Juni 17th, 2013 § § permalink
In Istanbul und Stuttgart werden Park-Naturoasen tapfer verteidigt – während die Abholzung von theatralen Kulturoasen in Trier, Dessau und anderswo vergleichsweise still über die Bühne gehen. Während wir vor dem Fernseher hockend täglich Bilder sehen, wie in Istanbul Parkanlagen gegen den Zugriff des Staates verteidigt werden und die Zentralmacht in die Krise gerät, scheint in Deutschland die Fällung der deutschen Theaterlandschaft weitgehend unspektakulär abzulaufen. Wird eine, auch nur als innerstädtische Parkinszenierung vorhandene, Um- oder Lebenswelt angegriffen, sind Bevölkerungen – wie schon in Stuttgart vor einigen Jahren – bereit auf die Barrikaden zu gehen und die Macht dazu zu zwingen, sich zur Sichtbarkeit zu entstellen, Schlagstöcke, Tränengas, Wasserwerfer einzusetzen. Hingegen sind Angriffe auf die gesellschaftliche Mitwelt und ihre Institutionen weitgehend widerstands- und protestfrei. Das Leben oder die Lebensgrundlage von Menschen einzuschränken mag hingehen – aber wehe, es geht Parks und Bäumen an die Borke. Wäre geleakt worden, dass die USA ein weltweites Entlaubungsprojekt unter dem Namen Prism gestartet hätte: Millionen wären auf den Straßen. Die Ausspähung der weltweiten Kommunikation – zieht nur eine ironisch-larmoyante Melancholie nach sich. Oder findet gar Befürworter in bedeutendem Umfang (die sicherlich anders reagierten, wäre bekannt geworden, dass deutsche Finanzämter sämtliche Geldströme und Konten ausspionierten … aber das ist ein anderes Thema.
In Trier, Sachsen-Anhalt und anderswo sind die Theaterinstitutionen in ihrer Existenz bedroht. Dagegen steht man ein bisschen auf: Zeichnet Online-Petitionen (immerhin ein erklecklicher Teil der Trierer Bevölkerung „unterschreibt“ gegen die diskutierte Verstümmelung oder Hinrichtung des dortigen Dreispartenhauses) oder veranstaltet Protestaktionen (etwa in Dessau und Eisleben). Von bedeutenden Protesten, wie weiland noch zur Schließung des Schillertheaters, ist kaum zu reden. Umweltverteidigung ruft die Menschen auf die Straße – Mitweltverteidigung kaum.
Um es vorweg zu sagen: ich bin mit den konkreten Verhältnissen in Trier und Dessau ebenso wenig vertraut, wie mit denen in Istanbul. Es sind für mich lediglich medial vermittelte Vorgänge. Aber das, was in den Medien zu finden ist und wie sich Medien dazu positionieren, kann als Anhaltspunkt dienen, um die folgende, ins Allgemeine gehende Stellungnahme zu ermöglichen.
An der Situation, dem eher mauen Widerstand gegen Theaterschließungen im Vergleich zu Parkabholzungen, sind die Theaterleute selbst nicht unschuldig. Dass an Theatern Protestformen genau in dem Augenblick gefunden werden, da es ans eigene Leder geht, während alle anderen zerstörerischen Akte die schönen Spielpläne nicht wirklich aus der Bahn werfen, lässt den Verdacht eines jämmerlichen Egoismus aufkeimen. Warum sollten Hartz 4‑Empfänger sich dafür einsetzen, dass Theater am Leben gehalten werden – wo waren die Theater, als den Hartz 4 Empfängern das Leben beschnitten wurde? Wo waren damals die kreativen Widerstandsformen, mit denen jetzt der eigene Fortbestand gesichert werden soll? Wo ist der kreative Widerstand gegen Prism?
Dass die Bäume dagegen sind, abgeholzt zu werden, ist keine Überraschung. Die Kunst besteht darin, die Menschen gegen die Abholzung der Bäume und der Theater auf den Plan zu rufen. Und zwar indem Theater seine eigene Funktion in der Gesellschaft wiederentdeckt – bevor es ihm selbst an die Budgets geht. Ein Theater, das die „Ästhetik des Aufstands“ (Lehmann) erst entdeckt, wenn es darum geht, die Macher zu verteidigen, wird keine Allianzen und Verteidiger von außerhalb finden, die mehr als ein müdes „Och, nö. Wär schade.“ als Protest artikulieren.
