Um den Epochenwandel zu beschreiben, in dem wir uns befinden, ist der Begriff der Digitalen Disruption wunderbar brauchbar. Er lässt die Frage nach Evolution oder Revolution nicht nur offen – er überspringt sie. Denn die Verhältnisse sind tatsächlich mehr als revolutionär. Sie sind disruptiv. Wie eine Eisscholle, die auseinanderbricht und deren beide Teile in unterschiedliche Richtungen davon treiben. Nicht um jemand damit Angst zu machen, die untergehende Restscholle spaltet immer neue Teile ab, die in die rettenden Regionen abtreiben. Zugleich spalten sich von den eigentlich rettenden Teilen immer wieder solche ab, die in den Untergang sich aufmachen. Das Bild sollte einfach sein, wird kompliziert. Was will es sagen: Zwischen Netzwelt und Nichtnetzwelt gibt es einen Bruch. Einen tiefen Bruch, Zwischen Generationen. Zwischen Unternehmensmodellen und Wirtschaftssystemen. Zwischen Staatsformen. Zwischen Lebens- und Arbeitsformen. Das Neue und das Alte ähneln einander nicht. Das Neue ist keine Form des Alten. Es ist ganz anders. Und das macht es schwer, die erkämpften Standards hochzuhalten und anzubringen, wo sich ihre Anwendbarkeit verunklart. Ist der Selbständige und Freiberufler das Idealbild des unabhängigen Produzenten, der sich im Vollbesitz seiner Mittel mit anderen Freien vernetzt? Oder ist er der Inbegriff des Machtlosen, der seinen Jobs hinterherjagen muss? Ist das prosumtorische System der Communities ein Fanal der Befreiung, weil die Kunden an der Macht sind? Oder ist es der Paroxysmus der Ausbeutung, weil der Kunde nun alles aber auch alles selber tut, ohne dafür entlohnt zu werden?
Wer bedarf welchen Schutzes? Wer bedarf der Überwachung und Kontrolle? Die erarbeiteten Standards der Vergangenheit versagen davor.
P.S. Ganz lesenswert dazu der Aufsatz von Nicholas Carr in der ZEIT: Unsere Zukunft in der Matrix.