Der Heilligenschrein der Gesellschaft

November 23rd, 2009 Kommentare deaktiviert für Der Heilligenschrein der Gesellschaft

… ist das Thea­ter. Doch­doch. Natür­lich. Nicht wirk­lich über­ra­schend? Den­noch. Den­noch. Wo kann Gesell­schaft ent­ste­hen? Wo sich in Ver­samm­lung kon­sti­tu­ie­ren? In der poli­ti­schen Demons­tra­ti­on auf der Stra­ße? Sicher­lich. Aber das setzt bereits vor­ab kon­sti­tu­ier­tes Gemein­sa­mes vor­aus. Ein gemein­sa­mes Anlie­gen etwa. Und eine Gesell­schaft wird nicht nur durch ein Anlie­gen Gesell­schaft. Die gesell­schaft­li­che Auto­poie­sis setzt kei­nen Rekurs auf eine oder von einer gemein­sa­men Sache vor­aus. Kann sie nicht. Sie zer­fie­le, wäre die Sache erreicht. Oder geschwun­den. (Müss­te man jetzt auf Tön­nies Gemein­schaft und Gesell­schaft refe­ren­zie­ren? Weiß ich nicht.)

Kon­sti­tu­iert sich Gesell­schaft­lich­keit in der Men­ge und als Erfah­rung von Gemein­schaft­lich­keit im Fuß­ball­sta­di­on? In der Kir­che? Bei­des schei­nen die letzt­ver­blie­be­nen Orte einer Ent­ste­hung von Gemein­de zu sein. Gläu­bi­ge oder Fans. Anhän­ger und Schlach­ten­bumm­ler. Jeder erscheint zu sei­nem Dienst regel­mä­ßig. Und ist auch in der Fer­ne doch irgend­wie men­tal dabei. Nicht nur Iden­ti­tät wird gestif­tet. Son­dern eben auch Gemein­schaft. Aber ist das eine Gemein­schaft­lich­keit, die auf das Poli­ti­sche bli­cken kann? Fuß­ball ist dezi­diert außer­po­li­tisch. Und Reli­gi­on und Kir­che sind viel zu indi­vi­dua­lis­tisch auf das ego­is­ti­sche See­len­heil des Ein­zel­nen fixiert (Nietz­sche schon wit­ter­te den Ego­is­mus hin­ter dem Altru­is­mus) um Gemein­schaft­lich­keit wirk­lich zu begrün­den. Und Kir­che zugleich zu tief ins Poli­ti­sche der Christ­de­mo­k­ratso­zia­len­uni­so­nis­ten ver­wo­ben, um Poli­ti­sches in den Blick neh­men zu können.

Nein. Es ist allein Thea­ter. Fällt Thea­ter weg, fällt auch die Gesell­schaft. Durch­aus in dem krie­ge­ri­schen Sin­ne des Fal­lens einer Fes­tung. Thea­ter sind die Fes­tun­gen der Gesell­schaft­lich­keit. Und zwar die Stadt­thea­ter. Die­se Hei­li­gen­schrei­ne der Gesell­schaft­lich­keit gilt es zu ver­tei­di­gen – es sei denn, jemand fin­det eine Uto­pie dar­in, ein indi­vi­dua­lis­ti­sches Kon­glo­me­rat dem Bereich des Pol­ti­schen gegen­über zu set­zen. Oder zu stel­len. Das wäre die idea­le Dik­ta­tur. Auf der einen Sei­te die Macht. Dem gegen­über: der Ein­zel­ne. Sub-jec­tum: Zu deutsch „unter­wor­fen“.

NACHTRAG: Oder soll­te die moder­ne Gesell­schaft und Gemein­schaft sich als Fern­seh­ge­mein­de kon­sti­tu­ie­ren? Als die Gemein­schaft all derer, die das­sel­be Pro­gramm schau­en, die sel­be Tagesschau?

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