Aber das ist eigentlich nicht das Thema dieses Postings – und dann am Ende wieder doch. Von den Bäumen zu Baumol. Damit zu dem Thema, warum die Auseinandersetzung mit Ökonomie und Ökonomismus nicht halt machen kann beim Kampf um die eigenen Theateretats. Und warum ein aktiver und kreativer Widerstand gegen die Ökonomisierung der Lebensverhältnisse zu spät kommt, wenn es erst um die Verteidigung der eigenen Budgets geht.
Das Kostendilemma der „performing arts“.
Als ich am Wochenende die leicht irrsinnige Präsentation der Unternehmensberatung ICG zur Zukunft des Trierer Theaters auf Twitter geshared habe (hier die Präse), bekam ich von @Fritz dankenswerterweise den Hinweis auf eine Publikation aus dem Jahr 1966: William J. Baumol & William G. Bowen: Performing Arts-The Economic Dilemma: A Study of Problems Common to Theater, Opera, Music and Dance. Das Buch kostet antiquarisch leider über 8000 Euro – deswegen bin ich auf andere Quellen angewiesen. Etwa den von @Fritz geschickten Link zu James Heilsbruns Artikel Baumol’s Cost Disease (hier als PDF) und den knappen Wikipedia-Eintrag zur „Baumol’schen Kostenkrankheit“ hier.
Baumols und Bowens Ausführungen sind von enormer Brisanz, da sie zeigen, dass kontinuierliche Kostensteigerungen an Theatern kein Problem ist, dem man wirklich begegnen könnte, sondern (und ich benutze diesen Begriff für ökonomische Zusammenhänge nur sehr ungern, halte ihn hier aber » Read the rest of this entry «
Mai 14th, 2013 § § permalink
Dass Stadttheater nach dem Muster der Industrieproduktion des 19. Jahrhunderts auch heute noch weitestgehend organisiert sind, hatte ich gelegentlich etwa hier im Blog und auch mit Bezug auf den Stadttheater-Text von Matthias von Hartz auf nachtkritik in meinem Beitrag zur Stadttheater-Debatte auf nachtkritik vorgetragen. Das ist aber nur so sinnvoll, wie man beginnt, sich mit möglichen anderen Strukturen konkret zu befassen. Im Gespräch mit Nadine Portillo von der Schwankhalle kam ich dann dazu, mir konkret vorzunehmen, mich mit moderner Organisationstheorie zu beschäftigen, dem sogenannten “agilen” Prozess, der auch gerne mit dem Stichwort Scrum in Verbindung steht.
Sinn der Auseinandersetzung ist natürlich kein selbstzweckhafter Innovatismus, sondern die Befragung, ob und wie der Einfluss solcher Organisations- und Produktionsmethoden sich im Stadttheater fruchtbar machen ließe. Als Gedankenspiel.
Mit folgenden beiden Büchern leg ich mal los und nehme sie mit in den Urlaub. Mal schauen.
Nachtrag: Sehe gerade erst, dass Christian Henner-Fehr darüber schon vor zwei Jahren Interessantes im Kulturmanagement-Blog geschrieben hat: Hier.
April 22nd, 2013 § § permalink
Wenn also Massenmedien die Welt und die Gesellschaft, in der wir leben, so konstruieren und darstellen, dass unser Wissen über diese Geselslchaft mehr oder minder aus den Massenmedien stammt (Luhmann) — was bleibt dann einer darstellenden Kunst noch zu konstruieren? Sich ein Bild von der Welt zu machen, kann es kaum sein. Denn gegen das massenmediale Bild von Fernsehen und Zeitungen kann es nicht ankommen, dafür ist Theater zu langsam, ihm fehlen die personellen und finanziellen Mittel. Und das Publikum ist viel zu klein. In diesem Zusammenhang bin ich über einen kleinen Brecht-Text von 1955 gestolpert, der sich dem Problem der Darstellbarkeit der Welt widmet und dazu Stellung bezieht. Was Brecht im Angesicht der atomaren Bedrohung schreibt, lässt sich eventuell auch über die Welt im Angesicht der monetären Bedrohung noch einmal sagen. Ich zitiere ihn in ganzer Länge unkommentiert. Die Fettungen sind allerdings von mir.
Brecht – Über die Darstellbarkeit der Welt auf dem Theater
Mit Interesse höre ich, daß Friedrich Dürrenmatt in einem Gespräch über das Theater die Frage gestellt hat, ob die heutige Welt durch Theater überhaupt noch wiedergegeben werden kann.
