Januar 31st, 2013 § Kommentare deaktiviert für Das Internet als Ort des Friedensschlusses zwischen Fernsehen und Philosophie. #MediaDivina § permalink
Die bereits bemerkte intellektuelle Begeisterung für das Internet, die Massen von Büchern und Aufsätzen zum Internet, und die Ablehnung des Fernsehens lassen sich vielleicht ganz einfach dadurch verstehen, dass das Internet als Meta-Medium beide integriert. Das Internet vereinigt Bewegtbild und Schrift, es pazifiziert das intellektuelle Skandalon des Fernsehbildes durch Einbindung in einen Schriftraum, ermöglicht der Schrift die Einbindung von Bewegtbildern. Vielleicht ist das der eiegentliche Grund für die Erfolgsgeschichte des Internets. Es ist der Ort, an dem der Schreiber seinen Frieden mit dem Fernsehen machen kann, indem er das Fernsehen — anders als das Buch — in seine Schrifft embedden und es zugleich schriftlich kommentieren kann.
Vielleicht.
Januar 31st, 2013 § Kommentare deaktiviert für Fernsehen als Herausforderung an Philosophie? #MediaDivina § permalink
Luhmanns „Die Kunst der Gesellschaft“ ist gelesen als schriftliche Abhandlung über Kunst durchaus inspirierend und lesenswert. Mindestens ebenso anregend und assoziologisch anschlussfähig ist sie aber für eine Beobachtung von Fernsehen. Und zwar scheint die Bemerkung, Kunst sei ‚zweckentfremdeter Gebrauch von Wahrnehmungen’ (KdG 41) weiterführend.
Luhmann beginnt im Kunstbuch mit der Gegenüberstellung der klassisch-neuzeitlichen Trennung von Sinnlichkeit und Verstand/Vernunft (13). Auf eine zugleich irritierende und interessante Weise mäandert Luhmann (etwa über die imaginationsinkludierende Anschauung und das ‚mit Gedanken möblierte’ Bewusstsein) sich durch zu einer Reformulierung dieses Verhältnisses als Wahrnehmung-Kommunikation. Nicht ganz von der Hand zu weisen ist dabei der (auch von Luhmann selbst bemerkte) Verdacht, Wahrnehmung spitze sich dabei wesentlich aus visuelle Wahrnehmung bildartiger Objekte, Kommunikation hingegen auf Sprache zu. Und wohl nur unter dieser Voraussetzung macht das Zitat über die Zweckentfremdung sinnvoll, weil in der (visuellen, bildlichen) Kunst eben Wahrnehmungsinhalte zu Kommunikationsinhalten werden. Und ebenso im Fernsehen. Anders als sprachliche Kommunikation weicht das Fernsehen nicht in die Sprache aus, um ÜBER etwas zu berichten (wie Zeitungen), sondern es überträgt ein Bild als Bericht. Man könnte also reformulieren, dass das Fernsehen nicht auf die Unähnlichkeit der Signifikanz (oder imaginäre Referenz) zielt, sondern das Bild als ähnlichen Referenten einsetzt. Ein Wahrnehmungsinhalt (Bild) wird damit nicht mehr nur zum Gegenstand der Wahrnehmung, sondern zum Kommunikationsinhalt. Fernsehen verwandelt durch das Kameraobjektiv gefilmte Gegenstände zu Bedeutungsträgern ihrer selbst. Man muss lediglich im folgenden Zitat „Kunstwerke“ durch „Fernsehbilder“ ersetzen:
„Anstelle von Worten und grammatikalischen Regeln werden Kunstwerke » Read the rest of this entry «
Januar 30th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Und das Fernsehen? § permalink
Es ist, meine ich, nicht uninteressant: Über Schrift und Buchkultur haben Wissenschaftler, Philosophen, Intellektuelle nachgedacht und durchaus eindrucksvolle Theoriegebilde erzeugt, gar ganze historische Abschnitte als Buchkultur bezeichnet. Um das zu tun, nutzten sie die Schrift, veröffentlichten Bücher. Ähnlich verhält es sich mit dem Internet. Als wäre ein Messias auf Erden herabgestiegen explodiert seit Mitte der 90er Jahre die Literatur über das Netz, Cyberspace, Netzkultur usw. Es explodiert in Aufsatz- und Buchform, aber auch in der Selbstreflexion von Netzschreibern. Voll der Utopie, der Prophezeihungen, der lustvollen Auseinandersetzung mit dem kulturellen Umbruch, den der Beginn des Internets mit sich brachte und dessen Auswirkungen sich nun immer unübersehbarer zeigen. Als hätte die Intellginz der westlichen Welt nur darauf gewartet, endlich wieder ein Medium zu finden, dass satisfaktionsfähig und nicht ehrenrührig ist.
