Über Andreas Wilinks nachtkritik-Besprechung der Bonner Inszenierung von Hauptmanns Ratten durch Lukas Langhof bin ich über eine Passage eines Einar Schleef-Interviews gestolpert, der dort etwas sagt, das bedenkenswert ist. Noch nicht durchdacht hier, aber bedenkenswert in seiner geradzu buddhistischen Schlichtheit und Prägnanz:
Im traditionellen Sprechtheater hat der Schauspieler den Traum vom Individuum zu erfüllen — aber wo gibt’’s denn heute ein Individuum? Das ist eine antiquierte Vorstellung. Wir leben im Massenzeitalter, und das Individuum hat in der Romantik existiert, bei Caspar David Friedrich. Aber bei mir zu Hause ist kein Individuum — da bin ich, und da ist der Fernseher.
Das ganze Interview hier auf Spon.
Einerseits als die traditionelle Sprechrolle des Theaters, der Traum, das Individuum, die Romantik, Caspar David Friedrich, Antiquiertheit. Auf der anderen Seite das Zuhause, das Massenzeitalter, kein Individuum, nur “ich” und der Fernseher, heute. Das Individuum “gibt’s” nicht, es “existiert” nicht (mehr). Es ist nicht zuhause. Nur “da bin ich, und da ist der Fernseher”. Rätselhaft schön.