheiße findet, um sie dann wieder zu verabschieden (Übrigens – falls jemand mich mal nichtauszeichnen will: teilts mir bitte brieflich mit!)
- Frank Kroll: findet spontan mindestens zwei der Heidelbergnichtpreiswürdigen Stücke ganz gut und auszeichenbar (hier Kommentar 59). Und ist eh ein guter Typ. Warum bloggt er so wenig hier?
- Christine Dössel: findet Spuhler und den Stückemarkt doof. Den Vermarktungszusammenhang unangenehm. Die jurierten Stücke schlecht. Und findet, dass 2500 Euro für jeden einreichenden Autoren super sind – und dass das eigentlich besser ist als einen mit viel zu viel Geld reich und arbeitsscheu zu machen. (nochmal hier)
- Botho Strauß: findet das Theater allgemein doof. Also das von nach seiner Zeit. Damals. (hier)
- Thomas Ostermeier: Jahrgang 1968 (das findet nachtkritik.de erwähnenswert ; zudem das Geburtsjahr der Herrn Strauß – der ist 66 und damit am Beginn seines Lebens, wie der Dichter Jürgens weiland sang). hier
- Thomas Ostermeier (selbst): findet Strauß doof, weil der Theater schmäht, obwohl er ja gar nicht alles gesehen hat. (hier)
- Ulrich Khuon (Intendant): findet Botho Strauß (Dramatiker?) doof. (hier)
Ich: finde es großartig, dass sich in Theaterdeutschland was regt. Zarte Wutpflänzchen zwar erst, die sich noch etwas ungelenk an den Kreissaalnachbarn ausprobieren, bevor sie laufen lernen. Aber wenn diese Wut dann größer wird, die Augen und Ohren öffnet und den Thaliakreissaal hinterm Eisernen verlässt und ans Tageslicht tritt – dann kann Theater vielleicht werden, was es sein muss: (Für alle Literaturliebhaber: Ich wechsle jetzt gewaltsam das sprachliche Bild) Die » Read the rest of this entry «
April 29th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Dieser Herr Köhler! § permalink
Ich bin geneigt alle Scherze auf Kosten des Bundespräsidenten wenn nicht zurückzunehmen, so doch ein Scherzmoratorium zu verhängen — angesichts einiger Passagen seiner heutigen Rede. Ich erlaube mir, daraus zu zitieren:
Zu meinem Lieblingsthema Wirtschaft+Gesellschaft:
Wir brauchen erstens Finanzmärkte unter dem Primat demokratischer Politik und im Dienst der Gesamtwirtschaft. Wir brauchen zweitens eine Wirtschaft im Dienste der gesamten Gesellschaft. Und wir brauchen drittens ein gesellschaftliches Miteinander, zu dem alle beitragen. Das sind drei Gestaltungsaufgaben, die uns niemand abnimmt. Sie verlangen den Mut der Politik, die Einsicht der Bürger und die Bereitschaft zur demokratischen Selbstbestimmung.
Zu meinem Lieblingsthema “Ende des Wachstums”:
Bis zur Stunde verlassen wir uns darauf, dass vor allem Wirtschaftswachstum helfen wird, mit dem Schuldenproblem fertig zu werden. Manche empfehlen sogar, dafür zunächst noch mehr Schulden zu machen. Ich glaube, das ist ein schlechter Rat, dem wir auf keinen Fall folgen sollten. Er würde uns in eine aussichtslose Schuldenfalle führen, weil sich für die entwickelten Volkswirtschaften Grenzen des Wachstums nicht mehr übersehen lassen.
Leider wirds zum Ende hin dann doch immer weniger mutig. Aber lesenswert ists allemal. Die Rede gibts hier.
April 23rd, 2010 § § permalink
Für heute Abend kündigt die Tagesschau einen Brennpunkt mit dem seriös-abgewogenen Titel “Ruiniert Griechenland Europa?” an. Selbstverständlich fehlt einem (zudem noch immer nicht fitten) Kleinhirn wie mir sämtliche (Aus-)Bildung, um die Situation des Staatshaushaltes dieses Landes einschätzen zu können. Also verbreite ich mich darüber auch nicht und orakele auch nicht darüber herum, was jetzt “das Beste” wäre. Aber einen Vorschlag gäbs zu machen: Wenn denn nun vor anderthalb Jahren Staaten Milliarden aufgebracht haben (bzw. versprachen, dass sie aufgebracht werden werden), um Banken zu retten, weil es sich um “systemrelavante” Häuser handele, die zudem noch “Too big to fail” seien — wärs dann jetzt nicht an der Zeit für den Gegenzug der Bankenwirtschaft. Sollten Deutsche Bank, Commerzbank, IKB, WestLB, AIG, Bank of America nicht einen Rettungsschirm über Griechenland spannen. Die Banken stellen Milliarden zur Verfügung, verbilligen die Kredite. Griechenland darf seine “toxischen Kredite” auslagern (hatte hier ja schonmal Liechstenstein als “Bad Country” vorgeschlagen …). Und alle leben glücklich und zufrieden bis an irgendein Ende.
Natürlich wirds so nicht laufen — und ich wette, es findet sich jemand, der auch diese Rechnung bezahlen wird. Und das wird wiederum wer sein …? Na? Hat was mit Steuern vom Arbeitslohn zu tun …! Wobei mich zumal die Zinsen erheblich stören, die wiederum wer kassiert? … Na? … Genau die … Banken. Wahnsinn. Wer gründet mit mir die Brecht-Bank?