Ganz anders das Fernsehen. Für ein neues Stückprojekt mit dem Arbeitstitel „Media Divina – Die göttliche Kommode“ fräse ich mich seit einiger Zeit ein wenig durch die Artefakte von Fernsehtheoretiker und wissenschaftlern. Und kann dabei dem Befund, den Lorenz Engell in seiner Einführung zur Fernsehtheorie gibt, nur zustimmen:
Anders als besipielsweise die Schrift oder der Film hat das Fernsehen keine Theorie, auch keine Mehrzahl an Theorien hervorgebracht, die mehr als einen isolierten Teilaspekt des Mediums erfassen und das Medium auf den Begriff, auf ein Modell oder einen in der Einheit der Differenzen gefassten Blickwinkel festlegen würden. Theoretisch scheint Fernsehen bis heute weitgehend unverstanden und seine Theorie jedenfalls unformuliert geblieben zu sein. (14)
Einige Seiten später beschreibt er „den beklagenswerten Zustand dieser Theorie, ihr Ungenügen, ihr Kleinformat, ihre Zerklüftung, ihre Versprengtheit, ihre eingeschränkte Geltung, ihre Verhaftetheit in einer schnellem Wandel unterworfenen Aktualität“ (24)
Dafür kann es viele Erklärungen geben. Eine könnte sein, dass Fernsehen lange » Read the rest of this entry «
Januar 16th, 2013 § Kommentare deaktiviert für (Theater)-Ästhetik des Aufstands: Vortragsvideo H.T Lehmann § permalink
Ein sehens- und hörenswerter, politisch engagierter Vortrag von Hans-Thies Lehmann bei der Böll-Stiftung. 50 lohnende Minuten vom Autor des Buches “Das postdramatische Theater”, der hier zu Politisch-Konkreten zurückfindet.
Als Appetitanreger ein Zitat vom Beginn, in dem Lehmann auf Althusser zurückgreifend, die illusionäre Verkennung eines politischen Theaters pointiert, das versucht, die Finanzkrise durch Personalisierung (auf Banker und Politiker) zu beschreiben, anstatt die Strukturen in den Blick zu bekommen. Dem kann ich mich — insbesondere mit Blick auf “Sich Gesellschaft leisten” und “Schuld und Schein” anschließen:
Das Bewusstsein unterliegt einem Zug zur Anthropomorphisierung. Es neigt zu einem von Grund auf illusionären Weltbild, das die Gesellschaft stets und systematisch in der Weise falsch versteht, weil es immer wieder der Höllenkälte der Strukturen und Machtblöcke ein menschliches Antlitz verleihen will. Nehmen wir die gegenwärtige Krise. Fast unwiderstehlich » Read the rest of this entry «
Januar 11th, 2013 § § permalink
Was macht denn Theater aus? Was kann es denn anderes, mehr, besser als Film, Fernsehen, Internet, Videospiele? Wo liegt die Quelle einer einzigartigen Kraft des Theatrons? Natürlich in der livehaftigen Kopräsenz von Darstellern und Zuschauern. Aber was heißt das schon, wenn das Darstellungspersonal in seiner Darstellung die Livehaftigkeit auf die Simulation eines nicht vorhandenen Screens einschränkt, vor dem die Zuschauer sitzen? In dem Kopräsenz lediglich zur Störungsquelle des Darstellungspersonals durch unbotmäßiges Hüsteln, Flüstern, falsches Gnickern wird, um nicht zu reden von Chips- und Popkorntütenrascheln oder den Geräuschen eines Kaltgetränkegenusses und ganz zu schweigen von der Benutzung digitaler Kommunikationsmedien. Was bleibt von der Kopräsenz, wenn das Publikum nichts anderes ist als potenzieller Störenfried?
