Im Zuge der sogenannten Finanz- und Wirtschaftskrise wird dem Wirtschaftssystem bzw. seinen führenden Vertretern gerne unverantwortliches, unmoralisches oder gar kriminelles Handeln vorgeworfen. Das mag so angehen — und der daraus resultierende Zwang zur Rechtfertigung etwa der Auto-Chefs vor dem Senat in den USA tut den Wirtschaftsführern sicherlich ganz gut. Allein: Die Wurzeln des Übels liegen woanders. Sie sind in der Absonderung des “Subsystems Wirtschaft” (Luhmann) von der Gesellschaft, in der wissenschaftlich-theoretischen Trennung von “Wirtschaft und Gesellschaft” bzw. in der Trennung von Soziologie, Psychologie und Ökonomie zu sehen.
Die Folge dieser theoretischen Trennung: Die Denker, die sich mit dem Subsystem Wirtschaft auseinandersetzten, konnten eine angemessene und ideale Weise des Umgangs und Handelns definieren. Allein die soziologische, psychologische und ökonomische Begrifflichkeit von “Handeln” in ihrer Differenz ist schon ein deutlicher Hinweis auf die Folgen. Der Wirtschaftswissenschaftliche Begriff von Handeln und Handlung (für dramatische wie postdramatische Überlegungen schwer zu vernachlässigen) setzt extrem restringierte Rahmenbedingungen voraus. Wirtschaftlich definiertes Handeln ist:
“…die wirtschaftliche Tätigkeit des Austauschs von Gütern zwischen Wirtschaftssubjekten auf dem Weg der Güter von der Produktion bis zum Konsum bzw. der Güterverwendung …” (Wikipedia)
Demgegenüber die (auf Weber zurückgehende) soziologische Definition des sozialen Handelns:
Soziales Handeln heißt ein „Handeln“, also ein Tun, Dulden oder Unterlassen, das für den Handelnden (den „Akteur“) subjektiv mit „Sinn“ verbunden ist, welches insofern „sozial“ ist, als es sich auf das Verhalten Anderer bezieht, und daran in seinem Ablauf orientiert.
Polemisch lässt sich bereits hier der Unterschied zwischen Güteraustausch und Sinnproduktion konstatieren. Es wäre aber zu einfach, hier zu schließen. Polemik bringt nicht voran, nicht zu den entzündeten Wurzeln des Übels. Denn die eingeengte Begrifflichkeit wirtschaftlichen Handelns lädt dazu ein, ein » Read the rest of this entry «