Diese Frage, scheint mir, muß zugelassen werden, sobald sie einmal gestellt ist. Die Zeit ist vorüber, wo die Wiedergabe der Welt durch das Theater lediglich erlebbar sein mußte. Um ein Erlebnis zu werden, muß sie stimmen.
Es gibt viele Leute, die konstatieren, daß das Erlebnis im Theater schwächer wird, aber es gibt nicht so viele, die eine Wiedergabe der heutigen Welt als zunehmend schwierig erkennen. Es war diese Erkenntnis, die einige von uns Stückeschreibern und Spielleitern veranlaßt hat, auf die Suche nach neuen Kunstmitteln zu gehen.
Ich selbst habe, wie Ihnen als Leuten vom Bau bekannt ist, nicht wenige Versuche unternommen, die heutige Welt, das heutige Zusammenleben der Menschen, in das Blickfeld des Theaters zu bekommen.
Dies schreibend, sitze ich nur wenige hundert Meter von einem großen, mit guten Schauspielern und aller nötigen Maschinerie ausgestatteten Theater, an dem ich mit zahlreichen, meist jungen Mitarbeitern manches ausprobieren kann, auf den Tischen, um mich Modellbücher mit Tausenden von Fotos unserer Aufführungen und vielen mehr, oder minder genauen Beschreibungen der verschiedenartigsten Probleme und ihrer vorläufigen Lösungen. Ich habe also alle Möglichkeiten, aber ich kann nicht sagen. daß die Dramaturgien, die ich aus bestimmten Gründen nichtaristotelische nenne, und die dazugehörende epische Spielweise die Lösung darstellen. Jedoch ist eines klargeworden: Die heutige Welt ist den heutigen Menschen nur beschreibbar, wenn sie als eine » Read the rest of this entry «
April 17th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Unterm Strich zahl’ ich — mich dumm und dämlich. Stairway to Schuldenfalle mit der Postbank. § permalink
Heute morgen flatterte mir von meinen Kreditinstitut Postbank ein wunderschönes Angebot in den Briefkasten: Weil man doch im Frühjahr einfach raus muss und “was erleben” will, aber doch so die eine oder andere böse Zahlung anfallen kann, soll ich doch bitteschön gleich mal unterschreiben, dass ich für meine Kreditkarte die Teilzahlungsfunktion aktiviert haben möchte. Die nämlich ist ein tolles Angebot: Ich zahle von meinem Gesamt-Saldo am Ende des Monats nur tolle 10% zurück. Und das kostet auch nur 3,99% Zinsen. Dufte Sache. Geld ausgeben — und nur 10% zurückzahlen.
Das Kleingedruckte (bei der Postbank immer GANZ wichtig) schafft allerdings etwas mehr Klarheit. Die 3,99% gibts nur für sechs Monate als Aktionszinssatz. Danach — springt der Zinssatz auf fantastische 15,77%. Das darf man sich gerne auf der Portemonnaie-Lasche zergehen lassen. Ein Kreditzins in Höhe von fast 16%. Freundlicherweise legt die Postbank noch eine Beispielrechnung für einen Kreditbetrag über 500 Euro bei. Ich schnappte mir den Taschenrechner und zählte die Tilgungsraten zusammen: aus den 500 Euro werden in 12 Monaten 518,52 Euro. Das nennen wir dann mal einen satten Zins.
Natürlich weiß die Postbank, dass es hier nicht um 500 Euro-Beträge geht. Wäre » Read the rest of this entry «
April 17th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Finanzwissenschaft — Firlefanzwissenschaft. Rechnen Sie mit dem schlimmsten. Oder auch nicht. § permalink
In der Süddeutschen Zeitung findet sich heute hier ein knapper Artikel, bei dessen Lektüre mir der Unterkiefer auf den Boden gefallen wäre, hätte die Tischplatte ihn nicht unsanft gebremst. Seit einer Studie des Harvard-Ökonomen, Schach-Großmeisters und ehemaligen Chefökonomen des Internationalen Währungsfonds Kenneth Rogoff und der Harvard-Professorin Carmen Reinhart galt in der Volkswirtshaft der Grundsatz: Verschuldet sich ein Staat mit mehr als 90% seiner jährlichen Wirtschaftsleistung, geht es abwärts (hier ist die Studie downloadbar). Darauf geht der Glaubenssatz zurück, der gerade in den südeuropäischen Ländern wie Griechenland genau zu jener Sparpolitik führt, die diese Länder in eine Abwärtsspirale stürzt. Die sogenannten Märkte, im Vertrauen auf diese Studie, erhöhen die Zinsen für Länder mit dieser Schuldenquote (aus Glaubensgründen), steigende Zinsen belasten den Haushalt, zudem wird der Staat zu den bekannten Sparmaßnahmen getrieben, die eine ohnehin in der Krise befindliche Wirtschaft noch weiter in den Abgrund treiben. Die Folgen für die Bürger sind hinlänglich bekannt.