Chips? Handys im Zuschauerraum? Wer will das denn? Will ich das? Ich weiß es nicht. Es geht darum auch gar nicht, sondern darum, dass Theater aus seiner Hier- und Jetzigkeit nichts zu machen versteht. Und wenn die Gegenfrage „Ja wie denn“ nicht nur polemisch-rhetorisch im Raum stehen bleibt, sondern vielleicht zum Ansatz eines künstlerischen Forschungsprogrammes wird, wenn zudem das allfällige gelangweilte „machen wir doch alles schon“ weg bleibt und akzeptiert wird, dass das Publikum das, was in dieser Form stattfindet, eben noch (!) nicht » Read the rest of this entry «
Januar 10th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Theater als Ort der Reflexion über die Mitweltzerstörung — Antwort an Frank Kroll, Teil 4 § permalink
Theater ist ein Ort der Gesellschaft in der Gesellschaft, ein Ort, den sich Gesellschaft leistet und in dem sie sich Gesellschaft leistet. Ein Ort in der Gesellschaft außerhalb der Gesellschaft, vielleicht ein Heterotop, was ich vor einiger Zeit einmal hier im Blog vergleichsweise mit der Agrippa-Legende von Titus Livius verglichen hatte. Theater ist der Ort, in dem hinein man aus der Tagesgesellschaft abends hinaustritt, um in die Gesellschaft zurück zu schauen, Reflexion also nicht im einfach bewusstseinsphilosophischen, sondern im durchaus optischen Sinne, in dem sich etwas widerspiegelt, das es außerhalb der Spiegelung nicht gibt. Eine Mimesis, die nichts nach-ahmt, sondern einfach ahmt und durch den Effekt des scheinbaren „nach“ der Ahmung Erkenntnis und Vergnügen miteinander zu verbinden zu vermag. Es ist ein Spiegelbild ohne Vorbild. Aber machen wirs vielleicht auch nicht zu kompliziert. Also anders.
Seit 40 Jahren schaffen wir allmählich ein gesellschaftliches Bewusstsein über Umweltzerstörung und die ungewünschten Folgen der Manipualtion an der physischen Natur. Es ist an der Zeit, für das21. Jahrhundert neben der Umweltzerstörung auch die Mitweltzerstörung in den Blick zu bekommen, die in den letzten fünf Jahren in der sogenannten Finanzkrise ihr gesellschaftliches Fukushima » Read the rest of this entry «
Januar 9th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Die Frage der Zahl der Produktionen — Antwort an Frank Kroll, Teil 3 § permalink
Natürlich stimme ich Frank Krolls Diagnose zu, dass die Anzahl der „Produktionen“ bereits zu hoch ist, um sowohl verträglich für die Mitarbeiter, als auch zuträglich für die Kunst zu sein. Höhere Schnelligkeit kann demnach nicht heißen, noch mehr in noch kürzerer Zeit zu produzieren. Würden Theaterleute nicht mit einer angeborenen Arroganz gegenüber den Erfahrungen nichtkünstlerischer Institutionen, wie es etwa Wirtschaftsbetriebe sind, herumlaufen, hätten sie die Fatalität dieses Prozesses schon längst absehen können: Wenn die Zahl der Kunden gleich bleibt oder sinkt, besteht die einzige Chance zum Wachstum (sprich: zu höheren oder zumindest gleich bleibenden Auslastungsquoten), den verbleibenden Kunden mehr (Inszenierungen) zu verlaufen, ihnen also zusätzliche Kaufanlässe zu bieten. Heißt: Erhöhung der Produktpalette. Geschieht dies bei gleichbleibenden oder sinkenden Budgets, tragen die Konsequenzen die Beschäftigten. Und die Produktqualität. Das ist so einfach, wie nur etwas. Und es ist kein infiniter Prozess, weil irgendwann die hingeschluderten Produkte auch immer weniger » Read the rest of this entry «
Januar 8th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Problem mit Kommentaren und Spam-Blockern § permalink
Kai Bremer hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, dass ein Kommentar von ihm nicht freigeschaltet wurde. Offenbar hat ein Antispam-Plugin diesen direkt gelöscht. Sollte das anderen Kommentatoren ähnlich gehen: Bitte Mail an mich. Adresse zu finden unter “Impressum”.
