Erster Akt: Die Werbeindustrie tritt auf. Denn Nachrichten über ihre Produkte werden bisher nur dann überhaupt wahrgenommen, wenn sie im Umfeld eines Inhaltes platziert sind, der die Menschen interessiert. Werbung ist dabei lediglich die Beilage, die Unterbrechung, das „Supplement“. Wenn die alten Werbeträger wegsterben – kommt man zu einem neuen Modell: Einerseits suchen Inhaltemacher nach Geld – andererseits Geldinhaber nach Inhalten, neben denen die Werbebotschaft sich platzieren lässt. Eine Traumlösung?
Zweiter Akt: Die beiden Traumpartner des ersten Aktes passen nicht besonders gut zusammen. Inhaltlich nicht wirklich. Und es lohnt sich für beide auch nicht so recht. Große Unsicherheit. — Zugleich an einem anderen Ort: Die Verlage brechen endgültig zusammen. Rudimente bleiben im Netz erhalten: Als Servicedienstleiter für Lektorat und Literatur-Agententätigkeit gegen Bezahlung von Auftraggebern (insbes. Urhebern). Zugleich an einem andren Ort: Die meisten Urheber sehen kaum einen Cent für ihre Arbeit – sie haben aber Publikationsmöglichkeiten, die es nie zuvor gab. Sie können als Feierabend-Dichter, Musiker, Fotografen usw. ihre Werke anbieten gegen kleines Geld auf Plattformen, die nichts anderes regeln, als die Bezahlung (PayPal, iTunes, Facebook, Apps). Die Kreativität erhält einen ungeahnten Schub.
Dritter Akt: Überraschende Wendung. Die ersten Urheber können von ihrer Arbeit leben. Eine Mischung aus spärlichen Werbeeinnahmen, spärlichem Mikropayment, Weiterverwertungstantiemen (Buchausgaben, Platten, usw.) – und vor allem: Live-Veranstaltungen (Konzerten, Lesungen, Aufführungen) bringt ihnen ein Salär ein. Sie treffen auf die Urheber der älteren Generation und stellen fest: Die meisten von denen mussten Taxi fahren. Denn von den Preisen ihrer Werke haben sie zumeist nicht viel Geld gesehen. Wenn sies nicht sowieso selbst bezahle mussten. Es können nicht viel weniger von der Urheberschaft leben als früher. Vielleicht andere, vielleicht anders arbeitende.
Vierter Akt: Die Urheber sitzen zusammen und reden darüber, woher das Geld kommt. Eine große Gruppe ist bei öffentlich-rechtlichen Nachrichtenanstalten beschäftigt. Eine weitere Gruppe bei Hochschulen, Akademien und Universitäten. Eine weitere Gruppe an Kunstinstitutionen. Und sehr viele fahren Taxi, Kellnern oder machen sonst was anderes. Die ältere Generation sagt: War bei uns auch nicht anders.
Fünfter Akt: Die Verlage sind verschwunden, Druckereien, Vinylfabriken, CD-Fabriken, und so weiter ebenfalls. Zehntausende Menschen sind durch die Digitale Digression arbeitslos geworden. Das ist ein gigantisches Problem. Aber kein Urheberrechtsproblem. Vielen Urhebern geht es finanziell schlecht, einige leben (insbesondere in Berlin) von Hartz IV. Forderungen nach einem besseren Stipendienmodell werden zu Recht laut. Forderungen nach einer Ausweitung des Hochschulsystems für alle möglichen Formen von Urhebern. Oder noch besser: nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, das den Künstlern ohne allzu große Sorge um ihren Lebensunterhalt ermöglicht, ur zu heben. Diverse Micropayment-Systeme sorgen für einen geringen Finanzmittelfluss. Einige „Groß-Urheber“ tun sich zu kostenpflichtigen Gemeinschaftsportalen und ‑plattformen zusammen und leben davon.
Die Rezipienten rezipieren ohn Unterlass. Für das meiste zahlen sie nichts, geben aber immer die Quelle an. Wollen die Urheber gerne „live“ erleben und zahlen dafür. Und sie machen auch gerne mit beim Urheben. Kommentieren, inspirieren, diskutieren, machen Verbesserungsvorschläge. Eine kreative Gesellschaft entsteht. Eine Gesellschaft der Kreativen.
Ende des vierten Tages. Alle sind erschöpft – aber auch überrascht über den Ausgang.