Jetzt erschien eine andere Studie (hier downloadbar), die nicht etwa einfach die 90%-Regel problematisierte, sondern gar behauptete, diese Regel sei aufgrund fehlerhafter Berechnungen, ja des mangelhaften Umgangs mit Excel zu verdanken. Es würden aus unerklärlichen Gründen bestimmte Daten ausgeblendet, unterschiedliche Betrachtungszeiträume miteinander verglichen. Das Ergebnis der neuen Studie: Über 90% Verschuldung sinkt das Wachstum nicht etwa um 0,1% pro Jahr (wie Rogoff/Reinhart statuierten), nein es steigt um 2,2%. Darauf haben Rogoff/Reinhart inzwischen hier in einem eigenen Tex » Read the rest of this entry «
April 15th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Zusammengefasst: Der notwendige Paradigmenwechsel im Finanzsystem (repost schuldundschein.de) § permalink
Als eine Art Abschluss und Forderungsfazit aus den letzten Monaten und der Arbeit an “Schuld und Schein” hier nun eine (vorläufige?) Zusammenfassung dessen, was sich meines Erachtens als Folge der sogenannten Finanzkrise und der zunehmenden Digitalisierung des Geldverkehrs sagen lässt und ändern muss.
» Read the rest of this entry «
April 11th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Nach dem Subjekt: Die involonté générale § permalink
Ein sehr heuristischer Versuch
Das Subjekt als zureichender Adressat einer individuellen Verantwortung, als Besetzung der Stelle „Wer hats verursacht“ und „Wer hat Schuld“ existiert nicht mehr. Dagegen spricht auch nicht die Behauptung, dass es sowieso nie existiert habe. Denn das Subjekt war immer schon Ergebnis einer Zuschreibung von außen, meinetwegen eines Beobachters, der auch der Selbst-Beobachter sein kann. Das Subjekt fungierte dabei als Zurechnungsträger. Dieser oder jener tat dieses » Read the rest of this entry «
April 9th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Die Finanzmärkte sind die eigentliche Piratenpartei #MediaDivina § permalink
Im Posting zur Funktion des Wetterberichts für das Fernsehen hatte ich damit geschlossen, dass das Börsengeschehen inzwischen funktional die Position des Wetterberichts übernimmt. Denkt man das konsequent weiter, zeigt sich noch etwas anderes Interessantes.
Währen die Piraten noch darüber diskutieren, wie Partizipation am besten organisiert werden, wie Menschen eingebunden werden können und wie aus den heterogenen Meinungen der Vielen einfache Resultate, die als Handlungsgrundlage dienen, destilliert werden können, während also die Piraten noch reden und dabei darüber reden, wie man am besten miteinander redet – handeln die Finanzmärkte. Partizipativ. Mit unglaublich (zerstörerischer) politischer Macht, die sich aktuell gar konkretisiert in der Ablehnung der Demokratie auf einem » Read the rest of this entry «
März 26th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Die Girofalle — Spiegel Online streift das Problem (re-post von schuldundschein.de) § permalink
In eine heute auf Spiegel Online im Nachgang der Zypernkrise erschienen Artikel wird das fundamentale Problem gestreift, vor dem sich die Zyprioten jetzt und in den nächsten Tagen sehen, und das in Zukunft noch zu heftigen Verwerfungen führen wird. Es heißt dort im Artikel von Stefan Kaiser:
Unser Erspartes ist eine ziemlich flüchtige Sache. Das geht schon damit los, dass man es normalerweise nicht in der Hand halten kann. Allein in den 17 Ländern der Euro-Zone sind gut zehn Billionen Euro im Umlauf — aber nur rund ein Zehntel davon in Scheinen und Münzen. Der Rest ist digitales Geld, das ausschließlich auf Computerbildschirmen existiert. Es liegt in der Regel auf Konten bei Banken. Und wenn man es bar abheben möchte, kann es im schlimmsten Fall passieren, dass man es nicht bekommt. (Quelle)
Er fährt eher kursorisch mit der Beobachtung fort, dass die Abhebung mit dem Ziel, physische Banknoten in die Hand zu bekommen, natürlich auch der Weisheit letzter Schluss nicht ist, da das physische “Bargeld” — also Münzen und Scheine — ebenso flüchtig ist, da es nach der Aufhebung des Goldstandards keine andere Deckung mehr hat als das Vertrauen derer, die es verwenden. Wie allerdings auch das Gold — wenn es denn den Goldstandard noch oder wieder gäbe — nicht viel weiter führte, da auch dieses zu einem Kurs akzeptiert werden müsste und, wie Kasier schreibt, nicht gegessen werden kann.
