Das Grundproblem der Wirtschaft(swissenschaft)

Februar 20th, 2010 § 1 comment § permalink

Im Zuge der soge­nann­ten Finanz- und Wirt­schafts­kri­se wird dem Wirt­schafts­sys­tem bzw. sei­nen füh­ren­den Ver­tre­tern ger­ne unver­ant­wort­li­ches, unmo­ra­li­sches oder gar kri­mi­nel­les Han­deln vor­ge­wor­fen. Das mag so ange­hen — und der dar­aus resul­tie­ren­de Zwang zur Recht­fer­ti­gung etwa der Auto-Chefs vor dem Senat in den USA tut den Wirt­schafts­füh­rern sicher­lich ganz gut. Allein: Die Wur­zeln des Übels lie­gen woan­ders. Sie sind in der Abson­de­rung des “Sub­sys­tems Wirt­schaft” (Luh­mann) von der Gesell­schaft, in der wis­sen­schaft­lich-theo­re­ti­schen Tren­nung von “Wirt­schaft und Gesell­schaft” bzw. in der Tren­nung von Sozio­lo­gie, Psy­cho­lo­gie und Öko­no­mie zu sehen.

Die Fol­ge die­ser theo­re­ti­schen Tren­nung: Die Den­ker, die sich mit dem Sub­sys­tem Wirt­schaft aus­ein­an­der­setz­ten, konn­ten eine ange­mes­se­ne und idea­le Wei­se des Umgangs und Han­delns defi­nie­ren. Allein die sozio­lo­gi­sche, psy­cho­lo­gi­sche und öko­no­mi­sche Begriff­lich­keit von “Han­deln” in ihrer Dif­fe­renz ist schon ein deut­li­cher Hin­weis auf die Fol­gen. Der Wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­che Begriff von Han­deln und Hand­lung (für dra­ma­ti­sche wie post­dra­ma­ti­sche Über­le­gun­gen schwer zu ver­nach­läs­si­gen) setzt extrem restrin­gier­te Rah­men­be­din­gun­gen vor­aus. Wirt­schaft­lich defi­nier­tes Han­deln ist:

“…die wirt­schaft­li­che Tätig­keit des Aus­tauschs von Gütern zwi­schen Wirt­schafts­sub­jek­ten auf dem Weg der Güter von der Pro­duk­ti­on bis zum Kon­sum bzw. der Güter­ver­wen­dung …” (Wiki­pe­dia)

Dem­ge­gen­über die (auf Weber zurück­ge­hen­de) sozio­lo­gi­sche Defi­ni­ti­on des sozia­len Handelns:

Sozia­les Han­deln heißt ein „Han­deln“, also ein Tun, Dul­den oder Unter­las­sen, das für den Han­deln­den (den „Akteur“) sub­jek­tiv mit „Sinn“ ver­bun­den ist, wel­ches inso­fern „sozi­al“ ist, als es sich auf das Ver­hal­ten Ande­rer bezieht, und dar­an in sei­nem Ablauf orientiert.

Pole­misch lässt sich bereits hier der Unter­schied zwi­schen Güter­aus­tausch und Sinn­pro­duk­ti­on kon­sta­tie­ren. Es wäre aber zu ein­fach, hier zu schlie­ßen. Pole­mik bringt nicht vor­an, nicht zu den ent­zün­de­ten Wur­zeln des Übels. Denn die ein­ge­eng­te Begriff­lich­keit wirt­schaft­li­chen Han­delns lädt dazu ein, ein » Read the rest of this entry «

Die Arbeit der Deutschen — eine Spekulation

Januar 20th, 2010 § Kommentare deaktiviert für Die Arbeit der Deutschen — eine Spekulation § permalink

Viel­leicht gibt es zu dem The­ma bereits Stu­di­en, Abhand­lun­gen, Auf­sät­ze, Dis­ser­ta­tio­nen. Viel­leicht suche ich danach, wenn Zeit dafür ist. Alle­mal aber zuläs­sig ist, die zu veri­fi­zie­ren­de oder zu kor­ri­gie­ren­de The­se zu for­mu­lie­ren. Ein Ant­wort­ver­such auf die Fra­ge: War­um hat in Deutsch­land und für die Deut­schen die Arbeit einen so emi­nent mora­li­schen, exis­ten­zi­el­len und angst­be­setz­ten Wert?

Das kann kei­ne Angst vor dem bio­lo­gi­schen Tod sein. Arbeits­lo­sig­keit in Deutsch­land bedroht nicht die zoé, das “nack­te Leben” von dem Agam­ben in Homo Sacer han­delt. Anders als in Zei­ten vor dem zwei­ten Welt­krieg steht die­ses nack­te Leben nicht auf dem Spiel. Ver­si­che­run­gen und Sozi­al­für­sor­ge schüt­zen vor dem Absturz. Ver­gli­chen mit den Lebens­be­din­gun­gen arbei­ten­der Men­schen in ande­ren Tei­len der Welt oder auch mit Lebens­be­din­gun­gen der Geschich­te ist der Zustand der Arbeits­lo­sig­keit in Deutsch­land sicher­lich nicht lebens­be­dro­hend. Trotz­dem ist die “Angst vor Arbeits­lo­sig­keit” die ver­mut­lich ver­brei­tets­te und die Deut­schen am ehes­ten eini­gen­de Mas­se­n­emo­ti­on. In die­sem Lan­de las­sen sich vie­le oder alle Vie­les oder Alles gefal­len — nicht aber die Bedro­hung ihrer Arbeits­plät­ze. Mit dem Argu­ment der Schaf­fung von Arbeits­plät­zen lässt sich nahe­zu jedes poli­ti­sche Anlie­gen durch­set­zen. Und was oder wer Arbeits­plät­ze zu bedro­hen droht — ist chancenlos.

Natür­lich lässt sich auf eine lan­ge his­to­ri­sche Tra­di­ti­on refe­ren­zie­ren, die in Deutsch­land der Wert der Arbeit hoch gehal­ten und noch gestei­gert hat.  Sei­en es reli­giö­se Hin­ter­grün­de (über die Ver­qui­ckung von Pro­tes­tan­tis­mus und Arbeit hat Max Weber Ein­schlä­gi­ges gesagt), der phi­lo­so­phi­sche Idea­lis­mus der » Read the rest of this entry «

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