Seit schriftliche Überlieferungen existieren, tauschen Autoren ihre Meinungen aus darüber, ob es besser sei, ein Leben in Muße zu führen (und dementsprechend Arbeit eher Sklaven gebühre) oder nur Arbeit das Leben sinn- und wertvoll mache. Wert oder Strafe. Die eine Gesellschaft verurteilt ihre Häftlinge zur Zwangsarbeit. Die anderen sperrt sie in Arbeitslosigkeit ein. Bei Otium finden sich wundervolle Zitate dazu. Folgende Frage steht im Raum (und solte auch in den Bühnenraum):
Hat nun der technische Fortschritt das Ziel, die Produktivität der Arbeitskraft zu erhöhen? Oder die Effizienz des Mitteleinsatzes? Soll bei gleicher Arbeit mehr rauskommen – oder dasselbe mit weniger Arbeit erledigt werden. Schafft der technische Fortschritt mehr Freizeit oder mehr Reichtum?
Unsere Gegenwart wird nicht zuletzt durch diesen nicht thematisierten Gegensatz in der Spannung gehalten, die sie zu zerreißen droht. Denn die Mehr-Leistungs-Fraktion ist ganz offensichtlich an die Grenzen gelangt, die die Aufnahmekapazität des Marktes hat. Denn irgendjemand muss das Mehrprodukt kaufen. Und irgendwann kommt der Punkt wo kein Mehr mehr Sinn macht. Kam der Punkt. Er ist in den westlichen Gesellschaften längst überschritten. Selbst die immer kürzen Lebenszyklen der Produkte und die immer schneller aufeinander folgenden Innovationsschübe sorgen nicht mehr dafür, dass die Märkte expandieren. Es sei denn, sie wachsen in neue geographische Regionen – wo sie das Problem in etwa der Weise aufschieben, wie ein neu entdecktes Ölfeld das Enden des Ölzeitalters. Aufgeschoben. Nicht aufgehoben. Mithilfe Chinas kommt vielleicht weitere 10–20 Jahre Wachstum. Aber es wird nicht reichen – weil diese wachsenden Volkswirtschaften den Teufel tun werden, sich an den Tropf von Exportnationen zu hängen (wie es Deutschland ist).
Also wird früher oder später das Kredo der Marktexpansion an sein Ende kommen. Und dann? W“ohin mit der Freizeit, wenn sie nicht als Arbeitslosigkeit stigmatisiert und “bekämpft” werden soll?