Nachtrag — ein sauberer Anlass nicht bis nach der Krise mit einem weiteren “Trubinal” (Nein, das ist kein Schreibfehler) zu warten, sondern umgehend eins in einem Theater abzuhalten.
April 21st, 2010 § Kommentare deaktiviert für Von der Krise zur Disruption — und dann? § permalink
Ich habe hier im Blog ja bereits gelegentlich (etwa hier, hier, und vor allem hier, hier und hier) die These vorgetragen, dass ich nicht an die “Finanzkrise” als eigentliches Problem, sondern höchstens als Oberflächenphänomen glaube. Eine beachtliche Welle auf einer weit größeren. Egal ob mans als “Ende der Arbeit” (Rifkin) Digitale Disruption oder Abwärtswachstum beschreibt — ich glaube nicht daran, dass das Ende der Finanzkrise in einen Zustand führt, wie er etwa 2008 bestand. Oder 2000. Oder 1990. Und ich glaube auch nicht, dass die Verantworlichen in Politik und Wirtschaft das glauben. Dafür treten inzwischen zu viele Skeptiker des Wachstums-Glaubens auf. Heute kam mir auf SpOn ein Artikel unter, der eine Studie von Boston Consulting (im Auftrag des manager magazin) darstellt. Dort heißt es ganz am Ende:
Die BCG-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die bislang in Deutschland dominierenden Branchen den Wohlstand nicht länger sichern können, unabhängig vom tatsächlichen Konjunkturverlauf. Wachstumspotentiale gibt es der Untersuchung zufolge in neuen, forschungsintensiven Bereichen, etwa Umwelttechnologien, aber auch Bio- und Nanotechnologie. (hier)
Als Folge rechnet BCG lustig drauflos und prophezeit den Verlust hunderttausender Arbeitsplätze. Dieser lässige Hinweis auf “Wachstumsbranchen” kann natürlich nicht akzeptiert werden als echte Idee, was dagegen zu machen ist. BCG hat offenbar keine Ideen (N.B. ich habe die Studie allerdings nicht gelesen!). Aber vielleicht wird es Zeit für eine breite Debatte, wie das “Ende der Arbeit” wirklich aufgeschoben oder auf gerechte Weise bewältigt wird. Anders gesagt: Was geschieht mit Millionen Menschen (insgesamt dann etwa 5–6 Millionen), die mit Sicherheit in Deutschland schlicht und einfach auf dem sogenannten Arbeitsmarkt keinen Platz mehr haben und finden werden? Egal wie viele “niederwertige Arbeiten” sich die Kochs dieser Welt im Kampf gegen “spätrömische Dekadenz” auch einfallen lassen mögen. Was?
März 10th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Kraft mit Arbeit § permalink
Nur der Putzigkeit halber und weils so schön zu den Moraldebatten passt und den spätrömischen Leistungsanreiztheoremen, die da behaupten, Arbeit sei letztlich so überflüssig und unangenehm, dass man Menschen, die keine haben, den Unterhalt weit genug herunterkürzen müsse, das der knurrende Magen sie zurück an die Stechuhr treibt: Die Einlassungen der Frau Kraft aus NRW zum Thema zeigen, wie wundervoll würdeschaffend doch Arbeit ist:
Sie will Langzeitarbeitslose für gemeinnützige Arbeit etwa in Altenheimen oder Sportvereinen einsetzen, um ihnen ein Gefühl der Würde wiederzugeben. {…}
“Wir müssen endlich ehrlich sein: Rund ein Viertel unserer Langzeitarbeitslosen wird nie mehr einen regulären Job finden”, begründete Kraft ihre Initiative. Diese Menschen bräuchten ein neues Angebot, das ihnen eine “würdevolle Perspektive” gebe. (spOn)
Hm. Würde also. Perspektive. Du bekommst keine Arbei mehr, aber wir eröffnen eine Art Arbeits-Disneyland, das dir die Simulation von Arbeit verschafft. Und » Read the rest of this entry «
März 10th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Die Arbeitsmoral darf nicht sinken! § permalink
Spiegel Online erfreut uns mit einem Artikelchen, das die in letzter Zeit hier gelegentlich geäußerte Kritik an wirtschaftswissenschaftlichen Erwägungen wunderbar zusammenführt — in einem Negativbild. Die Autoren Andreia Tolciu und Michael Bräuninger, offensichtlich zutiefst geprägt vom wirtschaftswissenschaftlichen Dressurmeerschweinchendenken, zeigen sich verwundert, dass bei den lächerlichen Löhnen, die etwa in Ostdeutschland gezahlt werden, überhaupt noch jemand arbeiten geht:
Diese nichtmonetären Faktoren, die das Verhalten und die Mentalität vieler Arbeitnehmer prägen, könnten erklären, warum es im Osten immer noch Friseurinnen gibt — trotz Stundenlöhnen von gerade mal vier Euro. Oder warum sich Niedriglöhner mit Kindern für Arbeit entscheiden — obwohl sie am Monatsende kaum mehr in der Tasche haben als eine Hartz-IV-Familie.
“Könnten erklären” — “nichmonetäre Fakten”. Hm. Aha.Dieses Erklärungsmuster gibt sogar Anlass, extra für diese Berufsgruppe der Sich-dummarbeiter die ökonomische Theorie zu überarbeiten:
Die Einstellungen einer Gesellschaft zur Arbeit haben große Bedeutung für das Funktionieren einer Volkswirtschaft. Die ökonomische Theorie sozialer Interaktionen zeigt, dass die Sozialstaatsdebatte nicht mehr nur auf eine klassische monetäre Kosten-Nutzen Analyse reduziert werden » Read the rest of this entry «