Man könnte nun sagen: jaja, altbekannt. Denn einen wesentlichen Punkt beschreibt (oder sieht) Kaiser nicht: Wenn in den letzten Tagen die Rede von den “Sparern” war, die durch die Rettungsbeschlüsse mehr oder weniger stark enteignet werden sollen, so ist diese Beschreibung unscharf. Auf den Banken liegt nicht nur das, was klassischerweise als Spargeld bezeichnet werden kann, also Geld, das “überschüssig” ist und deswegen zum Zwecke der Aufbewahrung oder der Wertsteigerung durch Zinsen » Read the rest of this entry «
März 18th, 2013 § Kommentare deaktiviert für Das Zypern-Experiment — und die Girofalle § permalink
Zunächst klingt es ganz einfach — aber auch das schon bedrohlich: Zyprische Sparer sollen von ihrem Guthaben zwischen 6,75% (unter 100.000 Euro Guthaben) und 9,9% abgeben als Beitrag zur Lösung der lokalen Finanzkrise. (Mehr auf Spon). Das ist natürlich ein Experiment, das durchaus zu erwarten war. Dieses heißt: Was geschieht, wenn tatsächlich nicht nur institutionelle Investoren und Anleger (wie seinerzeit in Griechenland) bei einem Schuldenschnitt bluten müssen, sondern die Bürger jeder Einkommens- und Vermögensschicht?
Zypern ist der geeignetste Kandidat für ein solches Experiment, weil Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung in der Eurozone überschaubar sind. Das heißt: Vermutlich sind auch die Schäden bei einem Misslingen beherrschbar. Was heißt hier “Misslingen”?
Dass nah Wiedereröffnung der Banken in den nächsten Tagen die Zyprioten und alle anderen Besitzer von Einlagen auf zypriotischen Banken doch noch ihr (inzwischen reduziertes) Einlagekapital abheben, wegüberweisen, aus Zypern abziehen. Dann stürzen die zypriotischen Banken zusammen, was teuer wird, aber vermutlich für die EU noch rettbar. Dafür ist Zypern eben klein genug — anders sähe das aus, würden etwa Spanien, Italien oder Frankreich diesen Schritt gehen und die entsprechenden Folgen eintreten. Die Zyprioten bluten auf Probe.
Denn wenn es in Zypern gelingt, sich die Stimmung schnell beruhigt, darf über den medialen Gewöhnungseffekt davon ausgegangen werden, dass nunmehr an den Gedanken und an den Prozess gewöhnte Öffentlichkeiten (sicher in Griechenland, vermutlich auch in weiteren Ländern) bei demselben Schnittschritt bei ihnen vermutlich ähnliche Verhaltensweisen auftreten. Die Bürger und Einleger in nachfolgenden Ländern gewöhnen sich daran, dass ein bisschen ihres Geldes verschwindet, der Rest aber erhalten bleibt. Der zweite Skandal ist kein Skandal mehr, sondern als erste Wiederholung bereits ein Schritt zur Routine. Na, kannst halt nix machen, sind ja nur XX Prozent. — Und es werden sicherlich schrittweise mehr Prozent.
Das Risiko der europaweiten Bank-Runs
Das eigentliche Risiko besteht drin, dass die Bürger anderer Ländern den Braten riechen. Dass sie also jetzt zum ersten mal die Bewegung jener kalten, unsichtbaren Hand spüren, die bereits in ihrer Tasche steckt. Dass sie also bereits » Read the rest of this entry «