Januar 8th, 2013 § § permalink
Es ist an der Zeit, dass die deutsche Gesellschaft (wenn auch nicht unbedingt wieder die Deutsche Gesellschaft) wieder einmal fragte: „Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken?“.
Und bevor wir uns an die übergeordneten Fragen hinsichtlich des Menschseins begeben, ist also das „stehende“ zu befragen. Denn die zuletzt immer lauter werdende Debatte, die das sogenannte Freie gegen das sogenannte Stadttheater ausspielt, hat mehr oder minder deutlich die Frage nach diesem Stehenden gestellt, sofern das Stehende doch offenbar das alzu Beständige, das Starre, das Nicht-Bewegliche zu bezeichnen schien. Sollte eine Schaubühne also stehen oder nicht vielmehr gehen? Aber das nur als Exergue.
Wozu leisten sich Gesellschaften (ich verwende dieses Wort als leeren Begriff, der nichts meint als das, was er potenziell meinen könnte ohne doch bereits bestimmt zu sein) stehende Institutionen? Wozu dieser Bestand? Nicht wenige davon sollen widerstehen, sollen der Gang der Dinge verlangsamen und aufhalten, der ansonsten en passant zu Ergebnissen führt, die wären sie vorher bedacht worden, nicht eingetreten wären, da unerwünscht oder gefürchtet. Bauämter » Read the rest of this entry «
Januar 7th, 2013 § § permalink
Ich fürchte, die Zeit für „mal ausprobieren“, von der Frank Kroll schreibt, läuft ab. Es geht eher darum, neue Möglichkeiten entschlossen zu ergreifen, um Theater die Kraft (wieder) zu geben, die es hatte oder haben könnte. So menschlich verständlich es ist, dass das Führungspersonal nach jahrzehntelanger Belagerung durch Budgetsparer und Etatkürzer Ermüdungs- und Verschleißerscheinungen zeigt, so inakzeptabel ist es für die Institution und Kunst des Theaters. Es kann nur die Macht der Gewohnheit sein, die den Blick für den Dornröschenschlaf verschleiert, in dem Theater sich befinden. Und der, in dieser Form fortgesetzt, allmählich und unbemerkt in einen Big Sleep übergeht. Es ist eben nicht edler, die Pfeil und Schleudern des Geschicks zu dulden, sondern sich zu waffnen gegen diese See der Plagen und durch Widerstand sie zu beenden. Welchen Weg der Widerstand einschlagen soll – das mag jedes einzelne Theater für sich entscheiden. Nur Widerstand gegen Kameralisten zu leisten aber heißt, die Kräfte auf die falsche Flanke zu konzentrieren. Hier ist nichts zu gewinnen. Schon gar nicht durch späthoneckerhafte „Theater muss sein“ Aufkleber auf Autos.
Die Belagerungssituation entsteht ja nicht etwa aus übermächtigen Gegnern, sondern sie ist selbstgemachter Unbeweglichkeit geschuldet. Allerdings gemischt mit dem fehlenden Blick für mögliche Allianzen – und dazu zähle ich eben die Schreiber (formerly known as Autoren). Nicht in der Form einer Wiedereinsetzung » Read the rest of this entry «